Beide Firmen blockieren Zahlungen an Wikileaks und werden im Rahmen der "Operation Payback" massiv attackiert. Ein isländisches Unternehmen klagt. "Visa soll seinen Job machen" heißt es in einer Aussendung.
Nach der Festnahme von Wikileaks-Gründer Julian Assange hat der Konflikt um die Enthüllungsplattform eine neue Eskalationsstufe erreicht. Aktivisten blockierten am Mittwoch die Website des Kreditkarten-Riesen Mastercard. Zuvor hatte der Finanzdienstleister die Überweisung von Spenden an Wikileaks gestoppt. Inzwischen ist das Angebot von Mastercard wieder erreichbar, dafür legten die Angreifer wenig später den Internetauftritt von Visa lahm. Beide Unternehmen hatten Zahlungen an Wikileaks eingefroren. Ein isländisches Unternehmen will die beiden deshalb vor Gericht zerren. Sie sollen ihrer Aufgabe als Zahlungsanbieter nachkommen.
Schwedische Staatsanwaltschaft angegriffen
Die Websites der Kreditkartengesellschaften wurden mit sogenannten DDOS-Angriffen ("Distributed Denial of Service") lahmgelegt. Dabei wird ein Web-Server mit Unmengen von Daten geflutet und dadurch blockiert. Am Mittwoch stand auch die Website der schwedischen Staatsanwaltschaft, von der der Haftbefehl gegen Wikileaks-Gründer Julian Assange stammt, auf diese Weise unter Beschuss. Sie blieb jedoch online. Assange war am Dienstag in London verhaftet worden, nachdem er sich der Polizei gestellt hatte. Ihm werden in Schweden sexuelle Vergehen vorgeworfen. Er bestreitet die Anschuldigungen. Sein Anwalt betonte am Mittwoch zudem, dass Assange keine Anweisungen zu den Hacker-Attacken gegeben habe.
"Operation Payback"
Dass es den unbekannten Aktivisten gelang, nach der Attacke bei Mastercard auch die Visa-Website vom Netz zu nehmen, ist umso erstaunlicher, da das weltgrößte Kreditkartenunternehmen Zeit zur Vorbereitung hatte. Nach der Attacke auf Mastercard war klar, dass Visa unter den nächsten Zielen sein würde. Zudem kündigte die Gruppe "Anonymous", die die Angriffe als "Operation Payback" bezeichnet, die Attacke auf Visa eine Stunde im Voraus über den Online-Dienst Twitter an. Sie nimmt "freiheitsfeindliche Organisationen" ins Visier, die ihre Geschäftsbeziehungen zu Wikileaks aufgekündigt hatten. "Anonymous" war 2008 mit Protestaktionen gegen die Organisation Scientology bekannt geworden
Tausende Hacker für Wikileaks
Bereits am Vortag hatten Hacker und Sympathisanten aus dem Umkreis der "Anonymous"-Bewegung die Webseite des Finanzdienstleisters der Schweizer Post, Postfinance, angegriffen. Das Unternehmen hatte am Montag ein Konto geschlossen, über das bisher Spenden für die Enthüllungsplattform Wikileaks im Internet liefen. Zur Begründung hieß es, Assange habe bei der Kontoeröffnung falsche Angaben zu seinem Wohnort gemacht. Experten vermuteten eine große Zahl an Hackern hinter den Angriffen. "Hunderte sind es wahrscheinlich mindestens, vielleicht auch Tausende", sagte Mikko Hypponen von der finnischen IT-Sicherheitsfirma F-Secure.
Wikileaks gegen PayPal
Die zu den wichtigsten Spendensammlern von Wikileaks zählende Wau-Holland-Stiftung kündigte rechtliche Schritte gegen die unangekündigte Sperrung ihres Kontos beim Online-Zahlungsdienst PayPal an. "Durch diese willkürliche Entscheidung der Firma PayPal" habe die Stiftung keinen Zugriff mehr auf eingegangene Spenden über rund 10.000 Euro, teilte die Organisation mit. Auch PayPal war von Angreifern belagert worden. Die Website war ebenfalls mehrere Stunden nicht erreichbar. Zusätzlich haben zahlreiche Kunden angekündigt, aus Protest ihr PayPal-Konto auflösen zu wollen.
Isländer klagen Visa und Mastercard
Der isländische Datenspeicherdienst DataCell hat unterdessen rechtlichen Schritte gegen die Kreditkartenbetreiber angekündigt. Die Einfrierung der Zahlungen seitens Visa und Mastercard sei ein Bruch der Vertragsbedingungen mit den Kunden der Unternehmen, schreibt DataCell in einer Aussendung. Daher werde man sofort Klage einlegen, um die Spendenflüsse wieder in Gang zu setzen. Es sei offensichtlich, dass Visa unter politischem Druck stehe, schreibt das Unternehmen. Visa solle sich aber nicht in Politik einmischen, sondern "einfach ihren Job machen, in dem sie gut sind: Geld überweisen." Schließlich habe Visa auch kein Problem damit, Geld für Porno- oder Glückspiel-Websites zu überweisen, so DataCell weiter.
(Ag./Red.)