Zelltherapie: „Das ist bitte kein Ärztestreit“

(c) DiePresse (Michaela Bruckberger)
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Die Ärzte Johannes Huber und Sepp Leodolter, die sich für „Cell Med“ medial engagiert haben, sind an der Firma selbst beteiligt. Das hätten sie ihm nie mitgeteilt, bedauert AKH-Direktor Krepler.

Wir haben international anerkannte Forschung und ein Gesundheitssystem, das letztlich Arm und Reich ermöglicht, an Therapien heranzukommen. Das müssen wir verteidigen: verhindern, dass ein schwarzes Schaf danebenhaut. Das ist bitte kein Ärztestreit! Die meisten Kollegen sind diesseits der Linie der Seriosität.“ Michael Gnant, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Chirurgische Onkologie, findet deutliche Worte zum „Fall Cell Med“ – wie auch Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky, die laut „Österreich“ sagte: „Es ist eine Gemeinheit, wie hier mit den Hoffnungen und Ängsten der Betroffenen gespielt wird.“

Gemeint sind Johannes Huber und Sepp Leodolter, Abteilungsleiter an der Frauenklinik des Wiener AKH: Sie hatten in einem Bericht der Zeitschrift „News“ (Titel: „Neue Waffe gegen Krebs“) für „Zelltherapie“ gegen Krebs – und die Kremser Firma „Cell Med“, die diese praktiziert – geworben.

Er habe die Methode „zum Selbstkostenpreis angeboten“, aber „daran nichts verdient“, sagte Huber letzten Mittwoch zur „Presse“, und „Cell-Med“-Geschäftsführer Wolfgang Huber (nicht mit J.H. verwandt) sekundierte: Die Ärzte hätten es als ihre „ethische Pflicht“ gesehen, „die Zelltherapie den Patienten zugänglich zu machen“.

„Offensive Promotion“

Inzwischen wurde bekannt, dass die beiden Frauenärzte nicht nur ideell an „Cell Med“ beteiligt sind, sondern auch ganz materiell: als Gesellschafter – Leodolter direkt, Huber über die Firma „Tagos“ (siehe Kasten). Leodolter gab gegenüber der Apa auch zu, er habe in einem Brief an Ärztekollegen um Verständnis für die „offensive Promotion“ für „Cell Med“ gebeten, sie sei nötig gewesen, „um über Sponsoren weiter nötiges Geld zu gewinnen“. „Pleitegefahr“ habe keine bestanden, obwohl er im Brief die „Gefahr einer Liquidation“ beschworen hatte.

Für Reinhard Krepler, den ärztlichen Direktor am AKH, ist all das „in dieser Form sicher nicht okay“, sagt er der „Presse“. Es sei zwar rechtlich kein Problem, dass ihm Huber die Beteiligung an „Cell Med“ nicht gemeldet hat: „Jeder Dienstnehmer hat das Recht, sich an Unternehmen zu beteiligen.“ Er bevorzuge aber den US-Standard: Ärzte machen von sich aus Beteiligungen transparent. Es sei üblich, dass Ärzte bei unternehmerischen Ambitionen an ihn herantreten. Huber hat das nicht getan. „Auf der Website der Firma ist von Beratung durch Huber die Rede. Dass es um Eigentümerschaft geht, habe ich erst aus dem Firmenbuch erfahren“, so Krepler: „Das kann ich ja nicht bei allen Ärzten so machen.“

Für ihn ist es ohnedies schwierig, sich ein Bild über die Nebenbeschäftigungen seiner Ärzte zu machen: Sie sind nur gegenüber dem Rektor der medizinischen Universität verpflichtet, Nebenbeschäftigungen genehmigen zu lassen. Krepler: „Mit diesem Zustand bin ich nicht einverstanden. Schließlich könnten nicht nur die Uni-Interessen, sondern auch jene des AKH gefährdet sein.“

Mussten Patienten die Therapie zahlen?

Unklar ist, ob und wie viel die Patientinnen, die in „News“ als geheilt präsentiert wurden, für die Therapie bezahlt haben. Während Wolfgang Schütz, Rektor der Medizin-Universität, von 14.000 Euro sprach und Johannes Huber von 3900 Euro, erklärt ein „Cell-Med“-Pressesprecher, die Patientinnen seien im Rahmen einer Studie kostenlos behandelt worden. Daneben führe die Firma „individuelle Heilbehandlungen“ durch, für die der Arzt, der die Patienten zuweist, die Rechnung bekomme. Dieser Unterschied ist wichtig, weil es, so Gnant, „undenkbar ist, dass Patienten für eine klinische Studie zahlen müssen“. AKH-Chef Krepler lässt nun überprüfen, ob seine Patienten bezahlen mussten oder nicht.

Johannes Huber setzt sich jedenfalls dafür ein, dass die Krankenkassen die Kosten für Zelltherapie übernehmen mögen. Dabei verschwimmt oft, was man darunter verstehen soll: die Versuche, mit dendritischen Zellen Krebs zu therapieren (siehe rechts)? Auch Therapien mit adulten Stammzellen? Dendritische Zellen sind keine Stammzellen, doch im – angeblich autorisierten – „News“-Artikel wurde die Therapie mit dendritischen Zellen als „Stammzelltherapie“ bezeichnet – was gut zu den Plädoyers des Gynäkologen und Theologen Huber passt, aus ethischen Gründen mehr in die Forschung an adulten Stammzellen zu investieren.

Huber ist Vorsitzender der österreichischen Bioethikkommission, die im Herbst neu bestellt wird. „Ich hielte es für besser, einen anderen Vorsitzenden zu ernennen“, sagt Ulrich Körtner, evangelischer Theologe und Kommissionsmitglied: „Es ist nicht ehrenrührig, dass ein Mediziner an einer Firma beteiligt ist. Das Problem ist die Transparenz.“ Schärfer formuliert es Molekularbiologin Renée Schröder: „Huber ist rücktrittsreif. Für mich ist sein Verhalten typisch für die Doppelmoral des männlichen Katholizismus.“

HUBERS BETEILIGUNGEN:

„Cell Med“, Sitz in Krems, ist eine GmbH, an der u.a. Univ.Prof. Dr. Sepp Leodolter und die „,TAGOS‘ HandelsG.m.b.H.“ beteiligt sind.

„Tagos“ hieß früher „DDr. Huber & Co. Ges.m.b.H.“ und gehört Univ.Prof. DDr. Johannes Huber (60%) und Helga Huber (40%). Beteiligt auch an „MOZAT – Endokrines Mamma-Onkologisches Zentrum G.m.b.H.“ (der gynäkologischen Ordination am Wiener Rudolfinerspital, die laut ihrer Homepage auf dendritische Zelltherapie setzt) und an „GenoSense Diagnostics“, einer Firma, die Gentests entwickelt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2007)

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