Marcel Hirscher fordert heute den US-Star Ted Ligety, der in Schladming schon zwei Goldmedaillen gewonnen hat, heraus. Es ist das Duell dieser WM.
Schladming. Seine ersten Auftritte im Super-G und der Super-Kombination wurden gleich vergoldet. Seine Spezialdisziplinen, die stehen nun gegen WM-Ende auf dem Programm. Der heutige Riesentorlauf muss als weiteres Highlight bezeichnet werden, sogar Alberto Tomba ist eigens angereist, um sich das Duell zwischen Ted Ligety und Marcel Hirscher anzuschauen. 30.000 Skifans werden erwartet, im Planaistadion wird die „Hirscher-Mania“ so richtig brodeln. Mit dem Höhepunkt am Sonntag, wenn der Slalom-Tanz durch den Stangenwald angesagt ist.
Marcel Hirscher, der Österreichs Team zu Gold geführt hat, sieht sich im Riesentorlauf nicht als erster Anwärter auf den Sieg. Der Saisonverlauf gibt dem 23-jährigen Salzburger recht. Der Edeltechniker, der im Torlauf die Nummer eins ist, hat im Riesenslalom nur einen Sieg zu Buche stehen. Errungen hat er ihn in Val d'Isère. Ted Ligety hingegen hat vier der fünf Rennen für sich entschieden. Aber seit einem Monat (Adelboden) gab es keinen Riesentorlauf mehr. Und in der Schweiz hatte Hirscher seinem Rivalen zumindest bis zur Zwischenzeit gewaltig etwas vorgelegt. Ein schwerer Fehler verhinderte einen Traumlauf.
„Mr. Riesentorlauf“
Verborgen geblieben ist das Ted Ligety nicht. Der 27-Jährige spielt daher dem Salzburger die Favoritenrolle zu. „Marcel ist der große Star dieser WM, er ist hier ganz in der Nähe daheim“, sagt er. „Im Slalom ist er einzigartig – und im Riesentorlauf macht er mir auch Angst. Er pusht mich, und das ist gut so.“
Hirscher, der nicht beim Team im Pichlmayrgut wohnt, sondern pendelt, sieht in Ted Ligety den „Mister Riesentorlauf“. Er sei der Mann, der in den vergangenen Jahren diese Alpindisziplin wie kein Zweiter dominiert habe. „Ich konnte mir da nur das eine oder andere abschauen, um ihm näherzukommen.“ Er geht sogar noch weiter: „Er ist outstanding!“ Obendrein kann der US-Draufgänger relativ locker ins Rennen gehen. „Er hat schon zweimal Gold.“
Der Salzburger aus Annaberg aber bringt eine gehörige Portion Selbstvertrauen mit. „Ich fühle mich dem Ganzen gewachsen“, sagt er. „Ich glaube, hier ist vieles möglich.“ Das Argument, er sei noch so jung, könne in seiner Karriere noch genug gewinnen, lässt er nicht gelten. „Das zählt für mich nicht. Wir haben ja nur ein kleines Zeitfenster. Und niemand weiß, wie lang wir überhaupt fahren können.“ Vor zwei Jahren etwa, da hat Marcel Hirscher die WM in Garmisch-Partenkirchen aus Verletzungsgründen sausen lassen müssen.
Die Erinnerungen an die Planai, das hat der ÖSV-Star schon mehrmals betont, sind rosig. Der Sieg im Nightrace nach der Einfädelaffäre hat bei ihm einen ganz besonderen Stellenwert.
Keine Maschine
Ebenso unvergesslich ist für ihn das Weltcupfinale, das in Kristall gipfelte. Wobei Hirscher zugibt, vor dem Teambewerb nervös gewesen zu sein. „Und das war ich schon ewig nicht mehr.“ Weil es immer besonders schwierig sei, Erwartungen zu erfüllen. „Es kommen so viele Komponenten zusammen, da kann man keine Hochrechnungen machen. Ich bin keine Maschine, kein Uhrwerk.“ Wobei Hirscher weiß, „wenn ich keinen Fehler mache, dann bin ich ganz vorn dabei. Und jetzt lasse ich das alles auf mich zukommen!“
Im Training haben ihm die Teamkollegen jedoch ordentlich eingeheizt. Hirscher ist jedoch bekannt dafür, dass er kein Trainingsweltmeister ist. „Gewisse Dinge kann ich im Training gar nicht fahren – das geht nur im Rennen.“ Und zwar in vollem Renntempo. „Ich fahre nicht gegen Ted Ligety. Ich fahre nur gegen die Uhr.“
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2013)