US Open: Statt Serena Williams schrieb ein Teenager Tennisgeschichte

Erstes Grand-Slam-Finale und gleich der erste Sieg: Die Kanadierin Bianca Andreescu feierte in New York den größten Triumph ihrer noch jungen Karriere.
Erstes Grand-Slam-Finale und gleich der erste Sieg: Die Kanadierin Bianca Andreescu feierte in New York den größten Triumph ihrer noch jungen Karriere.(c) USA TODAY Sports (Robert Deutsch)
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Die Kanadierin Bianca Andreescu, 19, ließ in ihrem ersten Grand-Slam-Finale den Rekordtraum der Amerikanerin erneut platzen.

New York. Haben die US Open dieses Jahr die endgültige Wachablöse im Damentennis gebracht? Wie im Vorjahr sah das Endspiel in New York ein Generationenduell, nach Naomi Ōsaka 2018 behielt diesmal Bianca Andreescu gegen Altmeisterin Serena Williams mit 6:3, 7:5 die Oberhand. Die 19-jährige Kanadierin bewies Nerven aus Stahl, ließ sich weder vom erstmaligen Auftritt in einem Majorfinale noch den 24.000 Fans, die im Arthur-Ashe-Stadium die Favoritin zum rekordträchtigen 24. Grand-Slam-Sieg pushen wollten, aus der Ruhe bringen. „Ich glaube, deine größte Waffe ist es, so gut wie nur möglich vorbereitet zu sein“, erklärte Andreescu ihr Erfolgsrezept. „Man muss mit dem Geist arbeiten, denn auf diesem Level weiß jeder, wie man Tennis spielt. Das trennt die Besten vom Rest.“

Als Tochter rumänischer Einwanderer in Mississauga, Ontario, geboren, wurde ihr früh Talent bescheinigt. Mit dem Sieg 2015 bei der Orange Bowl, dem prestigeträchtigen Jugendturnier, begann auch Andreescu selbst, an die große Tenniskarriere zu glauben. „Seit damals habe ich es fast jeden Tag visualisiert. Es ist verrückt, dass es jetzt Realität geworden ist“, sagte die 19-Jährige. Mit ihrem Sieg in New York hat sie als erste in den 2000er-Jahren geborene Majorsiegern ebenso Geschichte geschrieben wie als erste Kanadierin. „Ich komme aus dem Staunen nicht heraus“, meinte Andreescu angesichts all der Gratulationen.

Es ist das nächste Highlight ihres kometenhaften Aufstiegs. Noch vor einem Jahr ist Andreescu in der ersten Qualifikationsrunde für die US Open gescheitert, nun hat sie als erste Hauptfelddebütantin überhaupt den Sieg geschafft. Der Teenager hat mit Williams zudem auch die achte Top-Ten-Spielerin in diesem Jahr bezwungen und wie zuletzt Ōsaka und Ashleigh Barty (French Open) gleich in ihrem ersten Majorfinale triumphiert. Rangierte sie zu Jahresanfang in der Weltrangliste auf Platz 178 wird Andreescu mit ihrem dritten Turniersieg bis auf Rang fünf vorrücken. „Ich habe an mich geglaubt, hart gearbeitet und mir Selbstvertrauen bewahrt.“

Williams sucht Serena

Während der Shootingstar jeden Moment des Erfolgs auskostete, starrte die unterlegene Serena Williams ungläubig in den New Yorker Abendhimmel. Zum vierten Mal seit der Geburt von Tochter Olympia stand sie in einem Grand-Slam-Finale und war dem 24. Sieg, mit dem sie den Rekord von Margaret Court einstellen würde, zum Greifen nah – und musste wieder ohne einen Satzgewinn der Gegnerin gratulieren. „Ganz ehrlich, es ist wirklich super frustrierend. Ich bin so, so nah dran und doch so weit davon entfernt“, erklärte Williams und behauptete, nicht vorrangig nach einer Bestmarke zu trachten. „Ich versuche einfach, Grand Slams zu gewinnen.“

Wie viele weitere Chancen Williams, die am 26. September ihren 38. Geburtstag feiert, noch erhalten wird, ist fraglich. Schwerer als die körperliche Komponente scheint aber ohnehin der mentale Druck dieser Rekordjagd auf sie einzuwirken. Im Endspiel war von der gewohnten Souveränität nichts zu sehen: Mit nur 44 Prozent Quote im ersten Aufschlag (Andreescu 66) bei 33 unerzwungenen Fehlern (17) und acht Doppelfehlern (3) machte sich Williams das Leben selbst schwer, wie sie gestand: „Ich denke ehrlich nicht, dass Serena heute hier war. Ich muss herausfinden, wie ich sie in Grand-Slam-Finali wieder auf den Platz bringe.“

Im Gegensatz zum Vorjahreseklat bewahrte sich Williams trotz aller Frustration diesmal ihrer Größe. „Sie hat sehr gut gespielt und sich den Titel verdient. Ich bin ein Fan von Bianca und glaube, sie ist eine großartige Spielerin. Aber ich denke auch, dass es mein schlechtestes Match im ganzen Turnier gewesen ist“, bilanzierte sie. Ans Aufgeben denkt die für viele beste Tennisspielerin aller Zeiten dennoch nicht. „Ich denke, ich muss einfach weitermachen, wenn ich eine professionelle Tennisspielerin sein will“, sagte Williams, die in ihrem 33. Endspiel auf der anderen Seite wohl auch eine jüngere Version ihrer selbst gesehen hat.

Andreescu ehren die Vergleiche mit Williams. „Wir mögen es, die Punkte kurz zu halten und aggressiv zu spielen. Wir sind beide große Kämpferinnen“, so der Jungstar und betonte zugleich: „Trotzdem möchte ich mir meinen eigenen Namen machen.“ Der nächste Schritt dorthin ist gelungen. (swi)

DAS FINALE IN ZAHLEN

Bianca Andreescu (CAN-15) – Serena Williams (USA-8) 6:3, 7:5

Asse: 5:9

1. Aufschlag (in %): 66:44

Punkte bei 1. Aufschlag (in %): 64:74

Winner: 19:33

Unerzwungene Fehler: 17:33

Punkte am Netz: 5:9

Breakchancen: 13:8

Gesamtpunkte: 77:68

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2019)

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