Googles Project Ara in der Endlosschleife gefangen?

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Vor drei Jahren wurde Project Ara offiziell als "the next big thing" am Smartphone-Markt vorgestellt. Seitdem gab es zwar Fortschritte, aber umso mehr Rückschläge.

Das Jahr hat für das Team rund um Project Ara vielversprechend begonnen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Präsentation des ersten Prototypen Anfang 2014 ging vieles schief. Doch dann die überraschende Ankündigung: Der Verkauf der modularen Smartphones werde 2015 in Puerto Rico starten. Aber daraus wird nichts. Der für Herbst angesetzte Testlauf in Puerto Rico wurde überraschend abgesagt. Erst einige Tage später erklärte Google, dass man zu viele Rückschläge erlitten hätte, weswegen man den anvisierten Termin nicht halten könne.

Irgendwann 2016 soll es dann doch so weit sein. Aber nicht mehr in Puerto Rico, sondern in den USA und hier auch nur in ausgewählten Bundesstaaten. Der komplette Richtungswechsel bei Project Ara kommt nur eine Woche, nachdem Larry Page bekannt gegeben hat, dass künftig einzelne Unternehmensbereiche zusammengeführt und in eigene Firmen gegliedert werden, welche künftig alle unter der Dachgesellschaft Alphabet geführt werden.

Ein Start mit Fehlzündungen

Dabei hatte es auf der diesjährigen Entwicklerkonferenz den Anschein, dass das Google-Team auf dem richtigen Weg ist. Die Funktionsweise: Ein Endoskelett, das aus Aluminium besteht und zum Start in drei verschiedenen Größen angeboten werden soll, bietet Platz für verschiedene Module. Über starke elektropermanente Magnete sollen diese dann auch auf ihrem vorgesehenen Platz haften bleiben.

Auf der Entwicklerkonferenz Google I/O wurde im Mai dieses Jahres erstmals ein funktionierender Prototyp vorgestellt, dessen Module sich im laufenden Betrieb austauschen ließen. Will man also während eines Spaziergangs Fotos machen und hat aber nur eine Vier-Megapixel-Kamera angesteckt, kann man ohne große Umstände eine 20-Megapixel-Kamera stattdessen anstecken. Lediglich der Prozessorkern und das Display werden sich nicht einfach so im laufenden Betrieb tauschen lassen.

Hat Google zu früh Project Ara vorgestellt?

Das Projekt wird seit der offiziellen Vorstellung als the next big thing gehandelt. Und dass es den Markt tatsächlich revolutionieren könnte, ist nicht abwegig. Nutzern bliebe es künftig selbst überlassen, wie viel Geld sie in ein Gerät investieren wollen. Der modulare Aufbau ermöglicht zudem Geräte in allen Preisklassen: von medizinischen Spezial-Smartphones bis hin zu billigen Geräten für Entwicklungsländer.

Außerdem kann Ara einfach repariert werden – wenn zum Beispiel das Display bricht, kann es der Nutzer selbst austauschen. Ebenfalls werden durch den Aufbau Upgrades, etwa auf einen stärkeren Akku oder einen neueren Prozessor, einfach möglich. Zudem wären Kunden nicht mehr an einzelne Hersteller gebunden, sondern könnten aus einer Vielzahl an Modul-Anbietern auswählen.
An einer zu kleinen Käuferschicht kann es also nicht liegen. Doch Google hat nicht zum ersten Mal in einer sehr frühen Entwicklungsphase ein neues Projekt vorgestellt. Auch die Datenbrille Google Glass wurde lang vor ihrer Fertigstellung demonstriert. Ein Fehler, wie sich später herausstellte, denn dieses Projekt floppte noch vor dem Start.

Das Unternehmen läuft mit Project Ara Gefahr, dass sich die Geschichte wiederholen könnte. Die Konkurrenz schläft nämlich nicht. Das noch junge niederländische Unternehmen Fairphone hat kürzlich sein zweites Smartphone vorgestellt, das nicht nur durch eine bessere technische Ausstattung besticht, sondern durch seine Ähnlichkeiten zu Googles Projekt. Denn beim Fairphone?2 können einzelne Module bei Bedarf getauscht werden. Bei Fairphone steht eine „längere Lebensdauer und einfache Reparierbarkeit“ im Fokus. Geräte sollen nicht nach (maximal) zwei Jahren ihr Haltbarkeitsdatum überschritten haben und auf dem Müll landen.

Das Display, die Kamera und auch der USB-Port lassen sich mit ein paar Handgriffen tauschen. Eine teure Reparatur beziehungsweise der Austausch des gesamten Geräts ist damit nicht mehr notwendig. Die Komponenten sind via Fairphone erhältlich.

Die Konkurrenz auf der Überholspur

Das niederländische Unternehmen will damit seine Kunden dazu ermuntern, Reparaturen selbst vorzunehmen. Dabei erlischt dann aber nicht der Garantieanspruch, wie es bei anderen Herstellern der Fall ist. Aber man soll auch die Möglichkeit haben, sein Handy jederzeit nachzubessern.

Damit erweitert Fairphone sein eigenes Ziel einer faireren Wirtschaft um einen weiteren Punkt, nämlich um den Aspekt der Reduzierung von Handyschrott: „Seit der Gründung im Jahr 2013 hat Fairphone 60.000 Geräte an Kunden verkauft, die mit ihren Kaufentscheidungen einen Beitrag zu einer faireren Wirtschaft leisten wollen. Dadurch konnte Fairphone positiv auf viele Bereiche in der Wertschöpfungskette einwirken, wie dem Bergbau, Design, Produktion und Lebenszyklus.“ Statt sich ein neues Gerät zuzulegen, kann dieses zum Teil nachgerüstet werden.
Im Gegensatz zu Project Ara ist das Fairphone 2 ab Herbst verfügbar und kann regulär erstanden werden. Und man kann davon ausgehen, dass der niederländische Hersteller nicht das einzige Unternehmen sein wird, das mit ähnlichen Produkten auf den Markt drängen wird.

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