Wifo-Chef Aiginger: "Digitalisierung ist gestaltbar"

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Die Digitalisierung wird die Arbeitswelt und die Gesellschaft verändern. Investitionen in die nötige Infrastruktur sind längst an der Zeit. Die Ausschüttung der Breitbandmilliarde lässt immer noch auf sich warten.

„Breitbandausbau schafft Wachstum und Arbeitsplätze und sichert die wirtschaftliche Attraktivität, auch im ländlichen Raum", erklärt A1-CEO Margarete Schramböck. Eine sehr vielbemühte Phrase, auch wenn die A1-Chefin noch gar nicht so lange im Amt ist. Seit Jahren appellieren die österreichischen Mobilfunkprovider an die Bundesregierung, dass der Breitbandausbau eine wichtige, wenn nicht sogar die wichtigste Säule im Erhalt und Ausbau des Wirtschaftsstandortes Österreich ist. Ein Flehen, das nicht erhört wurde. Die Digitalisierung der Welt schreitet voran und Österreich gerät ins Hintertreffen. Im internationalen und europäischen Vergleich ist Österreich bestenfalls Durchschnitt. Das belegt eine von A1 in Auftrag gegebene Studie am Wifo.

Seit drei Jahren verspricht die Regierung die Ausschüttung der Breitband-Milliarde. Diesen Sommer gab es die langersehnten Ausschreibungen. Immerhin mussten sich in dieser Zeit auch drei neue Minister in die Materie einarbeiten. Doris Bures folte 2014 Alois Stöger nach, danach Gerald Klug und seit Mai 2016 ist Jörg Leichtfried im Amt.

Die Breitband-Milliarde des Infrastrukturministeriums, die sich derzeit in der Ausschreibungsphase befindet, könnte laut einer Wifo-Studie bis zu 1,2 Mrd. Euro an verbundener Wertschöpfung bringen und 14.700 Beschäftigte auslasten. Der Anstieg des Beschäftigungsanteils IKT-intensiver Sektoren um 1 Prozentpunkt ergebe ein zusätzliches regionales Beschäftigungswachstum von 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte.

Auswirkungen der Digitalisierung ein "komplexes Thema"

Die Auswirkung der Digitalisierung auf die Arbeitswelt sei ein sehr komplexes Thema, betonte Wifo-Experte für Industrieökonomie und Innovation, Michael Peneder, Koordinator der im Auftrag der A1 Telekom Austria erstellten Studie "Österreich im Wandel der Digitalisierung", beim Pressegespräch in Wien.

Generell bestehe die Tendenz, die volkswirtschaftlichen Effekte neuer technologischer Möglichkeiten kurzfristig zu über- und langfristig zu unterschätzen. "Die Diskussion pendelt zwischen Euphorie und Ängsten", so Peneder.

Bestehende Berufe würden durch Automatisierung in der Regel nicht obsolet, aber innerhalb der Berufe würden sich die Arbeitsinhalte zu Nicht-Routinetätigkeiten verschieben, während manuelle Routinetätigkeiten weiter unter Druck geraten werden. Die aus den USA stammende "Polarisierungshypothese", wonach die Automatisierung kognitiver Routinetätigkeiten zunehmend Beschäftigung mit mittlerer Qualifikation ersetzt, finde in Österreich bisher keine Bestätigung.

Veränderung erkennen und beeinflussen

Die Studie bringt erstmals Daten und Zahlen für Österreich, aber es ist ein Blick in die Glaskugel. Ein genaues Vorhersehen der Auswirkungen der Digitalisierung ist unmöglich. Klar ist, dass der Arbeitsmarkt sich wandeln wird und all jene Arbeitsplätze, die sich automatisieren lassen, auch durch Roboter und Maschinen ersetzt werden. Im Gespräch mit "Die Presse" erklärte Oliver Gassmann, Professor an der Universität St. Gallen und Vorsitzender des Institut für Technologiemanagement, dass Unternehmen noch nicht auf den Wandel vorbereitet sind. Dieser sei aber unaufhaltsam.

Wifo-Chef Karl Aiginger betonte, dass die mit der Digitalisierung einhergehenden Änderungen nicht abrupt eintreten würden und gestaltbar seien, besonders die gesellschaftlichen Auswirkungen. Digitalisierung könne gesellschaftliche Probleme verschärfen - aber auch lösen. Sie könne zu verstärkter Überwachung und Kontrolle führen, was aber sowohl positiv als auch negativ sein könne. Aiginger geht davon aus, dass die hervorgerufenen Veränderungen groß sein werden und Auswirkungen auf die Ungleichheit in der Bevölkerung ("Digital Divide") und die Arbeitswelt haben, wobei der Netto-Beschäftigungseffekt - also, ob mehr Jobs verschwinden oder mehr entstehen - derzeit noch unklar sei.

Auf der digitalen Welle "surfen oder untergehen"

Nikolaus Kawka, Geschäftsführer von Zühlke Engineering Austria, ist im Gespräch mit "Die Presse" ebenfalls der Meinung, dass „die Industrie 4.0, die auch das Internet der Dinge maßgeblich umfasst, wie eine Welle auf uns zurollt. Nun ist die große Frage, ob wir (Gesellschaft, Politik und Wirtschaft, Anm.) darauf surfen oder untergehen werden.“

Der Studie des WiFo zufolge hat Österreich bereits vor einigen Jahren den Anschluss verpasst. Es gilt diese Zeit jetzt aufzuholen und zu reagieren.

(bagre/APA)

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