Frankfurt, die Hackerbasis der CIA

(c) REUTERS (Larry Downing)
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Wikileaks hat von einer anonymen CIA-Quelle knapp 9000 Unterlagen erhalten, die die Cyberkriegsführung des US-Geheimdiensts offenlegt. CIA-Mitarbeiter bezeichnen die Enthüllungen durch Wikileaks "schlimmer als von Snowden".

WikiLeaks hat nach eigenen Angaben streng geheime Unterlagen und Anleitungen der CIA für Hackerangriffe veröffentlicht. Die seit Dienstag online verfügbaren Dokumente stellten den ersten Teil einer Serie von Enthüllungen dar, die "die gesamten Hacker-Fähigkeiten" des US-Geheimdienstes umfassten, erklärte das Internet-Portal. Knapp 9.000 Dokumente sollen die Hacker-Aktivitäten der CIA belegen.

Dazu gehörten mehrere Hundert Millionen Zeilen Programm-Code, die allerdings wie die Namen der betroffenen Mitarbeiter zurückgehalten worden seien. Wikileaks zufolge wird auch enthüllt, dass die CIA das US-Generalkonsulat in Frankfurt als Hackerbasis für Europa, den Nahen Osten und Afrika nutzt.

Die Echtheit der Unterlagen konnte bislang nicht überprüft werden. Mehrere Experten, darunter Brian Hein von Flashpoint, erklärten jedoch, die Dokumente wirkten auf den ersten Blick authentisch. Auch Edward Snowden hat sich via Twitter zu den Enthüllungen geäußert und hält sie ebenfalls für authentisch. Für ihn sei die wichtigste Erkenntnis, dass der US-Geheimdienst absichtlich Software-Lücken in technischen Produkten geheim hält, um diese für Cyber-Angriffe nutzen zu können. Damit würde die US-Regierung vorsätzlich die Sicherheit der Bürger herabsetzen, denn nicht nur die CIA kann damit die Sicherheitslücken ausnutzen, sondern "jeder Hacker".

Den Unterlagen zufolge hat der US-Geheimdienst Computer mit allen gängigen Betriebssystemen wie Microsoft Windows, macOS von Apple sowie Linux im Visier, aber auch iPhones und Smartphones mit dem Google-Betriebssystem Android. Apple hat in der Zwischenzeit ein Statement veröffentlicht, wonach mit dem Jänner-Update "fast alle" Sicherheitslücken, die in den Wikileaks-Dokumenten angeführt werden, gestopft wurden.

"Während wir nach unserer Analyse davon ausgehen, dass nahezu alle systemkritischen Lücken zum heutigen Zeitpunkt geschlossen sind, werden wir schnellstmöglich daran arbeiten, alle weiteren möglichen Lücken zu finden und zu schließen. Auch aus diesem Grund drängen wir unsere Kunden dazu, immer die neueste Version unserer Betriebssysteme zu installieren", heißt es in dem Apple-Statement.

Google stopft ebenfalls die Lücken

Ähnlich wie Apple sieht auch Google viele Sicherheitslücken aus den von Wikileaks veröffentlichten CIA-Unterlagen schon gestopft. "Wir sind sicher, dass Sicherheits-Updates und Schutzmechanismen in Chrome und Android die Nutzer bereits vor den mutmaßlichen Schwachstellen schützen", erklärte der Internet-Konzern in der Nacht zum Donnerstag.

Zugleich werde die Veröffentlichung weiter ausgewertet. Google werde alle weiteren nötigen Schutzmaßnahmen ergreifen. Ähnlich hatte sich zuvor nach einer ersten Analyse auch Apple im Bezug auf sein iPhone-Betriebssystem iOS geäußert. Das bei Google entwickelte Android ist das dominierende Smartphone-System mit einem Marktanteil von derzeit mehr als 80 Prozent.

Programm "weinender Engel" macht Smart-TVs zu Abhörgeräten

US-Geheimdienstler sollen zusammen mit ausländischen Kollegen die Verschlüsselung von weitverbreiteten Messaging-Diensten wie WhatsApp, Telegram und Signal ausgehebelt haben. Ein mit Großbritannien betriebenes Programm mit dem Namen "Weeping Angel" (dt. "weinender Engel") dient demnach dazu, ans Internet angeschlossene Samsung-Fernseher in Abhörgeräte umzufunktionieren.

Dass dies mit einfachsten Mitteln möglich ist, haben bereits israelische Wissenschaftler demonstriert. Dabei wurde eine Schwachstelle in den Realtek-Soundchips ausgenutzt. Ein Chip, der in nahezu allen Geräten mit Sound-Ausgabe zum Einsatz kommt. Egal ob Microsoft-, Mac-PC oder Tablet. Über die Software können die Audio-Ausgangskanäle in Eingangskanäle umgeschrieben werden.

CIA-Agenten als Diplomaten getarnt in Frankfurt

Zu Frankfurt hieß es, US-Agenten würden mit Diplomatenpässen ausgestattet und arbeiteten demnach als vermeintliche Mitarbeiter des Außenministeriums. In einer Reiseanleitung für Deutschland wird auf kostenlose alkoholische Getränke auf Lufthansa-Flügen hingewiesen, bei denen man es allerdings nicht übertreiben sollte. Wer seine Tarn-Identität gut beherrsche, werde keine Probleme mit den deutschen Grenzbehörden haben - "sie haben nur Deinen Reisepass abgestempelt". Bei einer Ankunft am Sonntagmorgen müsse man in Deutschland damit rechnen, dass die meisten Läden geschlossen seien. Allerdings: "Einige Restaurants können offen sein."

Welchen Schaden die Enthüllungen für die amerikanischen Abhörprogramme bedeuten, war zunächst unklar. Ein langjähriger externer Geheimdienstmitarbeiter sagte Reuters, bei der CIA mit Sitz in Virginia und beim Nachrichtendienst NSA in Maryland herrsche Empörung über die neuen Lecks. "Die Leute auf beiden Seiten des Flusses rasen vor Wut", sagte er. Der Fall sei nicht mit den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden vergleichbar: "Dies wurde über eine lange Zeit gesammelt und an WikiLeaks übergeben."

Auch der ehemalige Chef der CIA Michael Hayden hat sich bereits zu den Enthüllungen geäußert und beschuldigt die "Millenials" verantwortlich für die Enthüllungen zu sein, denn diese hätten eine "andere Auffassung von Geheimhaltung und Transparenz".

Die Enthüllungsplattform hat wiederholt geheime US-Dokumente veröffentlicht und spielte auch bei der Präsidentenwahl im vergangenen Jahr eine Rolle. Auf dem Portal wurden E-Mails veröffentlicht, die bei Hackerangriffen auf die Demokratische Partei erbeutet wurden und die potenziell dem Wahlsieger Donald Trump nutzten. US-Geheimdiensten zufolge steckt Russland hinter den Attacken. Die Regierung in Moskau weist dies zurück.

Enthüllungen kommen zum richtigen Zeitpunkt für Assange

Julian Assange, der Gründer von Wikileaks, sitzt seit nun knapp fünf Jahren in der ecuadorianischen Botschaft in London fest. Er fürchtet eine Auslieferung in die USA, auch wenn er nach der Begnadigung von Chelsea Manning erklärt hat, dass er bereit sei, sich ausliefern zu lassen. Doch Assange droht sowieso ein vorzeitiges Ende seines Asyls, denn sollte der konservative Kandidat gewinnen, wird Ecuador den Whistleblower nicht weiter schützen.

(Red./Reuters)

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