Facebook und Cambridge Analytica: Die Spitze des Zuckerberg-Desasters

USA Wahlen New Yorker verfolgen die Wahl auf dem Times Square Election Day in Times Square New Yor
USA Wahlen New Yorker verfolgen die Wahl auf dem Times Square Election Day in Times Square New Yorimago/Levine-Roberts
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Facebook, Datenmissbrauch, Cambridge Analytica und Donald Trumps Wahl zum Präsidenten der USA. All das scheint zusammenzuhängen und auf dem Missbrauch von 50 Millionen Userdaten zu fußen. Ein Überblick.

Facebook steht seit der US-Präsidentenwahl unter enormem Druck. Der Vorwurf: Facebook habe Russland eine Plattform geboten, um auf den US-Wahlkampf Einfluss zu nehmen und davon auch noch finanziell profitiert. Doch wie sich nun zeigt, hat Facebook sich an ganz anderer Front die Finger schmutzig gemacht. Da sind die auf Talfahrt befindlichen Aktien das (noch) geringste Problem. Auch wenn sich der Verlust bereits auf 40 Milliarden Dollar beläuft - vorerst. Facebooks Umgang mit den Daten seiner User steht seit seinen Anfängen in der Kritik. Berichten des britischen Magazins "Observer" und der "New York Times" zufolge, hat Facebook der Cambridge Analytica, die für Donald Trump arbeitet, Zugang zu Userdaten gewährt. Und dieses Unternehmen hat mit diesen Daten gezielt Einflussnahme auf Wähler betrieben. Doch Datenmissbrauch scheint nicht das einzige Standbein von Cambridge Analytica zu sein.

Doch was war passiert: Facebook hat zugegeben, dass dem Cambridge-Professor Aleksandr Kogan 2015 gewährt wurde, Userdaten aus der App "thisisyourdigitallife" zu verwerten und zu analysieren. Die App war ein Persönlichkeitstest mit Facebook-Login. User konnten sich also direkt über ihren Facebook-Account bei der App registrieren. Damit gaben sie auch ihre Zustimmung, dass die App auf Standortinformationen, Freunde und Inhalte auf die die User reagierten, zugreifen konnte.

Das war mit den damaligen Nutzungsbedingungen Facebooks auch möglich. Ein Geschäftsmodell, von dem sich Facebook damals viel erhoffte. Der Verkauf von User-Daten. Kogan hat die Daten von mehr als 50 Millionen Usern an Cambridge Analytica weitergegeben. Und hier hat der Professor ganz klar gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen. Die Analysefirma, die sich auf die Auswertung von Big Data spezialisiert hat, wollte aus den 50 Millionen Daten Techniken entwickeln, um Wähler zu beeinflussen. Das Unternehmen selbst weist die Vorwürfe zurück.

Eine Aufforderung - kein Nachhaken

Facebook forderte 2015, also noch im selben Jahr, dass Cambridge Analytica die zu Unrecht erhaltenen Daten löscht. Damit schien für Facebook die Sache erledigt, denn nach Aussagen des Unternehmens habe man selbst aus den Medien erfahren, dass dies nicht zur Gänze passiert sei.

Das hilft Facebook und vor allem seinen Usern nicht. Die Staatsanwaltschaft Massachusetts ermittelt nun gegen Facebook und Cambrigde Analytica und auch Großbritannien hat Untersuchungen eingeleitet sowie das Parlament der Europäischen Union.

"Das ist eine große Sache. Die Privatsphäre-Verletzungen sind signifikant", erklärt der Republikaner Jeff Flake gegenüber CNN. "Die Frage ist, wer wusste davon? Wann erfuhren sie davon? Wie lange ging das?" Doch das sind nicht die einzigen Fragen, die sich Facebook nun stellen muss. Im Zusammenhang mit den aus Russland geführten Werbekampagnen auf Facebook gegen Hillary Clinton.

Aufgedeckt wurden die Machenschaften der Cambridge Analytica durch einen ehemaligen Analysten des Unternehmens: Christopher Wylie. Der Whistleblower wurde für sein Auspacken gegenüber "Observer" und "New York Times" bereits von Facebook gesperrt. Das stört ihn nicht, vielmehr hat er ein schlechtes Gewissen überhaupt bei Cambridge Analytica gearbeitet zu haben: „Ich war ein neugieriger und naiver Dreiundzwanzigjähriger“. Mit Blick auf seinen früheren Arbeitgeber sagt er: „Ich bedaure es jeden Tag, wenn ich sehe, wohin sich die Welt mit ihrer Hilfe bewegt hat. Ich muss Wiedergutmachung leisten, und deswegen gehe ich an die Öffentlichkeit.“

Gegenüber dem "Observer" beschreibt sich Wylie selbst als "Steve Bannons Manipulationswerkzeug für psychologische Kriegsführung". Steve Bannon, der einstige Berater des US-Präsidenten Donald Trump hatte bei der Gründung der Analysefirma eine entscheidende Rolle und sorgte auch dafür, dass der Unternehmer Robert Mercer einen zweistelligen Millionenbetrag in das Softwarehaus investierte. Dass sich Cambridge Analytica für Trumps Sieg mitverantwortlich fühlt, ist ihr großes Aushängeschild. Doch das Unternehmen ist durchaus bereit, weiter zu gehen. Datenmissbrauch ist nur eine Stärke. In einem Gespräch mit Undercover-Reportern des Channel 4, die sich als reiche Familie aus Sri Lanka ausgaben, rühmen sich hochrangige Manager damit, dass ihre Trickkiste an unsauberen Methoden durchaus reich gefüllt sei.

Alles nur hypothetisch - sagt Cambridge Analytica

Cambridge-Analytica-Chef Alexander Nix gab sich sehr redselig und sprach über mannigfaltige Methoden, um einen Widersacher direkt und indirekt zu diskreditieren. Dabei sei Datenmissbrauch nur ein kleiner Teil der Fertigkeiten des Unternehmens. Der Einsatz von "hübschen ukrainischen Mädchen" funktioniere sehr gut. Erpressung scheint also ebenfalls zum Repertoire zu gehören.

Nach der Veröffentlichung des Videos hieß es von Cambridge Analytica, dass diese Fragen und Aussagen von Nix nur dazu gedient hätten, unethische und fragwürdige Interessenten auszusortieren. Das Unternehmen habe sich nicht auf solche Methoden eingelassen und werde das auch nicht in Zukunft tun. Doch es ist nicht nur Nix, der aus dem Nähkästchen plaudert, sondern auch Managing Director Mark Turnbull, der bei einem anderen Treffen damit prahlt, wie falsche Informationen gezielt gestreut und gelenkt werden. Immer aber mit der nötigen Zurückhaltung, um nicht den Verdacht der Propaganda zu wecken. Denn man wolle die Frage "Wer hat das eigentlich veröffentlicht" vermeiden.

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