Internet: Heute im Auto, morgen überall

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Das Internet fährt schon im Auto mit, bald verwischt es mit vernetzten Alltagsgegenständen als "Outernet" die Grenze zwischen virtueller und realer Welt.

Das Auto ist drauf und dran, ein Upgrade vom Mobilitätswerkzeug zur individuell abgestimmten Kommunikationszentrale zu erfahren. BMW lässt bei Google Earth suchen, Toyota verlinkt im Yaris optional das Navi mit Google Maps, und Volvo stellt demnächst Informations-, Navigations- und Unterhaltungsdienste bereit, die Fahrer und Passagiere als Cloud-Service via Bildschirm nutzen können. „Immer mehr Menschen verbringen sehr viel Zeit im Auto. Ohne Mobilfunk, E-Mail, Internet & Co. geht längst nichts mehr“, sagt Peter Häußermann, bei Daimler für die Bereiche Elektrik, Elektronik und Telematik verantwortlich. Mobile Vernetzung im Auto heißt auch bei Mercedes-Benz, mit Apple, LinkedIn, Google oder Facebook das Who's who der Web-Gesellschaft ins Fahrzeug zu bringen – mit dem Smartphone als Schnittstelle zwischen Auto und Internet. Dass die Systeme reibungslos kommunizieren, dafür soll ab 2013 die Near Field Communication (NFC) sorgen. Das Handy wird dabei nahe an das Gegengerät am Armaturenbrett gehalten, um – mit bis zu 424 kBit/s – den Datenaustausch in Gang zu bringen. Die Interaktion mit den Telematik- und Infotainment-Systemen erfolgt dann auf dem bequemst möglichen Weg – mittels Sprachsteuerung.

„Supersmartes Leben“

Internet im Auto ist für den amerikanischen Futurologen Neil Hammond nur eines von zahllosen Beispielen für die unausweichlich voranschreitende Vernetzung der Welt. „Unsere Generation steht auf der Schwelle zu einem supersmarten Leben“, bringt Hammond, Mitglied der World Innovation Foundation und Bestsellerautor (u.a. „The World in 2030“), auf den Punkt, was uns schon bald erwartet. „In wenigen Jahren werden wir nicht mehr unbedingt eine Suchmaschine auf unserem PC, Tablet oder Smartphone benötigen, um Informationen einzuholen: Nahezu jedes Objekt unserer Umgebung wird entweder verlinkt sein oder seine Information in simpel ablesbarer Form zur Schau tragen“, so Hammond. Wer etwa zu Hause Probleme mit der Wasser- oder Stromversorgung hat, braucht nicht mehr den Installateur oder Elektriker zu rufen. Die mit smarten Sensoren ausgestatteten Leitungen haben nämlich den Schaden bereits an den Hersteller geleitet, die Reparatur ist digital in Gang gesetzt. Wer wiederum beim Hauskauf Informationen über die Beschaffenheit eines Gebäudes einholen will, zeigt mit dem Finger auf die Hauswand, die zum Bildschirm mutiert und Informationen über Gebäudealter, Nettowohnfläche oder Energieeffizienzwerte preisgibt. Hammond: „Die smarte Welt von morgen ist eine mit uns interagierende Welt.“

Die Verschmelzung des Realen und des Virtuellen ist nicht mehr aufzuhalten. Davon ist Nils Müller, Gründer und Geschäftsführer der auf die Analyse von medialen Schlüsseltechnologien spezialisierten Trendone-Gesellschaft, überzeugt: „Die mobile Nutzung des Internets erlaubt es, jederzeit an jedem Ort jeden Gegenstand mithilfe von RFID-Funketiketten kommunikationsfähig zu machen.“

Stau? Auto verschiebt Termin

„In Zukunft weiß beispielsweise mein Auto, wer und wo ich bin, wie mein Kalender aussieht und ob es aufgrund der Verkehrslage realistisch ist, dass ich den nächsten Termin einhalten kann. Im Fall einer Verspätung wird es sich mit meinem Smartphone verbinden und diese ankündigen.“ Das „Outernet“, das digitale Medien weg vom Monitor hinein in die reale Welt exportiert, hat laut Müller noch ganz andere Facetten zu bieten als telefonierende Autos. Beispielsweise Kontaktlinsen mit eingebauter Gesichtserkennung, mit denen die Gesichter zunächst gescannt und mit Fotos in Facebook abgeglichen werden, um danach dem Träger der Kontaktlinsen den Namen der Person und weitere Informationen einzublenden. Ferne Zukunftsvision? „Keineswegs. Die Kontaktlinsen existieren bereits als Prototyp eines schwedischen Unternehmens. Ein Beweis dafür, dass vieles, was nach Science-Fiction klingt, heute schon mehr Wissenschaft als Fiktion ist“, so Müller, der das Outernet mit seinen intelligent gemachten Objekten nur als Zwischenschritt in der digitalen Evolution sieht: „2030 werden wir in direkter Cloud-Vernetzung Computer mit Gedanken steuern können.“ Bis dahin ist vielleicht auch das Problem gelöst, die exponentiell steigenden Datenmengen in der entsprechenden Geschwindigkeit zu übertragen – mittels Quantenbits, die mehr als zwei Zustände annehmen können.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2013)

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