Die nächste Stufe des Streaming?

Der Streaming- Dienst Tidal nutzt als erster das von Meridian Audio entwickelte MQA.
Der Streaming- Dienst Tidal nutzt als erster das von Meridian Audio entwickelte MQA.(c) Meridian Audio
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Die Musikplattform Tidal hat Streaming in Hi-Res gestartet. Grundlage ist ein Format namens MQA, das die Kluft zwischen MP3-Nutzer und Klang-Puristen kitten könnte.

Zwei Trends bestimmen die digitale Musikwelt: Streaming als Massenphänomen und Hi-Res in der audiophilen Nische. Hi-Res, also mehr Musikinformation als die CD, braucht größere Files und höhere Bandbreite, daher hieß es „entweder - oder“ – bis jetzt. Schon seit längerem steht aber ein Format namens MQA bereit, das Hi-Res-Daten in Filegrößen unterbringt, wie sie sonst nur für normale CD-Qualität reichen. In CD-Qualität wird bereits gestreamt, und ein wichtiger Anbieter, Tidal bietet nun mittels MQA auch Hi-Res-Streams an. Derzeit stehen via Tidal HiFi (20 Euro/Monat) rund 500 „Tidal Masters“ Alben zur Verfügung. Damit ist das in Insiderkreisen mit vielen (Vorschuss-)Lorbeeren bedachte Format erstmals einem größeren Kundenkreis zugänglich.

Was kann MQA genau? Hier wird es kurz kompliziert. MQA ist nämlich kein neuer „Container“, sondern eine spezielle Art, Audiodaten in gängige verlustlose Formate wie FLAC, ALAC (nicht MP3) zu packen. Die zusätzliche Information, die etwa ein 96kHz/24 Bit codiertes Musikstück enthält, wird an jene Stellen des 44kHz/16Bit-Files geschrieben, die sonst nur Rauschen beinhalten würden, und beim Abspielen wieder „entfaltet“. Zählt man Bits, ist MQA „lossy“. Das wollen die MQA-Erfinder so nicht stehen lassen. Aufwendige Algorithmen analysieren die Musik, sodass keine relevante Information verloren geht, so ihre Sicht. „MQA ist kein Codec, sondern eine Philosophie“, sagt Meridian Audio-Boss und MQA-Miterfinder Bob Stuart auf computeraudiophile.com. Zu dieser Philosophie gehört, die gesamte Kette, vor allem die Umwandlung analog-digital-analog, zu betrachten und die Charakteristika der beteiligten Wandler mit zu codieren.

Für den User heißt das unter dem Strich nicht nur kleinere Datenmengen die Hi-Res-Streamen mit üblicher (guter) Mobilfunkverbindung ermöglichen, sondern auf Grund der besagten „End-to-End-Codierung“ auch ein Musikerlebnis, dass noch lebendiger sein soll als nicht MQA-codierte Musik.


Spielt auch auf alten Playern. Was MQA noch attraktiv macht: Es ist abwärtskompatibel. Versteht der Decoder kein MQA, so wird das File in CD-Qualität ausgelesen. MQA-Daten können also mit jedem Gerät abgespielt werden, das die jeweiligen Grundformate (FLAC, ALAC,...) versteht Nur um in den Genuss des Hi-Res-Anteils zu kommen, braucht man MQA-zertifizierte Hard- oder Software. Neben der Tidal PC-App sind derzeit unter anderem D/A-Wandler von Meridian, portable Player von Onkyo oder Pioneer, sowie die Multiroom-Streamer von Bluesound MQA-tauglich. Weitere Hersteller haben Updates angekündigt.

Wird MQA das neue MP3? Das positive Echo der Fachwelt und die Unterstützung namhafter Player – unter anderem Warner Music – sprechen für das neue Format, das endlich die vermeintlichen Gegensätze Klang und Usability zusammenführt. Allerdings ist hier das Gute Feind des Besseren. Im Hörtest klang Hi-Res MQA zwar „runder“ und besser ortbar als CD, aber nur marginal. Je nach Equipment und Anspruch ist der Unterschied selbst zu MP3 für viele kaum relevant. MQA wird sich also nur dann auf breiter Basis durchsetzen, wenn es (fast) nichts extra kostet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.02.2017)

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