Ski: Siegreicher Hirscher Alleinunterhalter im ÖSV-Team

Marcel Hirscher
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Mit "101 Prozent" verabschiedete sich der Salzburger in die Weihnachtspause und wird die "Füße auf der Couch hochlagern". Doch hinter Hirscher klafft ein Loch im ÖSV-Team.

Mit Vollgas in die Weihnachtspause verabschiedet hat sich am Dienstagabend in Madonna di Campiglio Marcel Hirscher. Österreichs Ski-Superstar zeigte im Finale des Flutlicht-Slaloms einen seiner berühmten Husarenritte, mit denen er den Weltcup im Sturm erobert hat. "Ich war mit 101 Prozent unterwegs. An manchen Stellen war es eigentlich zu viel des Guten", meinte der 23-jährige Gesamt-Weltcup-Sieger.

Dabei hätte Hirscher ohne weiteres ein bisschen auf die Bremse steigen können, schließlich hatte er am Ende gleich 1,67 Sekunden Vorsprung auf den zweitplatzierten Deutschen Felix Neureuther. "Ich habe nach der Fahrt vom Felix nur den lauten Jubel gehört. Da dachte ich mir: 'Jetzt musst du Gas geben'", erzählte Hirscher.

Nach dem siebenten Stockerlplatz im siebenten Technikrennen der Saison (Weltcup-Allzeitrekord eingestellt) warnte Österreichs Sportler des Jahres 2012 vor übertriebenen Erwartungen im Jahr 2013: "Die Saison ist bisher perfekt verlaufen. Manchmal denke ich, dass jetzt kein weiterer Podiumsplatz mehr möglich ist. Ich möchte warnen: es kann nicht immer so weitergehen."

Jetzt freut sich Hirscher, der im Gesamt-Weltcup 54 Punkte hinter dem Norweger Aksel Lund Svindal auf Rang zwei liegt, erst einmal auf Weihnachten. "Ich werde jetzt zwei, drei Tage die Füße auf der Couch hochlagern und eine schöne Zeit mit meiner Freundin und meiner Familie verbringen", meinte Hirscher. Weihnachten daheim in Annaberg wird traditionell ablaufen. "Wie bei uns regional üblich wird es Würstelsuppe geben. Wir werden im kleinen familiären Rahmen ein bisschen plaudern und das war's." Ein Besuch in der Mette wird sich wohl nicht ausgehen. "Da schlaf ich meistens schon", erzählte das ÖSV-Aushängeschild.

Für Hirscher war es Weltcup-Sieg Nummer 14, damit zog er u.a. mit seinen Landsleuten Mario Matt und Günther Mader gleich. Mehr Weltcup-Siege haben aus rot-weiß-roter Sicht nur noch Michael Walchhofer (19), Franz Klammer (26), Stephan Eberharter (29), Benjamin Raich (36) und Hermann Maier (54) gefeiert.

Im Slalom war es Hirschers siebenter Weltcup-Triumph. So jung hat in der Weltcup-Geschichte noch kein Österreicher diese Marke erreicht. Die bisherige Bestmarke wurde von Benjamin Raich gehalten, der Tiroler gewann vor seinem 24. Geburtstag sechs Slaloms.

Hirscher versichert stets, nicht auf der Jagd nach Rekorden oder Bestmarken zu sein. Auch auf spezielle Ziele fürs Heim-WM-Jahr 2013 wartet man vergeblich. "Ich habe nur ein Ziel, und das ist gut skifahren. Das bedeutet mir am meisten."

Todesfall am Rande der Piste

Während Hirscher und Co. im ersten Durchgang durch den Stangenwald rasten, spielten sich nur wenige Meter daneben schreckliche Szenen ab. Ein 72-jähriger Skilehrer, der beim Rennen als Torrichter fungierte, erlitt einen Herzinfarkt. Versteckt hinter einer kleinen Werbebande kämpften zahlreiche Helfer, unter ihnen zwei Ärzte, eine Stunde lang mit einem Defibrillator um das Leben des Italieners, der aber noch auf dem Hang verstarb.

Hirscher - und dann lange nichts

Hinter Hirscher klafft aber ein großes Loch im österreichischen Herren-Team. Cheftrainer Mathias Berthold sah aber keinen Grund zur Panik. "Ich sehe die bisherigen Ergebnisse nicht mit Besorgnis. Die Mannschaft braucht Zeit, um richtig in Schwung zu kommen. Und die kriegt sie auch", meinte der Vorarlberger, der betonte, dass der seit ein, zwei Jahren laufende Umbruch des Herren-Teams noch voll im Gange sei.

"Ich stelle mich vor diese Truppe. Weil ich jeden Tag sehe, wie sich die Jungs den Hintern aufreißen, um alles super perfekt zu machen und eine noch perfektere Linie zu fahren. Bis jetzt ist es leider noch nicht so oft belohnt worden. Teilweise ist mit ein bisschen Pech eine schlechte Optik entstanden", sagte Berthold, der aber nicht einmal 50 Tage vor dem Startschuss in Schladming auch hinzufügte: "Im Jänner geht es dann richtig los. Da müssen dann alle da sein, keine Frage."

Dass der Kampf um die Qualifikation für die Heim-WM in Schladming ein möglicher Hemmschuh sein könnte, glaubt Berthold nicht: "Das ist doch wurscht, ob WM-Winter oder kein WM-Winter. Wir wollen doch immer gut fahren." Das sah ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel in einem ORF-Interview anders: "Unsere Athleten sind wegen des WM-Kampfes nervös, eine Heim-WM ist ja etwas Besonderes. Die Qualifikation bremst im Hinterkopf."

Die ÖSV-Herren haben in den 13 vorweihnachtlichen Rennen elf Podestplätze herausgefahren. Allein sieben davon hat Hirscher geholt: zwei Siege, drei zweite und zwei dritte Plätze. "Marcel ist einfach ein Wahnsinn", meinte Berthold über seinen Erfolgsgaranten. Der zweite Durchgang am Dienstagabend in Madonna hat den Chef schwer beeindruckt: "So etwas habe ich von ihm bisher nur im Training gesehen. Das war eine unglaubliche Leistung."

Der Rest der Truppe hält damit bei einem zweiten (Max Franz) und drei dritten Rängen (Klaus Kröll, Joachim Puchner, Hannes Reichelt). Als Hauptgrund für das hinter Hirscher klaffende Loch sieht Berthold die - teilweise gesundheitlich bedingten - Probleme einiger Athleten. Kröll (Fußwurzelbruch), Romed Baumann (Materialwechsel, Berthold: "Da brennt schön langsam der Hut") und Matthias Mayer (Gelenkerkrankung) hätten ja schließlich erst im Oktober mit dem Skitraining beginnen können.

Benjamin Raich hinkt den selbst hoch gesteckten Speed-Erwartungen meilenweit hinterher, in den technischen Disziplinen läuft er seiner Höchstform ebenfalls noch hintennach. "Beim Benni ist wichtig, dass er sich jetzt auf die technischen Disziplinen konzentriert und richtig Gas gibt", sagte Berthold. Hannes Reichelt ist als Elfter zweitbester Österreicher im Gesamt-Weltcup, hat aber laut Berthold "leider 14 richtig schlechte Tage" hinter sich. Georg Streitberger zeige immer wieder mit guten Teilzeiten auf, bringe aber leider keinen rundum gelungen Lauf ins Tal.

Die nächste Chance dazu bietet sich in Bormio, wo schon am 29. Dezember eine der schwierigsten Abfahrten des Weltcups auf dem Programm steht. Noch vor Weihnachten absolvieren die ÖSV-Herren einen Trainingsblock auf der Schladminger WM-Piste.

(APA)

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