"GTA V": Eine "offene Welt" mit engen Grenzen

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GTAV(c) REUTERS (MIKE BLAKE)
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Das Gangsterepos "GTA V" ist ein tolles Spiel. Aber die einst revolutionäre Serie wirkt angezählt. Ausgerechnet der Indie-Titel "Minecraft" hat neue Open-World-Standards gesetzt.

Es ist noch nicht lange her, da war „Grand Theft Auto“ (kurz „GTA“) ein bahnbrechendes Computerspiel. Zum einen hat „GTA“ das Prinzip einer Open World – einer offenen Welt, in der der Spieler (fast) alles tun und machen kann, was er will – salonfähig gemacht. Zum anderen hat das Studio Rockstar das Kunststück vollbracht, aus einem simplen 2-D-Spiel ein großartiges 3-D-Erlebnis zu machen – das heute zu einem der absoluten Götter in der Videospiel-Franchise-Industrie zählt.

Das war nicht zuletzt an der gewaltigen Werbekampagne für „GTA V“ zu sehen, mit der man den Planeten überzogen hat. Ähnlich wie bei Hollywood-Blockbustern wurde auch nach der Multimillionen-Dollar-Produktion des Spieles nichts dem Zufall überlassen. Die Absatzzahlen waren dementsprechend rekordverdächtig. Und der Kunde bekommt alles, was er sich erwarten darf: Eine neue, noch größere „offene“ Welt, neue Charaktere, schnelle Autos und brillante Grafik. Das Ganze ist eingebettet in eine gute Story.


Politisch unkorrekt. Dazu kommt der tiefschwarze Humor in den Dialogen und die immer wieder erfrischende politische Unkorrektheit des Spiels – die wiederum eine ganze Reihe von empörten Artikeln nach sich zog –, was dem Absatz des Spiels zusätzlichen Auftrieb verschafft haben dürfte.

Einzig: Ausgerechnet das totale Anti-„GTA“ lässt dieses neue Spiel irgendwie alt aussehen: Das Indie-Spiel „Minecraft“ hat das von „GTA“ erfundene Open-World-Konzept radikal neu definiert. Und wer einmal in das „Minecraft“-Universum eingestiegen ist, wo die Welt nicht nur tausendmal größer ist als bei „GTA“, sondern auch beliebig veränderbar, der kommt nicht umher, sich bei „GTA“ eingeengt zu fühlen.

Ja, vielleicht ist es unfair, „Minecraft“ und „GTA“ miteinander zu vergleichen. Zweiteres ist auf gewisse Einschränkungen angewiesen, um seine Stärken beim Storytelling und der Spannung ausspielen zu können. Aber am Ende konkurrieren beide Titel um die Zeit der Spieler. Und die Langzeitmotivation ist bei „Minecraft“ sicher höher.

Denn dort kann man eben wirklich tun, was man will.Jeder Block in dieser Klötzchenwelt ist zerstör- und wieder aufbaubar. Es ist das digitale Lego, wobei der Kreativität tatsächlich keine Grenzen gesetzt sind. Wer will, kann die (nur anfänglich angsteinflößenden) Monster jagen, in den Minen nach Diamanten suchen, eine Eisenbahn bauen oder ein Schloss in die Gegend pflanzen, das Schönbrunn wieder zur Sommerresidenz herabstuft.

Bei „GTA“ hat man die Wahl zwischen einer mehr oder minder linearen Story – oder dem klassischen Amoklauf samt Verfolgungsjagd. Dass man sich bei großen Missionen zwischen zwei Herangehensweisen entscheiden kann, klingt zwar nach einer guten Idee. Der Prozess ist aber so holprig umgesetzt, dass man sich in Abenteuerspiele der 1990er zurückversetzt sieht.

Grafik bleibt top. Aber vielleicht ist das ja auch das Ziel. „Minecraft“ ist ebenfalls eine Ode an dieses goldene Zeitalter der Computerspiel-Kreativität. Und grafisch ist „GTA“ der Konkurrenz natürlich meilenweit voraus. Der erst kürzlich freigeschaltete Onlinemodus wird die Motivation zumindest verlängern.

Aber für „GTA VI“ wird man sich bei Rockstar etwas Neues einfallen lassen müssen. So wie damals, als aus einem kleinen 2-D-Spiel ein revolutionärer 3-D-Blockbuster geworden ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.10.2013)

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