Wenn Energydrinks nicht reichen

Messe gamescom f�r Computerspiele und interaktive Unterhaltungssoftware am 6 August 2015 in K�ln Te
Messe gamescom f�r Computerspiele und interaktive Unterhaltungssoftware am 6 August 2015 in K�ln Te(c) imago/Manngold (imago stock&people)
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Der noch relativ junge E-Gaming-Sport hat zurzeit an vielen Fronten zu kämpfen. Analoges, aber auch digitales Doping sind aktuelle Brandherde für die Organisatoren.

Dopingskandale, Blutkontrollen und gesperrte Spieler verbindet man im ersten Moment mit dem Radsport und zum Teil auch anderen Sportarten. Doch auch der E-Gaming-Bereich ist davon massiv betroffen.

Das Thema des Missbrauchs von chemischen „Konzentrationshilfen“ schwebte lange Zeit wie ein Damoklesschwert über der Szene. Das Schweigen durchbrach schließlich der Spieler Semphis auf Youtube. Zu Beginn sprach er nur über die Probleme mit seinem ehemaligen Team bei einem Turnier. Das Video endete aber mit einem Geständnis, das die ganze Branche betrifft. „Weißt du was? Ist mir jetzt scheißegal, wir waren alle auf Adderall“, erklärte Semphis.

Bei Adderall handelt es sich um ein Medikament, das vorrangig bei der Therapie von Personen mit ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) eingesetzt wird. Auch Models und Schauspieler setzen an langen Arbeitstagen auf die Tabletten. Sie hemmen den Appetit und helfen, sich länger konzentrieren zu können. Ein Punkt, der vor allem bei großen Videospielturnieren die größte Herausforderung darstellt. Immerhin lastet ein großer Druck auf den professionellen Spielern: Es geht es mittlerweile nicht nur um Sponsoren, sondern auch um mehrere hunderttausend Euro Preisgelder.

Dopingkontrollen. Das Geständnis von Semphis sorgte in der E-Gaming-Welt für großes Aufsehen und führte bei den Betreibern der ESL One Cologne zu der Entscheidung, dass erstmals in der Geschichte des noch relativ jungen Sports Dopingkontrollen durchgeführt wurden. Doch es ist nicht das einzige Problem, mit dem die Branche derzeit zu kämpfen hat.

Die Spieler pushen sich nicht nur mit Medikamenten zur Höchstleistung, sondern setzen dafür auch unerlaubte Software ein − sogenannte Cheats. Besonders in der Counterstrike-Szene werden diese häufig verwendet. Diese unerlaubten Hilfsmittel helfen nicht nur dabei, genauer zu zielen, sondern zeigen auch versteckte Gegner an. Was zu Beginn lediglich ein Spaß für eine kleine, eingeschworene Community war, ist mittlerweile ein riesiger Schwarzmarkt.

Auf Plattformen und in Foren werden zahlreiche Kontakte angeboten. Mehr als eine E-Mail-Adresse bekommt man in den meisten Fällen nicht, und man läuft auch Gefahr, betrogen zu werden. Verläuft ein Geschäft ordnungsgemäß, bekommt der Spieler die gewünschten Codezeilen zugeschickt, die er vor dem Start in das Spiel integrieren muss. Genaue Anleitungen lassen sich im Internet leicht aufspüren. Für die Code-Lieferanten meist ein gutes Geschäft, denn mittlerweile verlangt man Preisgeldbeteiligungen. Bezahlt wird anonym, meist über Paysafecard, wodurch der Geldtransfer sich nur schwer nachweisen lässt.

Kampf gegen Cheats. Die einzelnen Verbände beziehungsweise Ligen versuchen schon seit einiger Zeit, diesem grassierenden Problem Herr zu werden. Gelungen ist es ihnen aber noch nicht. Denn statt die bekannten Lücken in den Spielen zu schließen, durch die diese Cheats überhaupt ermöglicht werden, sucht man mithilfe eines Programms während der Spiele nach auffälligen Prozessoraktivitäten und überprüft Datenwerte. Zur Analyse werden sie verschlüsselt an die ESL geschickt. Wird man fündig, droht dem entlarvten Spieler allerdings eine Sperre von bis zu zwei Jahren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2015)

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