Ein Satz heißer Ohren

Die Kopfhörer sind nichts für große Köpfe und große Ohren.
Die Kopfhörer sind nichts für große Köpfe und große Ohren.(c) Herstellter
  • Drucken

Der britische Traditionshersteller Bowers & Wilkins hat mit seinem Modell PX seit Neuestem auch smarte Noise-Cancelling-Kopfhörer im Angebot.

Es gibt Dinge, die schwierig online zu kaufen sind. Schuhe zum Beispiel. Passt die Form, steht man gut drin und ist eine 40 auch wirklich eine 40. Noch aufwendiger findet die Testerin die Suche nach den richtigen Kopfhörern. Das fängt schon mit den Fragen nach den eigenen Vorstellungen an. Bluetooth, Noise-Cancelling, Over-Ear, On-Ear oder doch lieber In-Ear? In diesen Momenten schwindet schnell wieder die Lust auf den Einkaufsbummel. Darum werden jetzt ausgewählte Modelle auf ihre Vor- und Nachteile sowie ihre speziellen Einsatzfelder getestet.

Als erstes Modell haben wir uns das Modell PX von Bowers & Wilkins angesehen. Dabei handelt es sich um Over-Ear-Kopfhörer. Also klassisch mit Bügel über dem Kopf. In der Theorie sollten die Ohrpolster großzügig gebaut sein, dass die ganze Ohrmuschel darin Platz findet. Sie sollten beim Aufsetzen nicht drücken, sondern die Ohren einbetten. Das ist bei dem Bowers-&-Wilkins-Modell nicht der Fall. Die Ohrstecker mussten sowieso umgehend entfernt werden, da sie sich gnadenlos ihren Weg in den Hals bohrten. Das liegt aber auch daran, dass die Ohrmuschel gänzlich abgedeckt sein soll, damit auch das neueste Feature, die Geräuschunterdrückung funktionieren soll.

Eine App, drei Modi und der Klang. Geräuschunterdrückung ist das neueste Must-Have bei Kopfhörern. In Flugzeugen ist es ganz angenehm, nicht ständig das Dröhnen zu hören und auch mal nicht von Kindergeschrei geweckt zu werden. Das geht aber auch immer auf die Klangqualität. Dieses Problem will aber der britische Traditionshersteller gelöst haben. Es gibt drei Modi – Büro, Stadt, Flug – sodass man nicht ganz von der Umwelt abgeschottet wird und Umgebungsgeräusche noch mitbekommt. An sich kann die „Abschottung“ direkt über die Kopfhörer aktiviert werden, wer die Feineinstufung machen will, muss den Weg über die App gehen. Die ist kostenlos, bietet aber nur wenig Komfort in der Bedienung. Das fängt bei der endlos wirkenden Suche nach den Kopfhörern an und endet damit, dass die Oberfläche alles andere als intuitiv ist. Aber auch die Steuerung über die Kopfhörer mit ihren mechanischen Knöpfen ist wenig gelungen. Diese stehen zu wenig ab und sind zu dicht aneinander angebracht, als dass sich die Musik darüber leicht steuern ließe. Das verbessert sich mit der Zeit, da man sich daran ein wenig gewöhnt, aber Fehlsteuerungen passieren trotzdem ständig.

Auch die smarten Bewegungssensoren, die in den Kopfhörern verbaut sind, sind eher Marketing-Gag als tatsächliches Feature. Sie erkennen nicht, wenn die Kopfhörer aufgesetzt werden, oder gehen auch nicht in den Standby-Modus, wenn sie abgelegt werden. Das ist in der Theorie recht fein, aber funktioniert in der Praxis einfach nicht.

Leider. Denn mit einem Preis von saftigen 400 Euro sollten die Kopfhörer durchaus mehr bieten als guten Klang und eine respektable Akkuleistung. Knapp 19 Stunden halten die PX bei kabelloser Verwendung in der Praxis durch.

Der Klang, ein großes Fragezeichen. Für Puristen, die den Klang voranstellen, kann das Bowers & Wilkins Modell durchaus empfohlen werden. Dabei ist aber die Frage, ob dafür ein 400-Euro-Modell notwendig ist. Denn die mitgelieferten Extras und Funktionen klingen zwar am Papier gut, bestehen aber nicht den Praxistest. Und nur weil es eine App hat, heißt es noch lange nicht, dass etwas smart ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.