Die Buchpreisbindung ist Schuld, dass Kindle-Nutzer deutschsprachige Bestseller nur in den USA kaufen dürfen. Ein eigener Store könnte das Problem lösen.
Besitzer des beliebten E-Readers Kindle haben meist ein Problem: Deutschsprachige E-Books gibt es im Kindle Store nur wenige, die sind schwer zu finden und Bestseller sind gar keine dabei. Das liegt aber offenbar nicht daran, dass sie nicht grundsätzlich vorhanden wären. Die Zeitschrift Buchreport berichtet , dass viele deutschsprachige Bestseller paradoxerweise nur für Kunden in den USA erhältlich sind. Schuld daran ist die Buchpreisbindung, die in vielen europäischen Ländern - auch Österreich und Deutschland - gilt. Sie besagt, dass Bücher - auch in Form von E-Books in immer den gleichen Preis haben müssen, egal wo sie verkauft werden. Amazon kann das nicht einhalten, da es nur einen weltweiten Kindle Store gibt und die Dollar-Preise einfach in Euro umgerechnet werden.
Bis zu 45 Prozent billiger Jetzt gibt es ihn auch bei uns - und in 99 anderen Ländern: Amazons E-Book-Reader Kindle. Um genau zu sein muss man ihn aber aus den USA bestellen. Der Hersteller übernimmt freundlicherweise die Abwicklung beim Zoll. Für Amazon ist das Gerät ein Erfolg: Zuletzt war das Gerät der bestverkaufte Artikel des Online-Händlers. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Eigentlich handelt es sich bei dem aktuellen Gerät ja schon um Kindle 2. Die erste Version war nur von November 2007 bis Februar 2009 auf dem Markt. Mit dem neuen Modell gelingt der Bildaufbau besser, außerdem wurde eine Sprachausgabe für Bücher integriert - die allerdings nur funktioniert, wenn es die jeweiligen Rechteinhaber erlauben. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Die wichtigste Frage lautet wohl: Wie liest es sich elektronisch? Wer noch nie ein E-Ink-Display gesehen hat, wird überrascht sein. Auf den ersten Blick wirkt die Anzeige wie eine aufgeklebte Folie. Erst wenn man weiterblättert erkennt man, dass hier tatsächlich ein Bildschirm am Werk ist. Damit lässt es sich auch im Sonnenlicht hervorragend lesen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Um seinen Kindle mit Literatur zu befüllen, kann man direkt von dem Gerät aus in Amazons Kindle Store herumstöbern. Dazu verbindet sich das Gerät per Mobilfunk mit dem Firmenserver. Eine SIM-Karte ist nicht notwendig, es wird alles direkt über Amazon und dessen Netzpartner AT&T abgewickelt. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Hat man sich für ein Werk entschieden, wird es auf das Gerät heruntergeladen und das Benutzerkonto des Kunden mit dem Kaufpreis belastet. Bis zu 1500 Bücher soll Kindle auf seinem Speicher ablegen können. Die Preise rangieren etwas unter den Papierversionen. Bisher sind rund 250.000 Bücher verfügbar - allerdings nur auf Englisch. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Wem der Einkauf über das Gerät zu umständlich ist, der kann direkt über Amazons Website seinen Lesehunger stillen. Die Bücher werden dann automatisch auf das Gerät übertragen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Wer E-Books nicht von Amazon beziehen möchte und zum Beispiel Werke im offenen EPUB-Format besitzt, wird enttäuscht sein. Kindle unterstützt den Standard nicht. PDF-Dateien können nur nach einer Umwandlung verwendet werden. Hierzu bietet sich für den PC das Gratis-Programm MobiPocket Creator an, auf dem Mac klappt das mit Stanza. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Hinter dem Menüpunkt "Experimental" verbergen sich drei Funktionen: Webbrowser, MP3-Player und Sprachausgabe. Letztere klappt nur, wenn es die Urheber zulassen - bei den von uns getesteten Büchern und Zeitschriften nicht ein einziges Mal. Musik wird tadellos abgespielt, der Klang über die Kopfhörerbuchse ist durchaus akzeptabel. Die Steuerung erfolgt über Tastenkombinationen auf dem kleinen Keyboard. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Der integrierte Webbrowser ist bestenfalls als rudimentär zu bezeichnen. Noch dazu funktioniert bei der internationalen Variante von Kindle lediglich die englischsprachige Version der Online-Enzyklopädie Wikipedia. Immerhin eine Verbesserung zum ursprünglichen Angebot - da hatte Amazon noch angekündigt, dass die Funktion für den internationalen Kindle komplett deaktiviert sein würde. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Amazon nennt es zwar "internationale Version", der Stromstecker ist dennoch nur in den USA brauchbar. Wer seinen Kindle an die Steckdose hängen will, benötigt also einen Adapter. Alternativ kann das Gerät über einen USB-Anschluss aufgeladen werden. Leider hält sich Amazon hier nicht an den Mini-USB-Standard (rechts im Bild), sondern verwendet eine andere Variante. Das mitgelieferte Kabel ist für den Ladevorgang also zwingend vorausgesetzt. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Amazon verspricht 1500 Bücher, die Kindle verwalten kann. Die Frage lautet aber: Wie findet man sich in so einer riesigen Sammlung zurecht? Das Gerät bietet eine Suchfunktion an, sowie die Möglichkeit, Inhalte nach persönlichen Dokumenten, Büchern oder Zeitungsabos zu sortieren. Zusätzlich gibt es eine Sortierung nach Titel und Autor. Eine Sortierung oder Suche nach Genre oder Erscheinungsjahr gibt es leider nicht. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Was gerade aufgrund der lediglich auf Englisch verfügbaren Bücher praktisch ist: Ein Wörterbuch. Wenn man mit dem kleinen Joystick am rechten unteren Rand des Gehäuses ein Wort anwählt, zeigt Kindle an, was der Begriff bedeutet. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Um Notizen einzufügen, muss man einfach nur lostippen. Im Text erscheint dann eine nummerierte Fußnote. Wählt man diese an, erscheint die vorhin eingetippte Notiz am unteren Bildschirmrand. Der Joystick eignet sich auch, um Textstellen zu unterstreichen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Leider verschwendet Amazon sehr viel Platz mit den Bedienelementen und dem Gehäuse. Ungefähr ein Drittel nimmt allein die Tastatur ein. Die dicken Ränder rund um den Sechs-Zoll-Bildschirm hätte man auch dünner machen können. Ein größeres Display wäre für das Lesevergnügen durchaus von Vorteil gewesen. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Mit der Markteinführung von Kindle geht ein großer Hype einher. Kaum war das Testgerät in der Redaktion eingetroffen, wollten es viele gleich in die Hand nehmen und sich ansehen, wie so ein E-Book-Reader funktioniert. Die Chance gab es schon früher, als ein Sony-Gerät getestet wurde, damals war die Resonanz nicht so groß. Die Leder-Schutzhülle für Amazons Kindle ist ein Zubehör, das extra gekauft werden muss. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Amazon ist aber nicht allein auf dem E-Book-Markt. Sony versucht, mit seiner Reader-Reihe hier ebenfalls Käuferschichten zu erschließen. Das Modell PRS-600 (links im Bild) besitzt ein größeres Display als Kindle, bietet einen Touchscreen und kann den Text in mehreren Stufen vergrößern. Allerdings wirkt die Schrift nicht so scharf und kontrastreich wie bei Amazons Gerät. Der Seitenwechsel klappt bei beiden gleich schnell. Vom größten US-Buchhändler Barnes & Noble wurde jetzt Nook vorgestellt, ein Gerät, das Kindles Marktvorherrschaft gefährlich werden kann. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Amazons internationale Kindle-Version wirkt wie ein Versuchsballon. Die Grundfunktionen klappen, der Webbrowser aber auch der Stromstecker wurden vernachlässigt. Sehr komfortabel ist der integrierte Download-Shop, allerdings lohnt er sich derzeit nur für Fans englischsprachiger Literatur. Dass Kindle PDF- und EPUB-Dateien nicht beherrscht ist ein großes Minus. Dafür ist das Display wirklich erstklassig. Früher war Amazon allein auf dem Markt. Aufgrund der gestiegenen Konkurrenz sollte man sich derzeit alle Modelle genau ansehen, bevor man sich entscheidet. (c) DiePresse.com (Daniel Breuss) Der elektronische Buchersatz im Test Bisher waren für Kunden aus Deutschland lediglich E-Books kleinerer Verlage erhältlich. Nun hat jedoch die Bertelsmann-Tochter Arvato-Systems E-Books größerer deutscher Verlage im vierstelligen Bereich ausgeliefert, berichtet der Buchreport. Titel von Heyne etwa seien jedoch bei Kindle um bis zu 45 Prozent billiger, als die Taschenbuchausgabe und eben deshalb in Österreich und Deutschland nicht verfügbar. Eine Lösung für das Problem wäre ein eigener Store für Deutschland. Möglich, dass dieser sogar bald Realität wird. Amazon sucht derzeit einen PR-Experten für Kindle in Deutschland und hat mit weiteren größeren Verlagen Verträge ausgehandelt.
(Red.)
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