Das Roaming-Ende und seine vielen Ausnahmen

Bloomberg
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Ab heute ist Schluss mit den Zusatzgebühren im EU-Ausland. Es gibt aber einiges zu beachten, um nicht am Ende des Monats eine böse Überraschung bei der Rechnung zu erleben.

Ab heute, Donnerstag, fällt das Roaming innerhalb der EU-Länder. Jahrelange Verhandlungen gingen diesem Tag voraus. Was anfänglich klang wie der lange erwartete Heilsbringer, entpuppt sich als kompliziertes Konstrukt mit Ausnahmen und einer in der Praxis kaum anwendbaren Formel. "Die Presse" fasst die wichtigsten Punkte zusammen.

Grundsätzlich gilt, dass alle Anrufe aus den EU-Ländern sowie Liechtenstein, Norwegen und Island nach Österreich den Inlandstarifen unterliegt. Hat man einen Tarif, der ein Kontingent an Minuten, SMS und Datenvolumen umfasst, wird dieses wie auch im Inland verrechnet. Wer also im Griechenland-Urlaub nachhause anruft, zahlt weiterhin den Tarif, den er auch von zuhause aus gewohnt ist. Grundregel: Als Roaming gelten nämlich nur Telefonate und Datenübertragen im Ausland, eingewählt im Netz des Reiselandes. Vorsicht bei Telefonaten von Österreich ins Ausland. Das ist der neuen Regelung zufolge kein Roaming. 

Ebenfalls vom Roaming-Ende ausgenommen sind Kreuzfahrten, Fähren und auch in Flugzeugen kann es zu Extrakosten kommen. In der Luft und am Wasser gelten andere Bestimmungen. Zudem gelten die Bestimmungen nur für die EU-Länder. Wer seinen Urlaub beispielsweise in der Schweiz, der Türkei oder Serbien verbringt, zahlt genauso viel wie bisher.

Vorsicht beim Surfen im Internet im EU-Ausland

Die großen Ausnahmen bringt der Datenverbrauch mit sich. Mobilfunkbetreiber haben sich im Zuge der Verhandlungen Befürchtungen geäußert, dass das Roaming-Ende ausgenutzt werden könnte und Kunden im EU-Ausland einen günstigen Vertrag abschließen könnten, um diesen dann im eigentlich teureren Heimatland ständig zu verwenden. Um diesem Missbrauch gleich von Beginn an einen Riegel vorzuschieben, hat die EU einige Bestimmungen für beide Seiten ausformuliert.

Anbieter sind verpflichtet, Kunden zu informieren, wenn das monatlich inkludierte Roaming-Guthaben aufgebraucht ist. Die von der EU dafür erstellte Regel "Dividiert man das Grundentgelt durch den von der EU festgelegten Gigabyte-Preis von 7,70 Euro und multipliziert das Ergebnis mit zwei, dann erfährt der Nutzer wieviel Datenvolumen er hat", erweist sich in der Praxis als unbrauchbar.

Die heimischen Anbieter bieten aber auf ihren Webseiten Informationen dazu an, wieviel vom eigenen Tarif an Gigabyte kostenlos im EU-Ausland zur Verfügung stehen. Bei den A1-Go-Tarifen steht zum Beispiel das gesamte Datenvolumen zur Verfügung.

Das kann teuer werden: Vorsicht bei Missbrauch

Aber bis dahin gilt, dass eine SIM-Karte hauptsächlich im Heimatland genutzt wird. Wenn eine SIM-Karte häufiger im Ausland als im Inland aktiv ist, liegt der Verdacht des Missbrauchs nahe. Das gilt auch, wenn eine SIM-Karte lange inaktiv bleibt und fast ausschließlich beim Roaming genutzt wird oder wenn ein Kunde mehrere SIM-Karten besitzt und diese nacheinander im EU-Ausland benutzt. 

Konsequenzen: Die Telekommunikationsanbieter müssen den Missbrauch zunächst über einen Zeitraum von vier Monaten nachweisen. Verbringt ein Verbraucher mehr als zwei Monate davon im Ausland und nutzt dort seine SIM-Karte häufiger als zu Hause, kann der Anbieter eine Warnung an seinen Kunden schicken. Erst, wenn dieser binnen zwei Wochen nicht reagiert, dürfen Zusatzkosten erhoben werden. 

Kosten: Diese betragen drei Cent pro Minute bei Anrufen, ein Cent pro SMS. Die Kosten für mobiles Internet werden stufenweise herabgesetzt: Zunächst können Anbieter bei Missbrauch 7,70 Euro pro Gigabyte berechnen, 2018 sechs Euro, 2019 nur noch 4,50 Euro - bis ab 2022 dann nur noch 2,50 Euro pro Gigabyte fällig werden. 

"Schluss mit den alten nationalen Insellösungen"

Kritik zu den Ausnahmen gibt es auch von Paul Rübig. Einem der Initatoren des EU-weiten Roaming-Endes. Er bezichtigt die Mobilfunkbetreiber der Preistricksereien. Das sollen sich Kunden nicht gefallen lassen. Sollten die Preise in die Höhe gehen, solle man sich einen neuen Tarif vorschlagen lassen, oder kündigen. Doch nicht nur mit den Providern rechnet er ab, auch mit dem jetzigen Konstrukt: "Morgen kommen wir dem Traum von grenzenloser Kommunikation in Europa einen Riesenschritt näher. Trotzdem sind wir von einem wirklichen EU-weiten Digitalmarkt noch weit entfernt. Ich will, dass sich jeder Konsument den besten Anbieter zwischen Schweden und Italien aussuchen kann. Daran werden wir weiterarbeiten." Rübig fordert von EU-Kommission und EU-Mitgliedsstaaten, neue Initiativen zur Durchsetzung eines EU-weiten digitalen Binnenmarkts vorzulegen.

(bagre)

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