Ex-Skispringer Müller gewinnt Klage gegen ÖSV

Lukas Müller beim Wings-for-Life-Run 2018
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Lukas Müllers schwerer Sturz auf dem Kulm wurde als Arbeitsunfall eingestuft, damit ist er nun finanziell abgesichert.

Mit großer Freude und Genugtuung hat Lukas Müller seine gewonnene Klage gegen den Österreichischen Skiverband (ÖSV) bzw. den Veranstalter, die "Austria Ski WM und Großveranstaltungs Ges.m.b.H.", registriert. Der Verwaltungsgerichtshof stufte seinen schweren Sturz im Jänner 2016 als Vorspringer der Skiflug-WM auf dem Kulm als Arbeitsunfall ein, der ÖSV hatte es als "Freizeitunfall" bezeichnet.

Jener Unfall hatte am 13. Jänner 2016 das Leben des damals 23-jährigen Skispringers aus Kärnten drastisch verändert. Müller zog sich einen inkompletten Querschnitt zu und sitzt seither im Rollstuhl. Nach der Anerkennung als Arbeitsunfall ist er nun bis an sein Lebensende finanziell abgesichert. Zudem hat er wohl für einen Präzedenzfall für den gesamten österreichischen Sport gesorgt.

"Diese Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen. Klar habe ich, wie der ÖSV so gern betont, zwei Versicherungsleistungen gekriegt. Er verwendet falsche Zahlen und suggeriert, dass er dafür verantwortlich ist, was in keinem der beiden Fälle stimmt. Aber rechnen wir einmal die Summe auf die nächsten 50, 60 Jahre auf, da bleibt nicht mehr viel übrig", meinte Müller am Freitag im Gespräch mit der APA - Austria Presse Agentur. Beide Versicherungsleistungen, die Müller erhalten hat, sind übrigens nicht auf Basis von ÖSV-Einzahlungen passiert.

Die vom ÖSV verbreiteten 480.000 Euro aus einer Versicherung sind zwar richtig, die 350.000 Schweizer Franken aus einer FIS-Risikoversicherung hingegen nicht. "Die 350.000 Schweizer Franken bzw. 306.000 Euro sind die Maximalsumme. Das Schweizer Bewertungssystem der Invalidität unterscheidet sich grundlegend vom österreichischen. In Österreich werden alle Invaliditätsteile zusammengezählt, in der Schweiz werden von den 100 Prozent alles abgezogen, was du (machen) kannst. Ich bin ja fähig aufzustehen, schon allein deshalb ist es nicht möglich, dass ich 100 Prozent kriege."

Potenzieller Präzedenzfall

Für Müller ist all das ein "reines Ablenkungsmanöver". "Ich wehre mich dagegen, dass ich hingestellt werde, dass ich mit einem Querschnitt reich werde. Das ist irgendwo schon ein bisserl schäbig, wenn ich in das Licht gerückt werde, weil ich wünsche die Verletzung niemandem. Es kann sich niemand vorstellen, was ich spüre und was ich nicht spüre."

Grundsätzlich gehe es aber um etwas ganz Anderes: "Und wenn ich sechs Unfallversicherungen und fünf Mio. Euro gekriegt hätte, hätte ich es genauso gemacht. Es geht auch um die anderen Sportler. Es geht mir nicht darum, dem Verband ins Wadl zu beißen, sondern darum, dass das ordentlich gemacht gehört, weil wir sind in einer Hochrisikosportart."

Theoretisch und praktisch ist das Urteil aber wesentlich weitreichender als "nur" für Hochrisikosportarten. Es geht um die gesetzliche Versicherung, die u.a. auch bei der Anreise zu Sportveranstaltungen oder Trainingslagern passieren kann. Müller ist diese Facette auch bewusst. "Der Gesetzgeber steht vor der Herausforderung, das Urteil in ein Gesetz zu gießen. Dahin gehend wird wahrscheinlich die nächste Zeit relativ viel Arbeit anfallen. Ich bin ein Fan von Teamwork, das hat mir auch zu meinem gerichtlichen Sieg verholfen", sagte Müller, der das Urteil u.a. auch in Zusammenarbeit mit der "younion - Die Daseinsgewerkschaft" erreicht hat.

"Die Sportler werden nicht mehr länger als moderne Gladiatoren behandelt und ihrem Schicksal überlassen, während sich die Sportverbände ihrer Verantwortung entledigen und sich in die Zuschauerrolle zurückziehen", sagte Gernot Baumgartner in einer Aussendung des Österreichischen Gewerkschaftsbunds (ÖGB).

Gesetzgeber gefragt

Für Müller ist nun der Gesetzgeber gefragt: "Inwiefern die Leute anzumelden sind und die Sozialversicherungsbeiträge zu leisten sind." Sein Anwalt und auch die Gewerkschaft bezeichnen dieses Urteil als einen "Fall Bosman" im kleinen Format. "Zumindest ist es so, dass die Sportler in den Verbänden dann besser abgesichert sind." Das gilt freilich nicht nur für die vergleichsweise reichen Verbände wie ÖSV oder ÖFB, sondern auch für kleine Sportverbände, die mit nun eventuell nötig gewordenen hohen Personalkosten vor große Probleme gestellt werden könnten.

Wie es nun für Müller rechtlich weitergeht, erklärte sein Anwalt Andreas Ermacora der APA: "Es ist ja das Verfahren bei der AUVA unterbrochen worden und als Vorfrage wurde jetzt geklärt, ob eben eine Versicherungspflicht vorliegt oder nicht. Jetzt wird das Verfahren wieder aufgenommen werden und der ÖSV wird die Beiträge nachzahlen müssen." Dieser Betrag wird im "Fall Müller" nur gering sein, die Behörde werde zu prüfen haben, ob sich der ÖSV "einer Melde- und Beitragspflichtverletzung schuldig gemacht hat".

Das Wichtigste für den Müller-Anwalt: "Herr Müller ist nun lebenslang abgesichert. Er hat Anspruch auf alle gesetzlichen Leistungen der Vollversicherung, also der Unfall-, Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung." Auch müsse geprüft werden, ob er bereits in den vergangenen drei Jahren in Anspruch genommene Leistungen rückvergütet bekommt.

(APA)

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