Googles Facebook-Rivale entwickelt sich schneller als bisherige Angebote. Demnächst könnten Spiele wie "Farmville" auf Google+ starten. Firmen ärgern sich über nicht vorhandene Unternehmensseiten.
Googles neuestes Experiment im Bereich Social Networks besitzt inzwischen 20 Millionen Nutzer. Nach Angaben des Marktforschungsinstituts Comscore wurde dieser Wert nur drei Wochen nach dem Start des Dienstes Google+ erreicht. Erst vor einer Woche konnte das Angebot des Webkonzerns die 10-Millionen-Marke überschreiten. Bei Google+ handle es sich um das schnellste Wachstum eines Online-Dienstes auf 20 Millionen Nutzer, den er je beobachtet hat, sagt Comscore-Analyst Andrew Lipsman zur LA Times . Das Angebot, das mit "Kreisen" auf eine simple Organisation von Kontakten setzt, hatte auch in Testberichten positive Reaktionen ausgelöst.
Firmen ärgern sich über Behandlung Nach Buzz, einem missglückten Versuch, Twitter zu imitieren, versucht sich Google jetzt gleich am großen Platzhirsch, Facebook. Google+ ist ein Social Network, das dem etablierten 850-Millionen-Portal gefährlich werden soll. Ob das gelingt, wird die Zeit zeigen. Interessant sind aber die Unterschiede, mit denen beide Anbieter aufwarten. DiePresse.com bietet einen Überblick der wichtigsten Unterschiede. (c) Google Das Stichwort "Freundeskreis" erhält mit Google+ eine neue Bedeutung. Je nachdem, wie gut man jemanden kennt, oder wo man die Person einordnet, kann man Nutzer bestimmten Kreisen zuordnen. Das funktioniert auch aus Benachrichtigungen heraus. Hinzufügen darf man jeden ohne dessen Zustimmung. Mit ein Grund, warum Facebook-Chef Mark Zuckerberg inzwischen der am meisten "eingekreiste" Google+-Nutzer ist. Die andere Person kann aber sehr genau filtern, wer was an Informationen sehen darf. (c) Google Auch Facebook bietet die Möglichkeit, Kontakte zu sortieren. Die Darstellung der Listen ist aber bei weitem nicht so komfortabel gestaltet. Dennoch ist die Grundfunktion dieselbe wie bei der Google-Konkurrenz. "Befreunden" können sich Personen nur, wenn beide einverstanden sind. (c) Presse Digital Eine der am meisten genutzten Funktionen von Facebook ist der "Like-Button". Diese simple Möglichkeit, seine Zustimmung zu signalisieren, gibt es bei Google+ mit dem "+1"-Button auch. Allerdings hat Google einen unfairen Vorteil. Das +1 wurde auch in die Suchmaschine integriert. Nutzer können so etwa das Ranking von Suchergebnissen beeinflussen. Diese Macht hat Facebook nicht. Ein "Like" und +1 unter Artikeln oder Blogeinträgen ist in beiden Fällen möglich. (c) Presse Digital Was wäre ein Social Network ohne Smartphone-App? Facebook hat schon seit längerem seine App für iPhone und Android, Google+ ist mittlerweile nachgezogen. Auf Android ist die Google+-App die deutlich besser integrierte. Wer schon andere Google-Dienste nutzt, wird sich hier bestens aufgehoben fühlen. (c) Google Sich miteinander zu unterhalten ist wohl eine der wichtigsten Funktionen eines Social Network. Beim Chat auf Google+ kann man nicht nur zu zweit, sondern mit mehreren Personen gleichzeitig plaudern. Google nennt das Huddle, was in etwa Gedränge bedeutet. Das Fenster lässt sich beliebig vergrößern und auch aus der Seite herausnehmen. Persönliche Nachrichten sind direkt aber nicht möglich. Hier muss man sich anders behelfen oder den E-Mail-Dienst Gmail nutzen. (c) Presse Digital Facebook setzt auf klassische Chat-Fenster, hat sein Mitteilungssystem aber stark aufgewertet. Schreibt man eine persönliche Nachricht und die Person ist gerade online, beginnt man gleichzeitig einen Chat. Geht sie offline, wird der nächste Eintrag als Nachricht im Posteingang gespeichert. Damit hat Facebook vor einiger Zeit die Direktnachricht stark aufgewertet. Wer mit mehreren Personen gleichzeitig reden will, kann das über die Einrichtung von Gruppen machen. (c) Presse Digital Mit Hangout, der Video-Chatfunktion von Google+, ist das Unternehmen Facebook zuvorgekommen. Der Dienst startete kurz bevor Facebook eine eigene Video-Plauderei vorstellen konnte. Letztere klappt aber im Gegensatz zu Google+ nur zu zweit. Für Qualität bürgt als technischer Partner Skype. Beide Varianten funktionieren direkt im Browser, eine separate Software ist nicht nötig. (c) Google Seine Stärke als Suchmaschinenspezialist kann Google mit den Sparks ausspielen. Sie bilden Interessen ab, sind aber nicht einfach nur Deklarationen der Hobbys von Nutzern, sondern bieten auf einen Blick Nachrichten und Artikel zu bestimmten Themen, die man einfach als Stichwort eingibt und dann hinzufügen kann. (c) Google Klar überlegen ist Facebook bei den Events. Hier gibt es bei Google+ (noch) kein entsprechendes Gegenstück. Es kann aber erwartet werden, dass hier noch eine stärkere Integration mit dem schon vorhandenen Google Kalender geschehen wird. Bis dahin bleibt aber dem blauen Riesen dieses Feld überlassen. (c) Presse Digital Sich mitteilen muss natürlich auch möglich sein. Aber wem? Google+ bietet in Kombination mit den Kreisen eine recht simple Lösung. Für jeden Beitrag kann man auswählen, wer ihn sehen darf. Hin und wieder passiert es, dass Beiträge von Freunden dermaßen stark kommentiert werden, dass andere Meldungen untergehen. In dem Fall kann man einen Eintrag "stummschalten", um sich auf andere konzentrieren zu können. (c) Presse Digital Im Gegensatz zu Google+ präsentieren sich Facebooks Möglichkeiten, Nachrichten zu teilen, als eher eingeschränkt. Zwar kann man über benutzerdefinierte Einstellungen ebenfalls einstellen, welche Freundeslisten Nachrichten sehen dürfen. Die Flexibilität von Googles Konkurrenten geht hier aber ab. Einzelne Beiträge lassen sich verstecken. (c) Presse Digital Kein Foto ohne Tag. Dementsprechend hat Google+ diese Funktion auch von Facebook übernommen. Die Bereiche des Tags lassen sich aber vergrößern. Wesentlich wichtiger ist, dass Benutzer erst einem Tag zustimmen müssen, bevor er aktiv wird. (c) Presse Digital Genau das ist bei Facebook nämlich nicht der Fall. Hier kann man zwar Tags von sich selbst entfernen lassen. Allerdings erst, nachdem diese bereits zumindest eine kurze Zeit online waren. (c) Presse Digital Bei Fotos bietet Google noch einen Dienst, mit dem Facebook derzeit nicht mithalten kann. Wer mit einem Android-Handy ein Foto schießt, lädt es direkt in einen Ordner auf Google+ hoch. Dieser ist aber nicht für andere freigegeben. Erst, wenn man die Bilder von dort in ein anderes Album platziert, können Freunde die Fotos sehen. Ähnliches hat Microsoft in die Kamerafunktion von Windows Phone 7 integriert. Aufnahmen können automatisch auf die Online-Festplatte Skydrive oder auf Facebook hochgeladen werden. (c) Google Zig Millionen Facebook-Nutzer verbringen ihre Zeit mit Minispielen wie Farmville, Cityville, Mafia Wars oder ähnlichen Anwendungen. Dadurch wird der Dienst zwar oft etwas zugepflastert mit Statusmeldungen aus diesen Apps. Dennoch bietet Facebook damit einen Unterhaltungswert, bei dem Google+ noch aufholen muss. (c) Presse Digital Wer sich im Internet selbst präsentiert, muss auch aufpassen, wieviel er wem preisgibt. Die Datenschutzeinstellungen bei Google+ sind leicht zu erreichen und ermöglichen auch eine Profilvorschau, die zeigt, was öffentlich sichtbar ist und was nicht. In dieser Vorschau kann man gleich ändern, welche Elemente wer sehen darf. Komplett öffentlich müssen aber Name und Geschlecht sein. Private Profile, die nicht in Suchergebnissen aufscheinen, erlaubt Google nur noch bis 31. Juli. Immerhin kann man abstellen, dass man auch per Google-Websuche gefunden wird. (c) Presse Digital Seit seiner Erfolgssträhne hat Facebook immer wieder Kritik von Datenschützern kassiert. Unter anderem wegen schwer verständlicher Einstellmöglichkeiten. In der Tat sind die Optionen bei Facebook etwas verschachtelt und nicht immer leicht zu finden. Erschwerend kommt hinzu, dass einzelne Zusatz-Apps (etwa Spiele wie Farmville) wieder eigene Vorstellungen davon haben, was schützenswert ist und was nicht. Private Profile ermöglichen es, nur für bestätigte Freunde sichtbar zu sein. (c) Presse Digital Die Data Liberation Front ist ein Team aus Google-Entwicklern, deren Ziel der einfache Umgang mit Nutzerdaten ist und deren Name von der "Judäischen Volksfront" (oder war es die "Volksfront von Judäa"?) aus dem Monty-Python-Film "Das Leben des Brian" abgeleitet ist. Eines der ersten Ergebnisse ist Google Takeout, das es erlaubt, die geballten bei Google gespeicherten Nutzerdaten in einem Stück auf den eigenen Rechner herunterzuladen. Google verspricht, dass bei einer Profillöschung alle Daten vernichtet werden. (c) Google Welches Social Network kann was besser? Selbst mit 20 Millionen Nutzern ist Google+ aber noch weit vom großen Rivalen Facebook entfernt. Dieser hatte vor kurzem bekannt gegeben, bereits 750 Millionen aktive Nutzer verzeichnen zu können. Und Google+ kämpft derzeit mit einem Problem. Firmen und Organisationen können kein Profil anlegen. Wenn sie es doch tun, werden sie gelöscht, wie auch DiePresse.com leidvoll erfahren musste. Vic Gundotra, Leiter des Projekts Google+, entschuldigte sich in einem Gespräch mit TechCrunch . Die Art und Weise, wie Marken und Unternehmen behandelt worden seien, sei "vermutlich ein Fehler" gewesen.
Spiele im Anmarsch Mit Spannung warten Beobachter auf Googles nächste Schritte. Eine umfassende Integration der schon vorhandenen Web-Anwendungen "Text & Tabellen" sowie "Kalender" mit Google+ wird erwartet. Und demnächst sollen auch Spiele Einzug auf die Plattform erhalten. Wie All Things Digital berichtet, steht das Vorhaben kurz vor dem Abschluss. Um Entwickler anzulocken, will Google weniger als 30 Prozent des Umsatzes für sich behalten. Damit würde das Unternehmen den von Apple und Facebook etablierten de-facto-Standard unterbieten. Es könnte nach dem Bericht nicht mehr lange dauern, bis "Google+ Ville" startet. Immerhin ist Google einer der größten Investoren hinter Zynga, der Entwicklerfirma hinter dem extrem erfolgreichen Facebook-Spiel "Farmville".
(db)
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