Ein Fußballspiel für Fußballfans

Wer online spielt, kann sich auch David Beckham holen. Muss aber nicht sein.
Wer online spielt, kann sich auch David Beckham holen. Muss aber nicht sein.(c) Konami
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Wer die taktisch und spielerisch beste Fußballsimulation sucht, kommt an Pro Evolution Soccer nicht vorbei. Die Variante von 2019 ist ein Meisterstück – auch grafisch.

Auf den ersten Blick scheint es so, als würde es nur ein Fußballspiel für Konsolen und PC geben. Das trägt vier Buchstaben und kommt von einer in der Gamingwelt sehr umstrittenen Firma mit zwei Buchstaben. Unterm Weihnachtsbaum, auf YouTube und bei E-Sports ist dieses Spiel dominant. Aber nur dank eines gewaltigen Marketingbudgets. Denn wenn es um den Ball geht, um den Rasen, um den Kampf um jeden Zentimeter, dann ist das Match längst entschieden. Der Underdog mit den drei Buchstaben gewinnt: PES – Pro Evolution Soccer – stellt das andere Spiel Jahr für Jahr in den Schatten. Auch heuer wieder.

99 Prozent aller Berichte zu dieser Rivalität werden sich darauf konzentrieren, dass das Spiel mit den vier Buchstaben mehr Lizenzen von echten Teams, Ligen und Wettbewerben hat. Dass man von Haus aus auch die österreichische Bundesliga spielen kann und die deutsche. Das stimmt auch. Aber diese Dinge kann man bei PES, hinter dem das japanische Studio Konami steht, mit ein paar Handgriffen nachrüsten. Seit Jahren kümmert sich eine weltweite Community um die Nachbearbeitung von PES, damit auch die Logos passen. Und wem das nicht reicht, der kann sich seine eigenen Dressen und Logos und Ligen machen. Ja sogar die Spruchbänder in den Stadien kann man einstellen.

Aufpoliert. PES hat sich seine japanische Verspieltheit nie nehmen lassen. Aber heuer kam noch eine Prise Ernsthaftigkeit hinzu. PES 2019 ist das erste Spiel in dieser Reihe, das nicht auch für die letzte Konsolengeneration gemacht werden musste. Das Ergebnis ist grafisch eindrucksvoll und kann der großen Konkurrenz auch optisch locker das Wasser reichen.

Sobald der erste Ball gespielt wurde, ist PES sowieso haushoch überlegen. Die Ballphysik wurde nochmal verbessert und ist so realistisch wie nie zuvor. Auch die Tacklings und Dribbles sind verfeinert worden. Klar, die Tormänner machen ab und an grobe Fehler. Es ist auch viel zu leicht für einen Verteidiger, den Ball per Kopf zum eigenen Torhüter zu schicken.

Ja, die Flanken sind ein bisschen zu schwach, die Kopfbälle zu schwer. Aber diese Kleinigkeiten gibt es jedes Jahr. Irgendwo über- oder untertreibt Konami immer. Was sich nochmal verbessert hat, ist die Umsetzung der Spieler. Die Japaner stecken sehr viel Fleiß in die fußballerischen Fähigkeiten der Kicker. Ein Messi spielt wie Messi, ein Ronaldo wie Ronaldo. Aber auch ein Arnautović ist zu spüren. Das mag verrückt klingen – aber man kann es erleben. Dafür war PES immer schon bekannt und die Variante 2019 ist wohl die beste bisher. Außerhalb des Platzes wird die Sache leider ein bisschen chaotisch. Es gibt eine Fülle von Spielmodi, die allesamt mehr Aufmerksamkeit brauchen würden. Meisterliga ist ein One-Player-Offline-Bewerb.


Aufgezwungen. MyClub ist der Onlinewettbewerb, mit dem Konami Geld verdienen will. Divisionen heißt der Bereich für die E-Sportler, die mit ihren Skills Pokale gewinnen wollen. Die Inflation an Modi passt aber gar nicht zu PES, sie wurde aufgezwungen. Von der Konkurrenz, vom Internet.

Im Herzen ist PES das geblieben, was alle Fußballspiele für den Computer einmal waren: Eine Gelegenheit, sich mit Freunden zusammenzusetzen, seine Skills zu messen, sich zu freuen, wenn man gewinnt, und sich zu ärgern, wenn man verliert. Dazu kommt eine große taktische Tiefe. Das macht PES zum Fußballspiel der Fußballfans.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.12.2018)

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