Wenn Kanadier aus der Reihe tanzen

Alex Harvey, Kanadas erster Langlaufweltmeister.
Alex Harvey, Kanadas erster Langlaufweltmeister.(c) REUTERS (KAI PFAFFENBACH)
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Ein "Crazy Canuck" in der Loipe, eine Mutter und ein Kombinierer im Goldrausch, eine Familienangelegenheit und Österreichs Doppelweltmeister - die Geschichten der WM in Lahti.

Lahti/Wien. Ein Kanadier gewinnt den 50-Kilometer-Marathon der Langläufer – und kein Norweger steht auf dem Podest? An sich ist das vollkommen undenkbar, doch das Finale der nordischen WM in Lahti endete mit genau dieser Sensation. Alex Harvey lief am Sonntag zu Kanadas erstem WM-Gold überhaupt, und Martin Sundby wurde als bester Wikinger Vierter. Dass Norwegen trotzdem den Medaillenspiegel gewann, war vor allem den Langläuferinnen geschuldet, allen voran Marit Bjørgen, die viermal Gold gewann. Die 36-Jährige, die nach einem Jahr Babypause in den Spitzensport zurückgekehrt ist, avancierte damit zum Superstar dieser 51. nordischen WM. Sie ist endgültig die „Königin des nordischen Sports“, die sechsmalige Olympiasiegerin hat nun 18 WM-Goldene zu Hause in der Vitrine hängen. In allen sechs Damenbewerben jubelten Norwegerinnen, nur die Herren enttäuschten schwer. Entweder sie erfüllten die Hoffnungen nicht wie Sundby, der weiterhin WM-Gold hinterherläuft, oder kollidierten wie Emil Iversen in der Schlusskurve (des Teamsprints) mit dem Kontrahenten und verloren alles. Für Aufsehen, zumindest in der kleinen Welt der nordischen Kombination, sorgte der Deutsche Johannes Rydzek. Mit vier Siegen in Lahti und sechs WM-Goldenen insgesamt ist der 25-jährige Oberstdorfer der erfolgreichste Kombinierer der WM-Geschichte. Vier Starts, vier Siege – seine Bilanz ist makellos.

Der Höhenflug des Stefan Kraft

Stefan Kraft schaffte in Lahti, was vor ihm kein ÖSV-Springer geschafft hatte. Der 23-Jährige gewann zweimal Gold im Einzel, bringt zudem Mixed-Silber und Team-Bronze mit nach Hause. Der Überflieger ist auch für „Raw Air“, die neue Schanzenserie in Norwegen, ein Topfavorit. Es begeisterte, ihm zuzusehen; vor allem mit welcher Ruhe und Freude er all die Aufgaben, Sprünge und das Rundherum bei einer WM meisterte, imponierte.

Neben Kraft verstand es auch Teresa Stadlober, 24, zu überzeugen. Die Langläuferin schaffte ihr erstes Top-sechs-Ergebnis bei einer WM, es ist das beste ÖSV-Resultat seit 1999 und der Heim-WM in Ramsau. Stadlober wurde auch Achte über 30 km Skating – und sie gilt mit Kraft als das Zugpferd und die Medaillenhoffnung für die nordische WM 2019 in Seefeld. Ihrem Vater, Alois Stadlober, sind das Wohl und der Erfolg der Tochter mehr als nur ein Anliegen. In diese Trainingsgemeinschaft fließt Herzblut – und 2019 wird es veredelt.

Bis dahin ist sicher auch Gregor Schlierenzauer wieder fit, Team-Bronze bedeutete seine zwölfte WM-Medaille, das ist ÖSV-Rekord. Auffallend bis dominant war auch, dass Österreichs Skisprungtrainer alles gewonnen haben, was ausgeschrieben war. Bis auf Mixed-Bronze (Japan) wanderten ausnahmslos alle Medaillen an Heinz Kuttin (Österreich), Werner Schuster (Deutschland) und Alexander Stöckl (Norwegen). Vor allem für Stefan Horngacher schloss sich in Lahti ein Kreis: 2001 gewann er als Aktiver Gold im Teambewerb, nun führte der Wörgler Polen bei einer WM zum ersten Team-Gold.

Und jetzt: Seefeld 2019

Wie bei der Alpin-WM gewannen auch bei der nordischen Abteilung zwölf Nationen Medaillen. Es gibt Seefelds Organisatoren Hoffnung, dass 2019 ebenfalls mehr als 150.000 Zuschauer angelockt werden. Verkehrsprobleme sollen mit einer Bahn zwischen Innsbruck und dem WM-Ort vermieden werden, Highlight soll das Springen auf dem Bergisel sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2017)

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