Huawei unter Spionage-Verdacht: Ernste Gefahr oder Kampagnen-Opfer?

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Die USA forcieren ihre Kräfte um auch im Ausland den chinesischen Netzwerkausrüster zu verhindern. Belege für die Spionage-Vorwürfe haben die USA nicht.

US-Präsident Trump wärmt die Spionage-Vorwürfe aus 2007 gegen den chinesischen Hersteller Huawei wieder auf. Mit seinen Vorwürfen hat er bereits Neuseeland und Australien überzeugt. Belege dafür hat er aber nicht. Dennoch soll Huawei auch in anderen Ländern verbannt werden. Als nächstes Land sollte Deutschland dem amerikanischen Vorbild folgen. Doch dort herrscht Skepsis gegenüber den Vorwürfen. Sie reichen nicht aus, um sich gegen den Partner aus Fernost zu entscheiden. 

Der chinesische Konzern soll seine Technologien als Trojanisches Pferd einschleusen, um Spionage in großem Stil im Ausland zu betreiben. So lautet zumindest der Vorwurf seitens der USA. Auch ohne Beweise warnen NSA, CIA und FBI vor der Nutzung der Huawei-Technologien. Bis heute bleibt dem von Ren Zhengfei gegründeten Unternehmen der US-Markt verwehrt. Die Provider weigern sich Huawei-Smartphones zu verkaufen. Ein Deal mit AT&T war kurz vor Abschluss Anfang 2018 geplatzt.

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Deutschland agiere mit seinem bedenkenlosen Umgang "gefährlich naiv", kritisiert etwa Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen. Aber was ist dran an den Befürchtungen?

Stärkung der eigenen Kompetenz

Nicht nur die deutsche Opposition kann sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass eine wichtige Infrastruktur in Deutschland mit Bausteinen aus der Volksrepublik China erstellt wird. Nadine Schön, stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion im Bundestag kritisierte, dass Deutschland beim Rollout der 5G-Technologie "offensichtlich überwiegend auf den chinesischen Partner Huawei" setzt - und plädierte für die Stärkung eigener Kompetenz bei der Entwicklung von Hard- und Software.

"Das ist ein schon lange schwelender Brand", sagt der Karlsruher Sicherheitsexperte Christoph Fischer. Das Problem betreffe allerdings längst nicht nur Huawei. Im Prinzip sei kein auf dem Markt aktiver Anbieter, ob nun aus China, Russland oder den USA, "absolut vertrauenswürdig", schätzt Fischer. Auch beim dem US-Netzwerkausrüster Cisco sei immer wieder vermutet worden, dass er bewusst Hintertüren in ihre Hard- und Software verbaue - wie zuletzt bei dem groß angelegten Lauschangriff des britischen Geheimdienstes auf den belgischen Provider Belgacom vor rund fünf Jahren.

Der US-Netzausrüster hatte sich selbst darüber empört, dass der US-Geheimdienst NSA Postsendungen von Cisco abgefangen und die enthaltenen Geräte manipuliert hatte. Das untergrabe das Vertrauen in die Industrie, beklagte Cisco im Mai 2014 nach den Veröffentlichungen des NSA-Whistleblowers Edward Snowden.

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Huawei gehört zu den erfolgreichsten Anbietern von Netzinfrastruktur und neuen Technologien aus China. Auch als Smartphone-Hersteller hat sich das Unternehmen - gestartet als Billig-Marke - in einem hart umkämpften Markt in wenigen Jahren einen Namen gemacht. Bei den Marktanteilen konnte Huawei längst Apple überholen. Die großen deutschen Netzbetreiber schätzen vor allem das Know-how der Chinesen. Und: Meist kann kaum ein anderer Anbieter - sei es Nokia, Cisco oder Ericsson - preislich mit Huawei gleichziehen.

Alternativen sind also rar gesät. Deutschland habe vor etwa fünfzehn Jahren "eine epochale Chance vertan", sagt Fischer. Damals habe es Bestrebungen gegeben, in einem europäischen Projekt auf Basis von Chips des Herstellers Infineon eigene Internet-Hardware zu entwickeln. Dem Projekt sei allerdings wegen Kompatibilitätsproblemen und der wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit "der Stöpsel gezogen" worden. Heute fehle Deutschland rund 10 bis 15 Jahre Entwicklungserfahrung - und der Zug sei damit abgefahren. "Wir befinden uns heute in einer Lage, in der wir nur zwischen Teufel und Beelzebub wählen können."

"Keine belastbaren Hinweise"

Die Deutsche Telekom hält die Spionage-Vorwürfe aus den USA aktuell für weitgehend unbegründet. Trotz intensiven Austauschs mit den zuständigen Behörden lägen "keine belastbaren Hinweise auf sicherheitskritische Eigenschaften von Komponenten einzelner Zulieferer vor", sagt Deutsche-Telekom-Manager Thomas Tschersich. Auch beim geplanten Ausbau setze die Telekom wie ehedem auf "eine gute Mischung an Herstellern", zudem würden alle Komponenten intensiv geprüft und im laufenden Betrieb analysiert. Leistungsstarke Zulieferer auszuschließen, könne man sich gerade in Deutschland nur schwer leisten, sagt Tschersich.

Vertrauen genießt Huawei in Deutschland aber selbst bei ausgewiesenen Sicherheitsspezialisten. Erst Mitte November eröffnete das deutsche Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik BSI gemeinsam mit dem Unternehmen ein "Security Lab" in Bonn. Das Labor soll auch eng mit deutschen Regierungs- und Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten. Ausdrücklich will das BSI auch beim Aufbau des 5G-Netzes mit dem chinesischen Hersteller zusammenarbeiten. BSI-Präsident Arne Schönbohm begrüßte die Zusammenarbeit ausdrücklich, "um die zukünftigen Herausforderungen der Cybersicherheit anzugehen".

Vor diesem Hintergrund steht der Verdacht im Raum, dass die Vorwürfe von US-Präsident Donald Trump nur als Teil des Handelskriegs mit China lanciert wurden. Aus Sicht von Huawei sind die amerikanischen Vorwürfe jedenfalls haltlos. Die von den USA auferlegten Handelsbeschränkungen sieht der Vorstandsvorsitzende von Huawei Technologies, Eric Xu, eindeutig als "politisch motiviert" an - und warnt vor negativen Folgen für Wettbewerb und Verbraucher. Ohne Huaweis Technologie-Know-how würden die USA wohl kaum "die Nummer eins der Welt in Sachen 5G werden können".

Quantencomputer um Verschlüsselung zu knacken

Dabei sei die 5G-Technologie schon vom Design her sicherer als ihr Vorgänger 4G, betont Xu. "Die Daten sind zum Beispiel so sicher verschlüsselt, dass Hacker einen Quantencomputer benötigen würden, um sich unerlaubt Zugriff zu verschaffen." Eine Einmischung der chinesischen Regierung schloss Xu aus.

Die Opposition im deutschen Bundestag überzeugen diese Argumente nicht: Die Regierung blende das "potenziell bestehende Gefährdungspotenzial" bisher "komplett" aus, sagt von Notz vergangene Woche dem "Tagesspiegel". Sie halte nicht einmal eine Prüfung für nötig und müsse sich den Vorwurf gefallen lassen, "die Sicherheit unserer digitalen Infrastrukturen bewusst zu gefährden".

Kritiker wie von Notz verweisen auf das in China geltende Recht. Das im Sommer 2017 in Kraft getretene Geheimdienstgesetz sieht unter anderem eine Auskunftspflicht für Unternehmen und Bürger gegenüber den Geheimdiensten vor. Ähnliche Befugnisse hätten allerdings auch die Geheimdienste in den USA, wendet Sicherheitsexperte Fischer ein. Wie lässt sich das Spionage-Risiko also am besten minimieren? Jetzt auf Router "Made in Europe" zu setzen, hält Fischer nicht für einen gangbaren Weg. Das Abhören durch Nachrichtendienste werde sich kaum vollständig verhindern lassen. "Man kann letztlich nur zur konsequenten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Kommunikation raten", sagt Fischer.

Die Situation in Österreich

In Österreich setzen A1 und T-Mobile auf die Sendestationen-Technologie von Huawei. Drei vertraut ebenfalls auf chinesische Hardware, aber von ZTE.

(bagre/APA/DPA)

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