Blackberry: „Es war manchmal wirklich hart“

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Firmenchef Thorsten Heins erklärt, warum der neue Blackberry keine Tastatur hat, wie man wieder erfolgreich sein will und warum seine Kinder kein iPhone möchten.

Die Presse: Das eine Feature, das Blackberry von allen anderen Handyherstellern der Welt unterscheidet, ist die Tastatur. Und jetzt stellen Sie als neuestes Handy ausgerechnet ein Touchscreen-Gerät vor, wie es jeder andere Hersteller auch hat. Das ist etwas irritierend.

Thorsten Heins: Dieses Handy haben andere Hersteller eben nicht. Wir haben gewusst, wie wichtig die Tastatur für unsere Kunden ist, deshalb haben wir auch extrem viel Entwicklungsaufwand hineingesteckt. Der neue Blackberry lernt, was und wie Sie schreiben, und schlägt Ihnen während des Tippens schon Wörter vor. Wir nennen das Schreiben ohne Tippen. Das kann niemand.

Und das Feature allein wird genügen, um die alten Blackberry-Kunden zu halten und neue Kunden zu gewinnen?

Die ersten Verkaufszahlen sind sehr positiv. Es ist ja nicht nur die Tastatur, die uns von anderen unterscheidet, es ist auch der Hub, in dem alle Nachrichten zusammenkommen – E-Mail, SMS, Twitter, Facebook, Kalender. Alles ist verknüpft und fließt zusammen. Man ist mit diesem Handy enorm produktiv.

Blackberry hat das Image des Managerhandys, ein Gerät zum Arbeiten, aber kein Spielzeug wie das iPhone. Verabschiedet man sich davon?

Ein Blackberry soll auch Spaß machen, deshalb haben wir die Trennung von Beruf und Privat auf dem Handy verwirklicht, deshalb auch der Touchscreen. Alle Consumer-Geräte haben einen Touchscreen, und um in den Trend reinzukommen, mussten wir dieses Handy als Erstes machen.

Es gibt das iPhone, Android, Nokia versucht mit Windows einen Neuanfang. Wer braucht da noch Blackberry?

Wir haben 79 Millionen Kunden da draußen, von Windows 8 habe ich diese Zahl nicht gehört. Wir haben den Vorteil, dass wir eine Basis haben, die auch Appetit auf etwas Neues hat. Die sind sehr interessiert an den neuen Geräten. Ist Platz für das, was wir anbieten? Durchaus.

Die Märkte sind weniger zuversichtlich. An dem Tag, als Sie Ende Jänner die neuen Geräte präsentiert haben, ist der Aktienkurs an der Wall Street verfallen. Den Tag schloss Blackberry mit einem Minus von sieben Prozent ab.

Ich habe mir abgewöhnt, eine Korrelation herzustellen zwischen dem, was an einem Tag passiert, und dem Aktienkurs. Sich den Kurs täglich oder stündlich anzuschauen, ist nicht sinnvoll. Unsere Investoren sind an langfristiger Performance interessiert, und Performance müssen wir jetzt zeigen.

Michael Dell nimmt gerade sein Unternehmen von der Börse, um es ohne Druck führen und sanieren zu können. Ist das auch eine Möglichkeit für Blackberry?

Es stehen einem immer alle Möglichkeiten offen und man ist heute durchaus in der Lage, viel Kapital aufzubringen, um solche Transaktionen zu realisieren. Bei uns steht das aber nicht auf der Agenda. Wir wollen jetzt wieder ein starker Marktteilnehmer werden, das ist unser Ziel.

Es war ja nicht nur die Börse, man hat Blackberry auch totgeredet im vergangenen Jahr. Gab es Momente, wo Sie am Weitermachen gezweifelt haben?

Es war manchmal wirklich hart. Man hat Berichte über uns mit Grabsteinen illustriert. Das hat mir vor allem wegen meiner Leute und deren Familien leidgetan.

In welchen Ländern wird sich die Zukunft von Blackberry entscheiden? Sie sind in Asien sehr stark, Europa ist okay, die USA sind ein großes Problem.

Das ist völlig richtig. Die USA sind sehr schnell zu den Touchscreens und auch zu Onlinevideos gegangen, und da kamen wir mit der Tastatur und dem kleineren Bildschirm nicht mit. Es hat für uns eine Zeit gedauert, uns anzupassen. Deshalb müssen wir hart arbeiten, um in den USA wieder Marktanteile zurückzugewinnen.

Kann man ohne die USA überhaupt erfolgreich sein?

Durchaus. Wir sind trotz der Verluste in den USA recht gut durch das Jahr gekommen. In Asien sind wir sehr verbreitet, dort werden unsere Geräte für Mikrogeschäfte verwendet, da gibt es etwa Blackberry-Money: Man lädt sich am Bankomat Geld auf das Handy und kann dann über den Blackberry-Messenger bezahlen. Das ist für die Mikroökonomie, die dort gerade entsteht, enorm wichtig – und das macht uns zu einem essenziellen Werkzeug.

Blackberry besteht eigentlich aus drei Unternehmen: dem Software-Bereich, dem Hardware-Bereich und der weltweiten Server-Infrastruktur. Wenn es dem Unternehmen nicht besser geht, von welchem Bereich könnte man sich trennen, um einen anderen weiterführen zu können?

Wenn das schiefgehen sollte, was ich wirklich nicht glaube, dann ist nach wie vor Wert in der Firma, den man auflösen, verteilen, verkaufen, neu zusammenstellen kann. Da müsste man überlegen, was man mit den Werten macht – dem globalen Datennetz, der Plattform, den Geräten –, die man geschaffen hat, in Kombination mit wem sind die sinnvoll. Aber das ist alles spekulativ.

Ein Hindernis für Konsumenten ist die Gebühr, die man für die Blackberry-Dienste zusätzlich bezahlen muss. In Österreich sind das zwischen zwei und fünf Euro pro Monat. Wird die bleiben?

Für Blackberry bis zur Version sieben auf jeden Fall, weil bei den Handys unser Netz benutzt wird. Mit dem neuen Blackberry werden wir das anders machen: Wer den normalen Zugang zum Internet und zu E-Mails will, der bezahlt nichts. Wenn man aber zum Beispiel mehr Sicherheit will, wenn man spezielle Funktionen von uns haben will, dann werden gestaffelt Gebühren fällig werden.

Ab wann ist Blackberry 10 für Sie ein Erfolg? Welche Marktanteile wollen Sie damit erreichen?

Wir haben ganz konkrete Zahlen pro Region und pro Land, die werde ich Ihnen aber jetzt nicht sagen. Wir wollen natürlich in den USA Marktanteile zurückgewinnen, wir wollen in China breit Fuß fassen, in Europa wollen wir halten und ausbauen. Blackberry geht noch immer durch eine Transformation.

Wie viel Zeit gibt man sich dafür?

Wir geben uns drei Jahre, bis wir das ganze Thema – Blackberry 10, die App-Plattform, mobile computing – so weit etabliert haben, dass wir sagen können, das passt. Das heißt nicht, dass ich uns drei Jahre gebe, wieder profitabel zu sein. Das muss früher passieren.

Sie haben zwei Kinder. Wie oft pro Woche raunzen die eigentlich, weil sie sich kein iPhone kaufen dürfen?

(Lacht.) Überhaupt nicht. Sie sind mit dem Blackberry sehr zufrieden. Wir nutzen beispielsweise den Blackberry Messenger, um über Video in Kontakt zu bleiben. Wir brauchen kein iPhone.

Zur Person

Thorsten Heins ist seit Jänner 2012 Chef des kanadischen Unter-nehmens Blackberry. Der gebürtige Deutsche studierte Informatik und Physik an der Universität Hannover und begann nach 13 Jahren bei Siemens 2007 als zuständiger Vizechef für Geschäftskunden bei Blackberry. Der 55-Jährige ist verheiratet und hat zwei Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2013)

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