Neuromarketing: Was Gehirnwellen über unser Unterbewusstsein verraten

(c) Dentsu Science Jam
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Mit dem Emotion Analyzer können Gehirnwellen gemessen und in Emotionen umgewandelt werden. Das hilft Unternehmen dabei ihre Kunden zu verstehen und ihre Werbung zu verbessern.

Stellen Sie sich vor, ein Headset kann Ihre Gedanken lesen. Science Fiction? Nicht ganz. Der Emotion Analyzer, ein Gerät zum Aufsetzen mit einer einzelnen Elektrode für die Stirn, kann Gehirnwellen messen und sie Emotionen zuordnen. Eine Software am Tablet, die die Daten analysiert, erhebt fünf Gemütszustände: Gefallen, Interesse, Stress, Konzentration und Gelassenheit. Das Gerät zeigt dadurch viel mehr, als Probanden bewusst mit Worten beschreiben können. Interessant sind diese Erkenntnisse unter anderem auch für Marketing und Marktforschung.

(c) Dentsu Science Jam

Denn die meisten Kaufentscheidungen, die Konsumenten Tag für Tag fällen, werden unbewusst getroffen. "90 bis 95 Prozent, um genau zu sein", sagt Karl Aschinger, Spezialist für neue Technologien bei IQ Mobile, der Agentur, die die Software entwickelt und anwendet. Gründe dafür sind oft Überlastung, Zeitdruck und Komplexität beim Einkauf. Deshalb greifen viele Kunden auf angeborene oder erlernte Assoziationen zurück, die ihnen die Entscheidung bei der Wahl zwischen verschiedenen Produkten erleichtern. Unter dem Sammelbegriff Neuromarketing wandelt man diese wissenschaftlichen Erkenntnisse schon seit geraumer Zeit in konkrete Marketingmaßnahmen um. Etwa wie Werbung gestaltet sein muss, um beim Konsumenten die richtigen Gefühle auszulösen, oder wie Ausstellungsräume und Einkaufsmärkte designt und angeordnet sein müssen, damit sie die Kunden ansprechen und dazu animieren Produkte zu kaufen.

Gehirnwellen ohne Kernspintomograf

Musste man früher noch ausführliche Befragungen durchführen, die dennoch nicht das gewünschte Ergebnis brachten, weil die Probanden nur ihre bewussten Gefühle erklären konnten, helfen heute neue Technologien dabei, unterbewusste Empfindungen zu messen. Und dabei müssen sich die Testpersonen nicht einmal in einen Kernspintomografen legen oder eine Haube voller Elektroden aufsetzen. Der Emotion Analyzer ermöglicht eine völlig stressfreie Situation: Das neurometrische Gerät ist so groß wie ein Headset und die Probanden merken "nach einer Weile gar nicht mehr, dass sie es überhaupt aufhaben", erzählt Aschinger. Die Technologie basiert auf 19 Jahren Forschung und wurde vom Dentsu Science Jam entwickelt, einem japanischen Entwicklerunternehmen. IQ Mobile ist das Tochterunternehmen in Österreich.

Einige Unternehmen nutzen die Neuromarketing-Expertise in der Marktforschung bereits. Etwa Uniqlo, eine japanische Kleidungsmarke, die in Shops in Australien mithilfe der Analyse der Gehirnwellen den persönlichen Geschmack jedes Kunden analysierte und das für ihn oder sie perfekt passende Motiv-T-Shirt fand. Auch wenn dies manchmal "verstörend" anmuten mag, wie man im Video erfährt, aber das "Hirn will eben, was das Hirn will".

Blumentopf als unbewusster Störfaktor

Am meisten passiere in diesem Bereich derzeit noch im asiatischen Raum, erzählt der IQ Mobile Chef Harald Winkelhofer. Bald soll Werbewirkung aber vermehrt auch im deutschsprachigen Raum mit der neurometrischen Technologie getestet werden. Eine Supermarktkette in Österreich, die ungenannt bleiben will, habe bereits auf das "Gedanken lesen" zurückgegriffen. Mit einem überraschenden Ergebnis: Mehrere Testpersonen, denen ein Werbespot des Lebensmitteleinzelhändlers gezeigt wurde, reagierten negativ auf einen im Video nur am Rande vorkommenden Blumentopf. Dieser löste einen außerordentlichen Stresslevel aus und lenkte dadurch von den eigentlich relevanten Inhalten der Werbung ab. Eine unbewusste Reaktion, die durch intensive Befragungen wohl nicht gefunden worden wäre.

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