Der teure Weg ins digitale Zeitalter

SMS ist out,  Online-Messenger-Dienste wie WhatsApp in: 100 Mrd. Nachrichten haben die Österreicher im Vorjahr verschickt.
SMS ist out, Online-Messenger-Dienste wie WhatsApp in: 100 Mrd. Nachrichten haben die Österreicher im Vorjahr verschickt.(c) REUTERS (PETER NICHOLLS)
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Die Mobilfunker fordern einen „nationalen Schulterschluss“, um die zehn Mrd. Euro für den Ausbau von Glasfaser und 5G zu stemmen.

Wien. Was ist das liebste Spielzeug der Österreicher? Erraten – das Smartphone. 100 Milliarden Kurznachrichten wurden 2017 via Online-Messenger-Diensten wie WhatsApp versendet, indes sank die Zahl der SMS gegenüber 2012 um 70 Prozent. Das Datenvolumen schnellte sogar um 60 Prozent auf über eine Mrd. Gigabyte hinauf, wie das Forum Mobilkommunikation (FMK) erhob.

Dieser Trend wird sich noch beschleunigen, denn künftig geht es um mehr als schnelles Downloaden großer Datenmengen. Das Internet der Dinge, die Vernetzung von Maschine zu Maschine und zu Mensch, autonomes Fahren, Industrie 4.0 – alle diese und noch mehr Anwendungen sind freilich nur mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G möglich.

Österreich ist allerdings im digitalen Zeitalter noch nicht angekommen. Nach dem Wunsch der Regierung soll das Land ab 2025 flächendeckend mit 5G versorgt sein. Ein mehr als ambitioniertes Ziel, denn jetzt liegt Österreich beim Networked Readiness Index des World Economic Forum unter 139 Ländern auf Platz 20, innerhalb Europas auf Rang elf. Bei der Versorgung mit Glaserfaseranschlüssen ist Österreich laut der Computer Measurement Group Schlusslicht in Europa. Länder in Asien, vor allem China, und in Skandinavien sind weit voraus.

Positiver Effekt für das BIP

Die Aufholjagd hat also begonnen, schließlich drohen einem Land, das technologisch nachhinkt, Wettbewerbsnachteile. Schafft es Österreich, winken laut mehreren Studien zusätzliche vier Mrd. Euro für das Bruttoinlandsprodukt und 35.000 neue Arbeitsplätze. Der Knackpunkt schlechthin ist allerdings nicht die Technologie, sondern wie so oft das Geld.

Bis zu drei Mrd. Euro dürfte der 5G-Rollout kosten, schätzt Marcus Grausam, Chef von A1 Telekom Austria und FMK-Präsident. Das ist nur der kleine Brocken: Das Glasfasernetz, das für 5G unabdingbar ist (unter anderem, um Daten von Funkstationen weiterzuleiten), kostet bis zu sieben Mrd. Euro. Womit jene zehn Mrd. Euro erreicht sind, von denen auch Infrastrukturminister Norbert Hofer (FPÖ) spricht.

Wer soll das bezahlen? Sicher nicht die Anbieter allein, lautet der Tenor von A1, T-Mobile und „3“, der Hofer auch schon signalisiert wurde. Wie tief der Staat bereit wäre, in die Tasche zu greifen, ist offen. Hofer sprach von einer „großen Herausforderung“ und stellte Förderungen in Aussicht.

Die im FMK zusammengeschlossenen Mobilfunker fordern deshalb einen „nationalen Schulterschluss“ von Politik, Verwaltung und Wirtschaft. „Das Strategiepapier der Bundesregierung ist sehr, sehr begrüßenswert“, sagte Grausam am Donnerstag. Es müsse aber schnell umgesetzt und vor allem müssten die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden.

Die primäre Forderung der Handyfirmen zielt daher auf die Auktion der für 5G notwendigen Funkfrequenzen, die Ende des Jahres geplant ist. Sie soll – anders als 2013, als die Mobilfunker zwei Mrd. Euro zahlen mussten – diesmal nicht zum Stopfen von Budgetlücken genützt werden. „Jeder Euro, der zu viel in die Auktion fließt, fehlt beim Infrastrukturausbau“, betonte Grausam.

450 Mio. Euro aus Auktion

Deshalb wurde das Mindestgebot mit 30 Mio. Euro sehr niedrig angesetzt. Hofer hat nur 450 Mio. Euro Erlös aus der Auktion budgetiert – das Geld soll in 5G fließen. Und da ist noch die Breitbandmilliarde aus der vergangenen Auktion. Fünf Jahre später sind nur 250 Mio. Euro vergeben (600 Mio. sind ausgeschrieben). Die Frage, ob es nicht auf der Hand läge, das Geld zu 5G „umzuleiten“, wollte Grausam nicht beantworten. Ebenso wie er zur aktuellen Auktion schwieg – es sei absolutes Stillschweigen vereinbart.

Publik sind indes weitere Forderungen, die auch die Kosten betreffen und in die Telekomgesetz-Novelle hineingeschrieben werden sollen: Genehmigungsverfahren (für die Anlagen) sollen beschleunigt, Funkstationen vor allem auf dem Land geteilt werden dürfen und Mieten für Anlagen auf Gebäuden der öffentlichen Hand deutlich gesenkt werden. Zu den bestehenden 18.000 Funkstationen braucht es für 5G geschätzt weitere 10.000. Sie sind aber zum Teil sehr klein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.06.2018)

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