Doping-Razzia in Seefeld, ÖSV-Langläufer festgenommen

Archivbild aus Seefeld (Ausschnitt).
Archivbild aus Seefeld (Ausschnitt).(c) Getty Images (Matthias Hangst)
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Bei der nordischen WM in Seefeld wurde ein kriminelles Dopingnetzwerk aufgedeckt. Zwei ÖSV-Langläufer, beide Polizeischüler, wurden festgenommen.

Seefeld. Die Razzia bei der nordischen WM und die Verhaftung zweier ÖSV-Langläufer sind der größte Dopingskandal, den sich der österreichische Sport je geleistet hat. Erneut hat es den ohnehin schon durch zig Vorfälle geplagten Langlauf getroffen.

Irritierend ist jetzt allerdings, dass es sich bei Dominik Baldauf und Max Hauke – sie wurden gemeinsam Sechste im WM-Team-Sprint – um zwei Polizeischüler handelt, die bei der „Operation Aderlass“ wegen Eigenblutdopings in Gewahrsam genommen worden sind. Und: Einer der beiden Verdächtigen wurde beim Zugriff im Hotel sogar in flagranti ertappt.

Insgesamt wurden am Mittwoch in Seefeld und zeitgleich in Erfurt neun Personen verhaftet und 16 Hausdurchsuchungen durchgeführt.

NORDIC SKIING - FIS Nordic World Ski Championships Seefeld 2019
NORDIC SKIING - FIS Nordic World Ski Championships Seefeld 2019GEPA pictures

Der Auslöser

Die Aussage des Ex-Langläufers Johannes Dürr war laut Staatsanwaltschaft München Auslöser für Ermittlungen und Zugriffe in Seefeld und Erfurt. Der Niederösterreicher, der bei Olympia 2014 einen positiven Dopingtest (EPO) abgeliefert hatte, sprach in einer ARD-Dokumentation offen über Dopingpraktiken im Leistungssport – in Österreich und Deutschland.

Vor dem Münchner Staatsanwalt, das hatte er in einem „Presse“-Interview wiederholt, kam er der Wahrheitspflicht nach. Er nannte den deutschen Sportarzt Dr. S., der ihm beim Blutdoping geholfen hat – und zur WM nach Seefeld reisen sollte, um fünf Athleten „zu behandeln“. Diese Treffen wurden vor dem Zugriff in Seefeld observiert.

Das Gesetz

Ob sorglos weggeworfene Blutbeutel in Salt Lake City (2002), Razzia in Turin samt Flucht von Trainern und Athleten (2006) oder der Gebrauch samt der Suche nach Blutzentrifugen, EPO-Missbrauch im Langlauf oder im Radsport – Österreichs Antidopinggesetz wurde deshalb verschärft. Blutdoping ist seit 2008 ein Straftatbestand, vor allem macht sich derjenige strafbar, der es durchführt.

Es gibt Dopingjäger, die Beamten der Nationalen Antidopingagentur (Nada) halten auch Kontakt zum Bundeskriminalamt. Und: Sportler müssen auf Geheiß der Weltantidopingagentur (Wada) stets Bescheid geben, wo sie sich aufhalten werden, damit Kontrollen möglich sind. Doch dass Dr. S. seit fünf Jahren weltweit – auch in Österreich – ein mutmaßlich kriminelles Netzwerk betrieben haben soll, zeigt große Lücken auf.

Die Folgen

Für Österreichs Wintersport ist dieser Vorfall ein immenser Imageschaden. Mit dieser WM wollten Tirol und Seefeld den Tourismus für die gesamte Olympiaregion neu ankurbeln. Auch was die Rückkehr des Blutdopinggespensts für den österreichischen Sport bedeutet, ist noch nicht abzusehen. Dass eine noch härtere Gesetzgebung sinnvoll wäre, ist unbestritten. Auch muss das Sportrecht novelliert werden, zwei- oder vierjährige Dopingsperren reichen nicht als Abschreckung. Vor allem: Warum laufen ehemalige Dopingsünder nach Ablauf ihrer Sperre, angeblich geläutert, schneller als noch zu gedopten Zeiten?

Doping läuft in Österreich immer noch auf die gleiche Tour ab. Peter Schröcksnadel, der Präsident des Skiverbands, wusste es schon 2006: „Austria is a too small country to make good doping.“ Dreizehn Jahre später klingt es noch immer wie blanker Hohn, doch die Spurensuche ist ein Kriminalfall.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.02.2019)

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