Erben haben Zugang zu Konten in sozialen Netzwerken

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FILE PHOTO: A 3D plastic representation of the Facebook logo is seen in this illustration in ZenicaREUTERS
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Die digitale Hinterlassenschaft wird nicht anders behandelt als Bankkonten oder Gegenstände, so der deutsche Bundesgerichtshof. Auch Tagebücher werden vererbt.

Erben dürfen auf Konten von Verstorbenen in sozialen Netzwerken wie Facebook zugreifen. Dieses Grundsatzurteil verkündete der Bundesgerichtshof (BGH) am Donnerstag in Karlsruhe. "Auch analoge Dokumente, wie Tagebücher und persönliche Briefe werden ohne weiteres vererbt", sagte der Vorsitzende Ulrich Herrmann zur Begründung. Aus erbrechtlicher Sicht bestehe kein Grund dafür, digitale Inhalte anders zu behandeln.

Damit gewann eine Mutter den Prozess gegen Facebook, deren 15-jährige Tochter unter ungeklärten Umständen von einer U-Bahn erfasst worden und ums Leben gekommen war. Die Mutter wollte über das Facebook-Konto ihrer Tochter Klarheit gewinnen, ob sie möglicherweise Suizidabsichten hatte. Facebook sperrte jedoch das Konto der Verstorbenen und versetzte es in den sogenannten Gedenkzustand. Die Inhalte des Kontos blieben bestehen, die Eltern konnten aber nicht auf sie zugreifen.

Gilt auch für Minderjährige

Die digitale Hinterlassenschaft wird nicht anders behandelt als Bankkonten oder Gegenstände, entschied das Gericht nun. Dabei sei es unerheblich, ob es sich um das Facebook-Konto einer minderjährigen Person oder eines Erwachsenen handele. Es müsse auch kein Nachweis eines besonderen Interesses vorliegen, um in einem solchen Fall Zugang zum Nutzerkonto zu bekommen.

Facebook hatte sich auf das Vertrauen der Nutzer berufen, dass die Kommunikation nicht von Dritten gelesen werde. Der BGH entschied hingegen, dass sich der Vertrauensschutz allein darauf beziehe, dass die Nachrichten nur auf das Nutzerkonto gelangten. Schon zu Lebzeiten "muss mit einem Missbrauch des Zugangs durch Dritte oder mit Zugangsgewährung seitens des Kontoinhabers gerechnet werden", sagte Herrmann in der Urteilsverkündung. Ebenso müsse beim Tod des Kontoinhabers mit der Vererbung gerechnet werden.

Das Kammergericht Berlin hatte die Klage der Mutter noch mit Verweis auf das Fernmeldegeheimnis abgelehnt. Anderen dürfe deshalb der Inhalt der Kommunikation nicht bekannt werden. Aber auch das ließ der BGH nicht gelten. Denn Erben rückten vollständig in die Position des Erblassers ein, sie seien keine "anderen". (AZ: III ZR 183/17)

(Reuters)

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