25. August: Apples Zukunft ohne Steve Jobs

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Steve Jobs kann nicht mehr. Der schwer kranke Apple-Gründer tritt endgültig von der Spitze ab. Der weltgrößte Technologiekonzern ist gerüstet – aber der große Innovator fehlt.

Cupertino/Wien. „Der Tag ist leider gekommen“, schrieb Steve Jobs am Donnerstagmorgen seinen 49.000 Mitarbeitern. Er könne die „Aufgaben und Erwartungen als Chef von Apple nicht länger erfüllen“. Also trat der schwer kranke Apple-Gründer endgültig als Chef zurück und setzte sich stattdessen in den Verwaltungsrat des Unternehmens. Es folgte, was immer folgte, wenn sich Jobs (bis dato stets kurzzeitig) von der Spitze verabschiedete: Apples Aktien gaben zeitweise um rund sieben Prozent nach, im Internet häuften sich Spekulationen über Jobs' Gesundheitszustand und die Zukunft des weltgrößten Technologiekonzerns. Das Forum „Cult of Mac“ brach unter der Flut digitaler Lobeshymnen gar zusammen.

Apple ohne Steve: Auch sieben Jahre nachdem Ärzte beim heute 56-Jährigen Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert haben, ist das für viele noch undenkbar. Seine Geschichte liest sich wie ein modernes Märchen: 1976 gründete Jobs Apple, gestaltete die Computerindustrie mit, wurde aus der eigenen Firma gedrängt, kehrte Mitte der Neunziger zurück, rettete Apple vor dem Bankrott und revolutionierte die Musik- und Mobilfunkindustrie. Seit seinem ersten Comeback 1997 stiegen die Apple-Aktien um 9000 Prozent. Nur der Energieriese Exxon ist heute wertvoller. Apple wurde Kult, der Gründer landete sogar als Jesus-Moses-Verschnitt auf dem Cover des „Economist“.

Gut geölte „Maschine Apple“

Wie sieht aber Apples Zukunft ohne „Messias“ aus? Die Frage stellte sich schon die beiden Male, als Jobs das Tagesgeschäft „aus gesundheitlichen Gründen“ vorübergehend abgab. Für seinen endgültigen Rücktritt nannte er keine Gründe. Obwohl es gesundheitlich mit ihm zuletzt angeblich aufwärtsging, sind sich Beobachter einig: Sorgen müsse man sich um Steve Jobs, nicht um den Konzern. Tatsächlich übernimmt Nachfolger Tim Cook, der auch bisher für Jobs einsprang, eine gut geölte Maschine. Von April bis Juni brachte sie 20 Millionen iPhones und 9,25 Millionen iPads an den Mann und machte damit 7,3 Milliarden US-Dollar Gewinn. 76 Milliarden liegen auf der hohen Kante. Apple dominiert den Markt für Smartphones. Bei Tablet-Computern bringt sich die Konkurrenz überhaupt erst in Stellung.

Blickt man auf die bisherigen Auszeiten von Jobs, gibt es keinen Grund zur Sorge: Unter Cooks Regentschaft legte das Unternehmen nach kurzen Schrecksekunden stets zu. „Apple hat die hellsten und innovativsten Tage vor sich“, schreibt auch Jobs. In den nächsten zwei bis drei Jahren wird es für Cooks Team reichen, in regelmäßigen Abständen bereits geplante Produkte auf den Markt zu bringen und die Konkurrenz im Patentkrieg auf Distanz zu halten. Aber was dann?

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Inspirierend, pedantisch, radikal

Jobs galt bis zuletzt als pedantischer, inspirierender Führer, visionärer Treiber und letzte Instanz in Designfragen. Drei iPhones mussten seine Ingenieure in einem Jahr bauen, bis er endlich den Daumen hob. Marktforscher hatten keinen Auftrag. „Es ist nicht Aufgabe der Konsumenten zu wissen, was sie wollen“, sagte Jobs jüngst. Anzeichen, dass der Zahlenmensch Cook auch diesen Job von Jobs wird übernehmen können, gibt es nicht.

Apple wird auf Kurs bleiben, sein charismatisches Gesicht aber wird in der Öffentlichkeit nicht mehr oft zu sehen sein. Sein Charisma konnte mehr, als Mitarbeiter und Fans zu begeistern. Es überdeckte auch, dass Apple längst nicht mehr der kleine coole Rivale des Giganten Microsoft ist, sondern selbst eine bedrohliche Dominanz erreicht hat. Anders als bei Microsoft sehen die Wettbewerbshüter bei Apple gern weg. Bisher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.08.2011)

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