Hirschers Gedankenwelt: „Ich kann ja eigentlich nur verlieren“

Marcel Hirscher bei seinem Medientermin in Wien
Marcel Hirscher bei seinem Medientermin in WienGEPA pictures
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Ski alpin. Marcel Hirscher bittet um Verständnis, sollte er „mit 29 Jahren nicht mehr jedes Rennen gewinnen.“ Über Erwartungen und die pure Lust.

Wien. Es gibt Menschen, die fürchten das endgültige Ende des Sommers in Österreich. Und es gibt Marcel Hirscher. „Ich habe das Gefühl, dass es jetzt reicht mit dem Sommer“, sagt Österreichs erfolgreichster Wintersportler der Gegenwart, völlig frei von Sarkasmus.

Hirscher steckt mitten in der Vorbereitung auf die neue Skisaison, die traditionell mit dem Riesentorlauf in Sölden am 28. Oktober beginnt. Die exzellente Schneelage auf den heimischen Gletschern hat die Vorfreude des Salzburgers auf die ersten Schwünge verstärkt, bei derart guten Bedingungen falle es eben leichter, sich zu motivieren. „Und ich war schon mal weniger motiviert.“ Noch fehlen dem 29-Jährigen die Vergleiche mit anderen Läufern, allen voran mit jenen aus dem rot-weiß-roten Lager. Die kommende Woche soll dabei Aufschlüsse bringen.

Es ist davon auszugehen, dass der siebenfache Gesamtweltcupsieger im vorderen Feld zu finden sein wird, wenngleich ihn das Gefühl nicht loslässt, dass „langsam ein Generationenwechsel“ stattfinde. Manuel Feller, Marco Schwarz und Michael Matt werden „in den technischen Disziplinen vorpreschen, die sind so weit“, glaubt Hirscher, der um diese Jahreszeit auch aus dem Umfeld der ausländischen Konkurrenz „wahnsinnig viele Geschichten“ hört.

„Einer soll im Training alles in Grund und Boden fahren, ein anderer wiederum gar nicht in Form sein.“ Hirscher hat sich an diese Nebengeräusche längst gewöhnt, die Vergangenheit habe ihn eines gelehrt: „Die Hälfte stimmt, die andere Hälfte nicht.“

Marcel Hirscher könnte gerade mehr oder weniger entspannt auf die Geburt seines ersten Kindes in den eigenen vier Wänden warten, stattdessen aber hat er sich zumindest für eine weitere Saison dem Spitzensport verschrieben.

Das Risiko des Verlierens

Lust und Freude am Rennfahren sind immer noch groß (genug), die Gedanken an das Karriereende wurden vorerst aufgeschoben. „Wenn man die Skischuhe zumacht, die ersten Schwünge zieht, dann weiß man, warum man es noch immer macht.“ Die Vorsaison, als Hirscher mit 13 Weltcupsiegen und zwei Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen in Pyeongchang neue persönliche Maßstäbe gesetzt hat, habe ihn dennoch grübeln lassen. „Die beste Saison meiner Karriere kann ich nicht toppen, ich kann ja fast nur verlieren“, stellte er mit Blick auf den kommenden Winter nüchtern fest. Dem „Risiko“, die Konkurrenz nicht erneut dauerhaft zu düpieren, wolle er sich letztlich dann aber doch aussetzen. „Aber vielleicht ist es mit meinen 29 Jahren so, dass ich nicht mehr jedes Rennen gewinnen kann.“

Hirscher möchte den Erfolg seiner elften Weltcupsaison nicht von Siegen abhängig machen. „Mein Wunsch ist es, dass ich eine Rolle spiele, schnell Ski fahre.“ An den Rekord des Schweden Ingemar Stenmark (86 Weltcupsiege) habe der 58-fache Weltcupsieger Hirscher „null Gedanken“, wie er sagt. „Ich habe meine magischen sieben Gesamtweltcupsiege.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2018)

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