Steuerrechtsexperte weist auf Lücken hin, die bei einer weiteren Einschränkung des Bankgeheimnisses für Ausländer verbleiben.
Wien. Selbst wenn die österreichische Regierung wie beabsichtigt dem automatischen Informationsaustausch über Zinserträge in der EU zustimmt, können Kapitalerträge in Österreich vor ausländischen Steuerbehörden verborgen bleiben. Denn einerseits sind von der EU-Regelung keineswegs alle Arten von Kapitalerträgen umfasst; andererseits fallen juristische Personen jedenfalls bisher nicht unter die EU-Meldepflicht, wie sie in allen Mitgliedsländern mit Ausnahme von Luxemburg und Österreich gilt.
Verstecken hinter juristischer Person
„Steuerhinterziehung kann der automatische Informationsaustausch in dieser Form nicht wirksam verhindern“, sagt Benjamin Twardosz, Steuerberater, Rechtsanwalt und Partner in der Kanzlei Wolf Theiss. Die Richtlinie, auf der der Informationsaustausch beruht, könne leicht umgangen werden: Abgesehen davon, dass sie für Anleger aus Nicht-EU-Staaten (z.B. Russen) ohnehin nicht gelte, könnten natürliche Personen sich hinter juristischen Personen verbergen. „Wer hinter einer juristischen Person steht, ist für eine Bank in vielen Strukturen naturgemäß schwer festzustellen“, so Twardosz zur „Presse“. Die Bank wäre aufgrund der Geldwäschevorschriften zwar verpflichtet, den Hintergrund auszuleuchten. „Ein Steuerhinterzieher würde aber typischerweise die Bank täuschen.“
Das zweite große Problem ortet der Experte bei der Art der erfassten Erträge. Zwar sind Zinserträge jeglicher Art eindeutig erfasst: etwa aus Geldeinlagen bei Banken, Anleihen oder Investmentfonds (ausgenommen Immobilieninvestmentfonds). Vor allem Aktien aber könnten von Ausländern hingegen weiterhin ungestört in österreichischen Depots gehalten werden, ohne dass es darüber oder über die Dividenden einen automatischen Informationsaustausch gäbe.
Nicht alle steuerrelevante Daten erfasst
„Ein vollständiger automatischer Informationsaustausch sämtlicher steuerrelevanter Bankdaten ist derzeit in der EU nicht vorgesehen“, sagt Twardosz. „Österreich kann sich daher auch nicht daran beteiligen.“ Er tritt auch der Einschätzung entgegen, dass Österreich bisher Zinserträge von Ausländern völlig ungeschoren lasse: Wie berichtet, wird bei ausländischen EU-Bürgern eine Quellensteuer in Höhe von 35 Prozent eingehoben, von der drei Viertel an den Wohnsitzstaat gehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2013)