Überwachung

Deutsche Justizminister verlangen Sicherheitslücken in 5G

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Der neue Mobilfunkstandard ist nicht nur schnell, sondern auch sicher. Ein Novum, dass die Justizminister per Beschluss ändern wollen. Abhöraktionen seien mit 5G nämlich nicht mehr so leicht möglich.

Der neue Mobilfunkstandard 5G ist auf dem Weg Realität zu werden. Er ist schneller und ermöglicht der Wirtschaft viele neue Möglichkeiten, wenn es um Echtzeit-Datentransfer geht. Doch den deutschen Justizministern ist ein Aspekt des Standards ein Dorn im Auge: die Sicherheit. Denn mit 5G sei die Überwachung nicht mehr so leicht möglich. Und das soll per Beschluss geändert werden.

Konkret heißt es, dass die Anbieter der 5G-Netze technisch in der Lage und rechtlich verpflichtet sind, die TKÜ-Daten (Telekommunikationsüberwachung) den Ermittlungsbehörden in gleichem Umfang und in gleicher technischer Qualität wie bisher zur Verfügung zu stellen". Der Beschlussvorschlag wird am Mittwoch in der Frühjahrskonferenz eingereicht. Die Justizministerin wird laut Spiegel-Bericht dazu angehalten, die ausstehenden technischen Spezifikationen den "Anforderungen der Strafverfolgung" zu berücksichtigen.

Ein derartiger Vorstoß kommt nicht überraschend. Seit Jahren wird moniert, dass mit der Einführung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung die Überwachung von Messengern nicht mehr möglich ist. Hunderte Millionen Euro Budget wurden in den letzten Jahren zum Entschlüsseln von WhatsApp-Nachrichten freigegeben. Ohne Erfolg.

Nun soll bei 5G schon vorab die Totalüberwachung ermöglicht werden. Ansonsten wäre eine Überwachung nur dann möglich, wenn die Endgeräte mit einem Staatstrojaner gehackt werden. Zudem fordern die Justizminister, dass Änderungen im Telekommunikationsgesetz, im Telemediengesetz und in der Strafprozessordnung vorgenommen werden, sofern diese zur 5G-Überwachung notwendig wären.

Neben der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung wird kritisiert, dass IMSI-Catcher wirkungslos würden. Diese Catcher simulieren eine starke Basisstation beziehungsweise Funkzelle. Alle sich im Umfeld befindlichen Mobilfunkgeräte wählen sich dort dann automatisch ein. Dabei geben die Geräte ihre IMSI-Nummer (International Mobile Subcscriber Identity) preis. Diese Nummer ist eine auf der SIM-Karte gespeichert.

Die in 5G vorgesehene Authentifizerung würde den IMSI-Catcher als das erkennen was es ist. Eine gefälschte Funkzelle. Woraufhin sich die Geräte dort nicht einbuchen. Für die Justizminster ebenfalls ein Rückschlag sei, dass die IMSI-Nummer grundsätzlich in 5G verschlüsselt übertragen werden soll. Damit kann diese nicht mehr an der Basisstation entziffert werden, jedoch aber beim jeweiligen Mobilfunkbetreiber.

Die Ironie der Sache

Auch die Abhöraktionen werden durch 5G massiv erschwert. Darunter das Network Slicing. Dabei wird das Netz in viele virtuelle aufgeteilt. Damit wird möglich, dass Geräte direkt miteinander kommunizieren. Gespräche laufen dann direkt und nicht über zentrale Server eines Providers. Und dort sitzen aber die Abhörschnittstellen der Polizei.

Nach dem Treffen der Justizminister treffen sich die Innenminister in Deutschland. Die Beschlussvorschläge ähneln sich, denn auch die Innenminister fordern eine Harmonisierung "in Bezug auf die Sicherheitsregulierung".

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Deutschland nun selbst Sicherheitslücken fordert, um eine Massenüberwachung zu ermöglichen. Nachdem seit Monaten über die Gefahren einer Beteiligung Huaweis am 5G-Ausbau diskutiert wird. Huawei wird vorgeworfen, absichtlich Schwachstellen in ihre Netzwerke einzubauen und gar der chinesischen Regierung Kontrolle über einen möglichen "Kill Switch" zu geben, um ein Land wie Deutschland komplett vom Internet zu trennen. Selbst fordern die Justizminister aber ähnliche Schwachstellen und wollen sie in den Gesetzen verankert wissen. Womit sie selbst anderen Ländern und Geheimdiensten die Möglichkeit der Überwachung bieten.

>>> Spiegel

(bagre)

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