Stefanos, der Große: Grand Slam im Zeichen des Generationenduells

Tennis - Australian Open - Fourth Round
Tennis - Australian Open - Fourth Round(c) REUTERS (ADNAN ABIDI)
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Nicht nur der Sieg von Stefanos Tsitsipas über Roger Federer zeigt: Die Wachablöse steht bevor. Auch die anderen Altmeister sind in Melbourne gefordert.

Melbourne/Wien. Auf der Tennislandkarte hat man Griechenland lange vergeblich gesucht. Ein gewisser Nicholas Kalogeropoulos spielte sich 1973 in Des Moines einmal in ein Endspiel auf der ATP-Tour, in den folgenden Jahrzehnten aber schaffte es kein Grieche mehr in die Tennisschlagzeilen. Derzeit gibt es nicht einmal ein Challenger-Turnier in Griechenland, auch die Davis-Cup-Mannschaft spielte zuletzt unter der Wahrnehmungsgrenze in der Europa-Afrika-Zone 3 und lieferte sich dort Duelle mit Nationen wie Moldawien und Montenegro. Dass Pete Sampras griechische Wurzeln hat, mag dabei kein wirklicher Trost gewesen sein.

In Melbourne aber hat nun der 20-jährige Stefanos Tsitsipas sensationell Titelverteidiger Roger Federer verabschiedet: 6:7 (11), 7:6 (3), 7:5, 7:6 (5). Der Altmeister hat ein wenig mitgeholfen, vier Satzbälle zur 2:0-Führung vergeben und so den um 17 Jahre jüngeren Tsitsipas ins Spiel zurückgeholt. Aber was der Weltranglisten-15., der einzige Grieche in den Top 1000 des ATP-Rankings wohlgemerkt, danach zeigte, war allererster Güte. 62 Gewinnschläge bei 36 unerzwungenen Fehlern, von insgesamt zwölf Breakbällen konnte Federer nicht einen einzigen nützen. „Ich hätte den zweiten Satz gewinnen müssen, das hat mich das Match gekostet“, analysierte auch der Schweizer.

Ðoković, Nadal vs. Jungstars

Dennoch: Deutlicher als bei Tsitsipas' Auftritt in der Rod-Laver-Arena war die anstehende Wachablöse im Männertennis noch nicht zu erkennen. Der 37-jährige Federer hat 2018 in Melbourne sein bisher letztes Major-Turnier gewonnen und zuletzt einen nicht sonderlich erfolgreichen Herbst gespielt. Andy Murray, 31, wird den Schläger demnächst an den Nagel hängen. Novak Ðoković, 31, und Rafael Nadal, 32, liegen zwar im Ranking voran (Plätze eins und zwei) und sind weiterhin die Topfavoriten auf den Melbourne-Titel, bekommen es aber immer öfter mit gefährlichen Jungprofis zu tun. Ðoković etwa gab gegen den 19-jährigen Kanadier Denis Shapovalov (ATP 27) den ersten Satz des Turniers ab und trifft heute im Achtelfinale (9 Uhr MESZ, live Eurosport, Servus TV) auf den 22-jährigen Russen Daniil Medvedev (ATP 19). „Es ist toll neue Gesichter zu sehen, und wie junge Spieler die besten der Welt herausfordern“, erklärte der Weltranglistenerste. „Ich begrüße das und habe viel Respekt davor.“

Nadal hatte in Melbourne mit dem 19-jährigen Australier Alex De Minaur (ATP 29) wenig Mühe, am Dienstag aber wartet im Viertelfinale der US-Amerikaner Frances Tiafoe (ATP 39). Der Sohn zweier Immigranten aus Sierra Leone hat sich selbst wiederum in Generationenduellen beweisen müssen. Erst hat er Kevin Anderson (21, ATP 6), dann Andreas Seppi (34, ATP 35) besiegt, an seinem 21. Geburtstag schließlich auch Grigor Dimitrow (27, ATP 21) aus den Turnier genommen. Nicht unerwähnt bleiben darf in diesem Zusammenhang auch das Erstrundenduell der US-Aufschlagriesen John Isner (33, ATP 10) und Reilly Opelka (21, ATP 97), das Opelka gewinnen konnte.

Auch das Vorjahr hatte schon bemerkenswerte Resultate in Generationenduellen gebracht: Tsitsipas und Karen Khachanov (22, ATP 6) besiegten Ðoković in Toronto bzw. Paris, Borna Ćorić (22, ATP 12) schlug Federer in Shanghai, Alexander Zverev (21, ATP 4) verabschiedete bei den ATP Finals Federer und Ðoković.

Ausgerechnet in Melbourne, wo 175.000 Hellenen die größte griechische Stadt außerhalb Griechenlands bilden, entthronte Tsitsipas nun Federer. „Der Schlüssel war, dass ich mein Spiel nach vorne durchgezogen habe.“ Wenig überraschend ist Tsitsipas der erste Grieche im Viertelfinale eines Grand-Slam-Turniers. Sein Gegner dort: der Spanier Roberto Bautista Agut (30, ATP 24).

Aufgewachsen ist Tsitsipas auf den Sandplätzen von Athen, sein griechischer Vater war Tenniscoach, die Mutter einst die beste Juniorenspielerin der Sowjetunion. Mittlerweile trainiert er auch in Nizza in der Akademie von Patrick Mouratoglou. In Melbourne hat nun eines der zahlreichen griechischen Restaurants ein Souvlaki nach ihm benannt.


Achtelfinale Herren: Tsitsipas (GRE-14) - Federer (SUI-3) 6:7 (11), 7:6 (3), 7:5, 7:6 (5), Bautista Agut (ESP-22) - Čilić (CRO-6) 6:7 (6), 6:3, 6:2, 4:6, 6:4, Nadal (ESP-2) - Berdych (CZE) 6:0, 6:1, 7:6 (4), Tiafoe (USA) - Dimitrow (BUL-20) 7:5, 7:6 (6), 6:7 (1), 7:5.

Achtelfinale Damen: Collins (USA) - Kerber (GER-2) 6:0, 6:2, Kvitová (CZE-8) - Anisimova (USA) 6:2, 6:1, Barty (AUS-15) - Scharapowa (RUS-30) 4:6, 6:1, 6:4.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2019)

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