Eisig und unruhig präsentierte sich die Abfahrtsstrecke in Kitzbühel im ersten Training, die weiten Sprünge sorgten für Kritik. Hannes Reichelt: „Da hätte ich Skispringer werden können.“
Kitzbühel/Wien. Zu einer regelrechten Flugshow mutierte das erste Training für die Weltcup-Abfahrt am Samstag (11.30 Uhr, live ORF eins) in Kitzbühel und ließ die Gemüter der Athleten nach dem Abschwingen hochgehen. Vor allem die Sprünge in Mausefall und Alte Schneise gingen auf den schnellen Schneeverhältnissen bei hohem Luftstand zu weit. Die Bestzeit markierte der Südtiroler Christof Innerhofer vor Steven Nyman (USA/+0,28 Sek.) sowie Aleksander Aamodt Kilde (NOR) und Matteo Marsaglia (ITA/je +0,46), bester Österreicher wurde Hannes Reichelt als Fünfter (+0,50).
Die Zeiten hatten allerdings wenig Aussagekraft, da die Sichtverhältnisse stark wechselten. „Ich habe nur blaue Linien und Tore gesehen und nebenbei rote Netze. Und zwischendurch nur weiß, aber keine einzige Kontur. Das macht das Skifahren ganz schön schwierig“, meinte Reichelt, der ebenfalls Kritik an den weiten Sprüngen übte. „Mausefalle und Alte Schneise gehen sicher 50 Meter weit und der Luftstand ist brutal, da hätte ich fast ein Skispringer werden können.“ FIS-Renndirektor Hannes Trinkl versicherte den im Zielraum diskutierenden Läufern rasch, dass man entsprechende Änderungen bei den zwei Sprüngen vornehmen werde. Da wegen prognostiziertem Regen und Schnee das nächste Training erst am Donnerstag stattfindet, bleibt für Adaptierungen ausreichend Zeit.
Ihrem berüchtigten Ruf wurde die Streif einmal mehr gerecht, präsentierte sich beim ersten Probelauf eisig und unruhig. „Das erste Training war extrem und hat wieder einmal jedem ein bisserl den Atmen genommen. Ob das sein muss, weiß ich nicht, aber man muss es hinnehmen“, meinte Matthias Mayer. Nicht umsonst gelte Kitzbühel als das schwierigste Rennen. „Man kann es da runter nicht leicht präparieren“, so das Fazit des Abfahrtsolympiasiegers. Diese Erkenntnis machte auch Vincent Kriechmayr, der im Vorfeld von der schönsten, weil gleichmäßigsten Präparierung seit langem gehört hatte. „Da lacht das Herz, wenn man besichtigt. Unterm Fahren lacht es nicht mehr. Ich hätte es mir ein bisschen leichter erwartet, aber sie hat ihre Zähne gezeigt“, sagte der Oberösterreicher. 50:50 beschrieb Max Franz das Verhältnis von Bodenkontakt und Luftstand des Skis. „Da schüttelt es dich zwei Minuten anständig durch, das war zäh.“
Feuz: „Eine Katastrophe“
Vernichtend fiel das Urteil von Wengen-Sieger Beat Feuz aus. „Katastrophe. Die Piste ist so für mich in keinem Zustand, wie man ein Rennen fahren darf“, kritisierte der Schweizer. Er bedauerte, dass man stets davon spreche, dass die Sicherheit vorgehe, und dann komme man zur schwierigsten Strecke der Welt nach Kitzbühel und die Sprünge seien schlecht gebaut. „Die Sicherheit geht vor, und das war bei weitem nicht sicher“, war der Weltmeister überzeugt. Nun seien die Veranstalter gefordert, die Passagen zu entschärfen.
Auch Innerhofer gab trotz Bestzeit an, dass es alles andere als einfach war. „Man hat einen guten Grip, sobald die Ski am Boden sind. Aber mir hat es schon vor der Mausefalle ein bisserl die Schneid abgekauft“, gestand der 33-Jährige. Die schlechte Sicht habe ihm angesichts der zu wenig herausgearbeiteten Konturen ebenfalls zu schaffen gemacht. „Es war mühsam und schwierig, die Schläge zu sehen.“
Angesichts dieser Bedingungen war es ein ruppiges Wiedersehen für Aksel Lund Svindal. Der Norweger wagte sich erstmals nach seinem Sturz 2016 (Kreuzbandriss) wieder auf die Streif. „Für das Knie ist das nicht so schön, der erste Sprung kommt nach zehn Sekunden. Aber du kannst ja nicht abschwingen. Das Komische ist, in der Panoramakurve ist das schon alles vergessen, das ist Kitzbühel.“ (ag./swi)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.01.2018)