Die Kameras werden spiegellos

Etwa 200.000 Besucher werden zur Photokina erwartet.
Etwa 200.000 Besucher werden zur Photokina erwartet.(c) APA/AFP/PATRIK STOLLARZ (PATRIK STOLLARZ)
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Am Mittwoch beginnt die Photokina, die größte Kameramesse der Welt. Nach einer fünfjährigen Schockstarre stellen Canon und Nikon ihre spiegellose Antwort auf Sony vor.

Manchmal dauert es ein wenig länger, bis man als großes Unternehmen auf neue Trends reagiert. Im Fall von Canon und Nikon waren es fünf Jahre. Als Sony im Oktober 2013 seine ersten spiegellosen Kameras mit Wechselobjektiven vorstellte, reagierten die beiden etablierten Kamerahersteller entspannt: Die a7 (24,3 Megapixel) und die a7r (36,4 Megapixel) hatten einen langsamen Autofokus und kämpften mit technischen Problemen.

Doch während Canon und Nikon weiterhin auf große, schwere Spiegelreflexkameras setzten, von denen sie aber immer weniger Modelle verkaufen konnten, arbeitete Sony kontinuierlich an einer Verbesserung ihres Systems. Als im August 2015 das Nachfolgemodell, die a7r II (42,4 Megapixel, fünf Bilder pro Sekunde), präsentiert wurde, schwärmten Fotografen einhellig, und Canon und Nikon wurden erstmals nervös. Dass sie dazu allen Grund hatten, zeigt der Umstand, dass Sony in den USA mittlerweile der zweitgrößte Kamerahersteller ist.


Überraschung von Panasonic. Spiegellosen Systemkameras mit Vollformatsensor gehört die Zukunft, das haben mittlerweile alle Kamerahersteller verstanden. Fünf Jahre nach Sony haben jetzt auch Canon und Nikon Kameras ohne Spiegel vorgestellt, die man kommende Woche auf der Photokina in Köln erstmals dem breiten Publikum präsentieren wird. Wobei hier nicht der Spruch gilt, dass gut Ding Weile braucht: Canons Angebot, die EOS R mit einem neuen Objektivsystem (RF, vorerst vier Objektive, es gibt aber drei Adapter für das umfangreiche EF-System), ist eine eher enttäuschende, abgespeckte Version der Canon 5d IV.

Zwar liefert der Sensor 30 Megapixel und soll laut ersten Tests ein sehr geringes Rauschen aufweisen. Aber die R hat beispielsweise keinen verbauten Bildstabilisator im Gehäuse, was mittlerweile fast ein Standard ist, und die Bildfrequenz geht nicht über drei Bilder pro Sekunde bei Schärfepriorität hinaus. Acht Bilder schafft die Kamera nur ohne Autofokus. Der empfohlene Verkaufspreis in Österreich von 2519,99 Euro für das Gehäuse ist durchaus selbstbewusst. Die rundum gute Sony a7 III bekommt man für weniger Geld (2299 Euro), und auch bei Nikon ist der Einstieg in die Welt der spiegellosen Fotografie mit der neuen Z6 günstiger (2299 Euro). Die R von Canon kann zweifellos nur ein überhasteter Einstieg sein, um nicht ganz ohne Angebot dazustehen.

Nikon dagegen präsentierte bereits vor einigen Wochen zwei interessante Modelle mit dem neuen Z-Objektivsystem („Die Presse am Sonntag“ berichtete). Die teurere Z7 löst mit 45,7 Megapixeln auf und kostet in Österreich 3699Euro (Gehäuse). Die billigere Z6 hat eine Auflösung von 24,5 Megapixeln und schafft Serienaufnahmen mit bis zu zwölf Bildern pro Sekunde.

Eine große Überraschung soll es auf der Photokina von Panasonic geben. Das Unternehmen wird angeblich seine erste spiegellose Vollformatkamera präsentieren. Die sehr guten Kameras der Japaner hatten bisher nur einen Micro-Four-Third-Sensor. Über die Kamera gibt es bereits wilde Gerüchte, die von einer Auflösung jenseits der 40 Megapixel bis zu einem Leica-SL-Anschluss reichen (Panasonic fertigt Kameras für Leica). Spekulationen gibt es auch über Fujifilm, die eine günstige digitale Mittelformatkamera vorstellen werden.

Die Photokina läuft von Mittwoch bis Samstag. 812 Aussteller aus 66 Ländern präsentieren ihre Produkte (mehr von den Neuigkeiten aus Köln kommenden Sonntag im „Spielzeug“).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.09.2018)

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