Chefs bewerten auf Kununu: 8000 Bewertungen gesperrt

Mark (links) und Martin Poreda
Mark (links) und Martin Poreda(c) Kununu
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Kununu ist die größte Bewertungsplattform für Arbeitgeber im deutschsprachigen Raum. Die Gründer erklären im DiePresse.com-Interview, warum sich auf Kununu niemand über seinen Job "auskotzen" darf.

Die österreichische Plattform Kununu.com ist einer der Internet-Aufsteiger des vergangenen Jahres. Auf der Plattform können Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz und ihren Arbeitsalltag bewerten und Jobsuchenden so helfen, zum Beispiel eine kinderfreundliche Firma zu finden, oder eine mit einer besonders guten Kantine. DiePresse.com hat mit den beiden Gründern Martin und Mark Poreda über schlecht bewertete Chefs gesprochen und darüber, warum Kununu auch Unternehmen viel bringt.

Inhaltsverzeichnis

Seite 1: "Karriereseiten der Arbeitgeber sind zu weichgewaschen"
Seite 2: "Abmahnungen von Bloggern gehen immer nach hinten los"
Seite 3: "40 Unternehmen sind zahlende Kunden"

Die Presse.com: Kununu ist die erfolgreichste Jobbewertungsplattform im deutschsprachigen Raum. Wie hat alles vor drei Jahren begonnen?

Martin Poreda: Angefangen hat's typischerweise wie jedes Startup mit Alkohol (lacht). Nein, es ist so, dass ich vor jeder Jobsuche gegoogelt habe. Wenn ich zu Jobinterviews gegangen bin, habe ich gegoogelt, was die richtigen Antworten sind. Hatte ich die Wahl zwischen zwei Arbeitgebern, habe ich gegoogelt, welcher mir genau das bietet, was ich brauche. Das war bei mir zum Beispiel eine Kantine. Ich hatte eine Zeit lang Arbeitgeber, wo ich mir jeden Tag überlegen musste, wo bekomme ich mein Essen her? Deshalb war mir das sehr wichtig. Außerdem sollte der Arbeitgeber in meiner Nähe sein und vielleicht gute Anbindungsmöglichkeiten bzw. Parkplätze bieten.

Dann habe ich solche Suchkombinationen in Google eingegeben, wurde aber nicht zufrieden gestellt. Die Karriereseiten der Arbeitgeber sind so einheitlich weichgewaschen, dass man gar keinen Eindruck bekommt, wie es ist, dort zu arbeiten. Dann habe ich meinem Bruder (Mark Poreda, Anm.) Kununu vorgeschlagen. Seine erste Frage war, gibt's das nicht schon, eine Bewertungsplattform für Arbeitgeber? Ich habe gesagt, so wie wir es umsetzen werden nicht. Am nächsten Tag haben wir angefangen. Vier Monate später waren wir online. Wir waren beide fulltime beschäftigt. Als Journalisten zum Teil dreimal am Tag angerufen haben, habe ich leider kündigen und ein eigenes Unternehmen gründen müssen.

Heißt das, Kununu ist für die kleine Elite an Arbeitnehmern gedacht, die sich ihren Job frei aussuchen können?

Poreda: Ja, das ist so.

Ist das nicht eine sehr kleine Zielgruppe?

Poreda: Nicht ganz. Kununu ist ja eigentlich ein Arbeitgeberverzeichnis. Es sind nicht nur die üblichen 130 Verdächtigen, die auf Absolventenmessen ausstellen. Bei uns kann man etwa nach Arbeitgebern im Umkreis von 20 Kilometern mit Kinderbetreuung suchen. Man stößt so auf Arbeitgeber, an die man nie gedacht hätte, weil sie kein Personalmarketing machen, keine Stellen ausschreiben. Wir haben zuletzt ausgewertet, was denn am häufigsten gesucht wird und das sind nicht das hohe Gehalt, Firmenwagen oder Mitarbeiterhandy, sondern eher Dinge, die mit der Work-Life-Balance zusammenhängen. Wo gibt es Kinderbetreuung, wo Parkplätze, flexible Arbeitszeiten, Home-Office-Möglichkeiten?

Wie gehen Unternehmen damit um, dass sie auf Kununu bewertet werden?

Poreda: 63 Prozent sind gute Bewertungen. Die Leute, die sich über ihren Arbeitsalltag auskotzen wollen, werden von unserer Plattform abgeschreckt, weil wir jede Bewertung in eine konstruktive Richtung lenken. Wenn man bei uns negativ bewertet, stellen wir sofort die Frage nach Verbesserungsvorschlägen.

Werden Bewertungen und Kommentare kontrolliert, bevor sie online gehen?

Poreda: Ja. Wir haben über 50.000 Bewertungen in der Datenbank, circa 8000 sind von uns gesperrt. Natürlich kommt es bei solchen Plattformen auch auf Masse an. Wir sind aber nicht nur für Quantität, sondern auch für Qualität.

Was gibt es für Bewertungskriterien für diese Qualitätskontrolle?

Poreda: Wir haben technische und manuelle Filter. Man darf zum Beispiel keinen Namen nennen und nicht einmal aus dem Zusammenhang auf konkrete Personen, wie etwa den Chef schließen können. Man darf nicht über Produkte und Dienstleistungen Bescheid geben. Nichts, was dem Unternehmen wirtschaftlich schaden könnte. Bei uns soll nur das Arbeitsklima bewertet werden.

Wie gehen die Unternehmen mit den Bewertungen um?

Poreda: Eine Bewertungsplattform ist ja nichts, was man neu erlernen muss. Viele Personen waren schon einmal auf einer Produktbewertungsplattform, weil sie ein Buch kaufen wollten oder haben bei Amazon Bewertungen gelesen, bevor sie bestellt haben. Viele waren auch bereits auf einer Hotelbewertungsplattform bevor sie ihren Urlaub gebucht haben. Bewertungsplattformen im Internet funktionieren unabhängig von Trend und Hypes.

Wie Unternehmen damit umgehen, ist ganz unterschiedlich. Die einen nehmen Stellung zu Bewertungen, bedanken sich für Feedback. Das ist die proaktivste Art damit umzugehen. Andere machen Bewertungs-Rallys. Die "Allianz" in Österreich lädt zum Beispiel in regelmäßigen Abständen sämtliche Praktikanten zum Bewerten ein. Andere lesen einfach mit. Viele Unternehmen binden dann noch Informationen über das Unternehmen aus ihrer Sicht ein. Zum Beispiel Fotos aus dem Arbeitsalltag und Stellenanzeigen.

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