IP-Adresse von Poster bleibt geheim

IPAdresse Poster bleibt geheim
IPAdresse Poster bleibt geheim(c) FABRY Clemens
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Auch wenn man in einem Online-Forum beleidigt wurde, hat man als Privatperson kein Recht, die IP-Adresse des Users zu erfahren. Dies entschied der Oberste Gerichtshof.

Wien. Es ist ein verbreitetes Problem, dass sich User in Online-Foren nicht benehmen können. Doch darf eine Privatperson, die beleidigt wurde, deswegen vom Forenbetreiber verlangen, dass er die IP-Adresse eines anonymen Users herausgibt? Diese Frage musste der Oberste Gerichtshof (OGH) klären.

Geklagt hatte eine Frau, die im Hauptmannsrang beim Bundesheer tätig ist. In einer Gemeinde war sie als Pionieroffizierin damit betraut, eine Ersatzbrücke zu errichten, sie besaß daher lokalen Bekanntheitsgrad. Am Nationalfeiertag 2008 wurde der Frau eine weitere Ehre zuteil: Als Kommandantin einer Kompanie, die angelobt wurde, war sie auf dem Wiener Heldenplatz vor tausenden Leuten zu sehen. Bilder davon wurden auf einem Internetportal gezeigt. Ein User postete einen Beitrag, der nicht nur vor Rechtschreibfehlern, sondern auch vor Beleidigungen strotzte. „Bitte erspart uns in Zukunft solche Bilder von dieser Frau Hauptmann“, erklärte der Poster, der unter dem Pseudonym „Bundesheer-Fan“ firmierte. „Diese Brücke kann ein Zugsführer genauso montieren. Von ihrem Aussehen will ich gar nicht sprechen“, meinte der User, und fuhr mit seinen Beleidigungen weiter fort: „Ich habe diese Person in Wien am Heldenplatz umherlaufen gesehen. Revolver umgeschnallt und einen Gang wie einst John Wayne, bevor er vom Pferd gefallen ist. Ist diese Frau mit ihrem Gesicht, Haarschnitt und ihrem Auftreten für einen Mann überhaupt sexuell noch erstrebenswert? Bitte keine solche Frauen beim Heer, eher zu einer Reinigungsfirma.“

Das Posting ging zunächst automatisch online, nach eineinhalb Stunden wurde es aber wieder vom Internetportal entfernt. Nichtsdestotrotz wollte die Frau rechtliche Schritte gegen den Poster einleiten, sie ortete sogar eine strafrechtlich relevante Beleidigung. Sie forderte vom Internetportal, dass dieses die IP-Adresse des Bösewichts herausgeben soll. Dabei stützte sich die Heeresangehörige auf eine Bestimmung im E-Commerce-Gesetz. Laut diesem müssen Internetportale etwa Namen oder Adresse eines Users herausgeben, sofern ihnen diese bekannt sind und sofern jemand diese Informationen für die Verfolgung seiner Rechte benötigt. Name und Adresse waren allerdings unbekannt, weil der Poster sich nicht registriert hatte. Die Soldatin meinte aber, aus der Norm ergebe sich auch, dass sie die IP-Adresse erfahren dürfe. Konkret ging es hier um eine dynamische IP-Adresse – also um eine, die im Gegensatz zu einer statischen Adresse im Web nicht fix einer bestimmten Person zugeordnet ist.

Information nützt (legal) nichts

Alle Instanzen bis hin zum OGH wiesen dieses Begehren aber ab. Die Frau könne nämlich, selbst wenn sie vom Portal die dynamische IP-Adresse des Users erfährt, nicht in weiterer Folge zum Internet-Provider gehen, und dort Auskunft darüber begehren, wer hinter der Adresse steht. Der OGH betonte, dass bereits bisher die Rechtsprechung besagte, dass Internet-Provider Privatpersonen in solchen Fällen keine Auskunft geben müssen. Dies sei nun – nach einer Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) – erst recht klargestellt. Da die Frau also „auf legalem Weg“ nicht herausfinden könne, wer hinter der IP-Adresse stehe, müsse das Portal diese auch nicht herausgeben, betonte der OGH (6Ob 119/11k).

Die Entscheidung ist für einen Großteil der Internet-User relevant. Denn rund 90 Prozent würden über eine dynamische IP-Adresse verfügen, erklärt im Gespräch mit der „Presse“ Maximilian Schubert, Generalsekretär der österreichischen Internet Service Provider (ISPA). Statische Adressen hätten nur jene, bei denen dies im Vertrag ausdrücklich festgehalten ist. Und muss man als Internet-Portal über statische Adressen von Usern Auskunft geben? Eine OGH-Entscheidung legt das zwar nahe. Aber inzwischen sei die Rechtslage geändert worden, und es ergebe sich aus dem TKG „eindeutig“, dass man Privatpersonen auch nicht Auskunft über statische Adressen geben müsse, sagt Schubert. Vielmehr gelte: Über dynamische IP-Adressen von Usern müssen Internet-Provider erst nach Aufforderung des Staatsanwalts Bescheid geben, bei statischen muss die Anfrage zumindest von einer Verwaltungsbehörde kommen.

Was tun bei Beleidigungen?

Was macht man nun, wenn man in einem Online-Forum beleidigt wird? „Am besten, Kontakt mit dem Forenbetreiber aufnehmen“, meint Schubert. Wichtig sei, genau festzuhalten, um welche Äußerung es geht und warum man sich in seinen Rechten verletzt fühlt. Wenn eine rechtlich relevante Beleidigung vorliege, müsse der Betreiber dann das Posting offline stellen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2012)

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