Ski-WM: Jenseits von Afrika

ALPINE SKIING - Sabrina Simader, photo shoot
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Weil Sabrina Simader, 18, Skifahren wollte, wurde in Kenia ein Verband gegründet. Sie wuchs in Oberösterreich auf, lebt nun in Haus im Ennstal – und will sich in St. Moritz behaupten.

Sie als Ski-Exotin zu bezeichnen, behagt Sabrina Simader ganz und gar nicht. Denn an Exoten haftet das Show-Image, nichts Professionelles, „aber ich“, sagt Simader, „möchte Leistung bringen.“ Sie ist die einzige Athletin des kenianischen Skiverbandes, welcher aufgrund ihrer Ambitionen erst gegründet werden musste. Und sie ist Teilnehmerin der Ski-Weltmeisterschaften in St. Moritz. Die Geschichte der 18-Jährigen bewegt, sie weckt zwangsläufig Interesse und Emotionen.

In Kilifi an der Küste Kenias geboren, kam sie als Dreijährige nach Oberösterreich, genauer gesagt nach St. Johann am Wimberg. Und bald erstmals mit Schnee in Berührung. Ihr österreichischer Stiefvater Josef Simader, er verstarb im Sommer 2012 nach einem Herzinfarkt, hatte am Hansberg im Mühlviertel einen kleinen Skilift betrieben. Für das kleine Mädchen aus Ostafrika war Skifahren keineswegs Liebe auf den ersten Blick, im Gespräch mit der „Presse“ erinnert sie sich an die Anfänge. „Die Kälte, der Schnee, ich hatte gleich beim ersten Mal meine Handschuhe verloren – eigentlich war es nicht so cool.“ Mit jedem Tag auf Skiern aber wuchs die Freude am Tun, „irgendwann habe ich also begonnen, Zwergerlrennen zu fahren, später auch Vereinsmeisterschaften.“

Training mit dem Weltmeister

Simader hat unbestritten Talent, als 13-Jährige wurde sie in ihrer Altersklasse dreifache steirische Meisterin. Eine Karriere als Skirennläuferin erschien nicht länger illusorisch. Die Teenagerin forcierte das Training, betreut wird sie seit einigen Jahren vom ehemaligen ÖSV-Damencoach Christian Reif, er ist Trainer und Servicemann zugleich, hatte einst auch den russischen Slalomspezialisten Alexander Choroschilow begleitet.

Ihren Lebensmittelpunkt hat sie mittlerweile nach Haus im Ennstal verlegt, „da habe ich die Piste vor der Haustüre.“ Reif lässt seine Kontakte im Skizirkus spielen, Trainingsgemeinschaften machen Sinn, egal ob mit Russen, Kasachen oder Ungarn. „Aber ich habe auch schon auf der Planai mit Hannes Reichelt trainiert. Ein cooler, lockerer Typ.“

Dennoch, es ist ein kostspieliges Unterfangen, welches ohne Sponsoren (Sky, Autohaus Laimer, Globallife, Planai) „und der Mama“ nicht zu bewerkstelligen wäre. Vom Skiverband Kenia sieht sie keinen Cent, dabei sollte dieser Gelder, die er vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) auch erhält, in Teilen weitergeben. IOC-Präsident Thomas Bach wurde über die Missstände bereits in Kenntnis gesetzt, „2018 sollte es dann etwas finanzielle Unterstützung geben, Bach hat es persönlich zugesichert.“ Auf dem Materialsektor ist Simader bestens versorgt, seit Frühjahr 2016 fährt sie Head-Ski. Keine B-Ware. „Nein, Ski und Skischuhe sind wirklich genial.“

FIS-Rennen hat die Pionierin bereits etliche bestritten, vor einem Monat gab sie im Marburg-Riesentorlauf sogar ihr ersehntes Weltcupdebüt. Das Ergebnis: Der letzte und 61. Platz, 8,14 Sekunden Rückstand auf die Schnellste, Mikaela Shiffrin. FIS-Renndirektor Atle Skaardal gratulierte später dennoch. „Ich habe das Ziel erreicht, die meisten Läuferinnen vor mir nicht.“ Die FIS-Punkte berechtigen Simader auch zum Antreten in St. Moritz – in Super-G (39. und letzter Platz, + 8,68 Sekunden), Riesentorlauf und Slalom sind ihr staunende Blicke von Fans und Kolleginnen sicher. Aber, die erste Aufregung hat sich gelegt, „ich habe mir Respekt erarbeitet.“

Jetzt die WM, 2018 Olympia

In ihrer Heimat Kenia war Simader zuletzt vor vier Jahren. „Dort weiß man nicht, dass gerade eine Ski-WM stattfindet“, schmunzelt die aufgeweckte junge Frau. Ihre Verwandten in Afrika wüssten mit Skifahren ohnehin nichts anzufangen. „Die haben noch nie Schnee gesehen. Für sie ist es nicht wirklich nachvollziehbar, was ich da in Europa mache.“

Simader möchte Aufklärungsarbeit leisten, auch „ein Vorbild sein, ein paar Junge inspirieren.“ Und irgendwann vom Sport leben können. „Das ist das Ziel. Ich bin erst 18, auf einem guten Weg.“ Nächstes Jahr wird sie in Pyeongchang ihre Premiere bei Olympischen Spielen geben, in Südkorea dürfte sie auch in der Abfahrt startberechtigt sein. Sie sagt: „Über Olympia geht wirklich gar nichts.“

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