PRO: Vorratsdaten-Regelung bringt Rechtssicherheit

VorratsdatenRegelung bringt Rechtssicherheit
VorratsdatenRegelung bringt Rechtssicherheit(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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PRODie Gesetze sehen ganz klare Grenzen vor, was Ermittler dürfen und wie Bürger darüber informiert werden. Die Vorratsdatenspeicherung wird in Österreich äußerst minimal umgesetzt.

"Ja, wir brauchen diese Daten." Friedrich König, Leiter der Abteilung Strafverfahrensrecht im Justizministerium, ist von der Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung überzeugt. Die verdachtsunabhängige Speicherung sämtlicher Verkehrsdaten aller Österreicher sei "essenziell" für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Gleichzeitig sieht König aber auch die Bedenken der Bürger ein. Er könne verstehen, dass es für Unbehagen sorgt, wenn man auf einmal erfährt, dass für sechs Monate gespeichert wird, wann wer mit wem per Telefon, SMS oder E-Mail Kontakt aufgenommen hat.

Löschung verpflichtend

Dennoch gibt es nach Königs Ansicht einen Vorteil für den Bürger. Bisher konnten Polizei und Staatsanwälte bereits auf die Datensätze, die jetzt als Vorratsdaten bezeichnet werden, zugreifen. Provider speichern schon jetzt Daten ihrer Kunden ab, etwa aus Gründen der Rechnungslegung. Allerdings werden diese Daten üblicherweise nicht länger als drei Monate vorrätig gehalten. Nun müssen die Betreiber sie für sechs Monate behalten, aber sie danach auch verpflichtend löschen. Eine Verwaltungsstrafe von bis zu 58.000 Euro soll garantieren, dass diese Löschung auch geschieht. Es bestehe jetzt deutlich mehr Rechtssicherheit, ist König überzeugt. Auch die Behörden müssen die Daten nach der Verwendung wieder vernichten.

Bürger werden über Datennutzung informiert

Verena Weiss, beim Innenministerium für Datenschutz zuständig, plädiert ebenfalls für die Vorratsdatenspeicherung. "Man muss hier auch die Opferseite einbringen", sagt Weiss. Gewisse Straftaten ließen sich ohne Zugriff auf Verkehrsdaten nicht lösen. Das in ihren Bereich fallende Sicherheitspolizeigesetz gewährt den Beamten rascheren Zugriff auf die Daten, bei Gefahr im Verzug auch ohne richterlichen Genehmigung. Jede Abfrage, egal ob von Polizei oder Staatsanwaltschaft muss aber protokolliert werden. Und Bürger müssen darüber informiert werden, dass eine Vorratsdatenabfrage über sie getätigt wurde. Daher sei nach Ansicht von Innen- und Justizministerium die Umsetzung in Österreich sehr transparent, was Bedenken minimieren sollte.

Daten für Tatrekonstruktion notwendig

Warum es überhaupt nötig ist, die Daten länger als ein paar Wochen vorzuhalten, erklärt wiederum König. Man könne nicht im Vorhinein wissen, wann jemand ein Verbrechen begeht. Mit den Daten lassen sich die Taten aber rekonstruieren - und im Falle eines Falles könnte ein Unschuldiger auch von einem allfälligen Verdacht befreit werden. Ein Rechtschutzbeauftragter im Justiz- und im Innenministerium soll genau prüfen, ob die Abfragen rechtmäßig waren. Und Bürger haben jederzeit ein Auskunftsrecht darüber, ob und wenn ja, in welchem Umfang die Behörden Daten über sie gesammelt haben.

Urheberrecht nicht integriert

Die Vorratsdatenspeicherung ist bei der Strafverfolgung für Offizialdelikte gedacht. Das bedeutet, dass nur bei solche Verdachtsmomenten darauf zugegriffen wird, bei denen die Staatsanwaltschaft von sich aus aktiv wird. König erklärt, dass zum Beispiel Urheberrechtsverletzungen nicht darunter fallen. Hier müssen Geschädigte selbst klagen, weshalb in diesen Fällen auch nicht auf die Vorratsdaten zugegriffen werden darf. Damit soll sogenannten "Abmahnwellen" durch Urheberrechtsinhaber, wie sie in Deutschland gefürchtet sind, vorgebeugt werden.

Minimale Umsetzung in Österreich

Mit sechs Monaten Vorhaltezeit hat Österreich hier das absolute Minimum umgesetzt, das die EU-Richtlinien, die der Vorratsdatenspeicherung zugrunde liegt, umgesetzt. In Frankreich und Großbritannien werden die Daten für ein ganzes Jahr gespeichert. In Österreich muss für eine Abfrage der Verdacht auf ein Verbrechen bestehen, dessen Höchststrafe mindestens zwei Jahre beträgt. Ganz anders verfährt etwa das Nachbarland Ungarn. Seit 15. März 2008 dürfen dort Ermittler ohne Angabe von Gründen auf Vorratsdaten zugreifen. Unter anderem Deswegen plädieren König und Weiss dafür, dass die österreichische Lösung "unaufgeregt" betrachtet wird.

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(db)

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