Klima, Schüssel, Riess und Co.: Karriere nach der Politik
In Aufsichtsräte, an die Universität, zum Autobauer oder ins Glücksspiel-Metier: Die Wege von Ex-Politikern sind vielseitig. Ein Überblick über Zweit-Karrieren.
02.03.2018 um 15:25
"Jetzt ist der Zeitpunkt, die Führung abzugeben", sagte Eva Glawischnig im Mai 2017 - und trat als Grünen-Chefin ab. Nun, nach einem Dreivierteljahr des Pausierens, suchte sie die Öffentlichkeit wieder auf und verkündete ihren Wechsel zum Glücksspielkonzern Novomatic - als Nachhaltigkeitsmanagerin. Mancher Kommentatoren fühlten sich bei dieser Nachricht an Alfred Gusenbauer erinnert. Doch auch andere legten nach der Politik eine zweite Karriere ein. Ein Überblick. (hell)
APA/GERT EGGENBERGER
Zwei Jahre hielt sich Viktor Klima einst im Kanzleramt, bevor er es wieder räumen musste. Die SPÖ trat damit Anfang des Jahres 2000 nach 30 Jahren Regierungsverantwortung den Weg in die Opposition an - ohne ihren obersten Roten. Klima, damals 52 Jahre alt, aktivierte vielmehr seine Kontakte, die er (unter anderem) aus seiner Zeit als OMV-Manager zur SPD hatte und begann schon im Oktober bei VW Argentinien. Knappe sechs Jahre später avancierte er zum Südamerika-Chef von VW, der er bis 2012 blieb.
(c) APA (VOLKSWAGEN ARGENTINA)
Im Jahr 2000 erklomm Wolfgang Schüssel von Platz drei in der Wählergunst aus mit Hilfe des Freiheitlichen Jörg Haider die Regierungsspitze. Bald sollte Schwarz-Blau I scheitern und eine Neuauflage kommen. 2006 endete die Kanzlerschaft dann aber doch für den promovierten Juristen: Die SPÖ zog bei der Nationalratswahl an der ÖVP vorbei - Schüssel wurde Klubchef, später einfacher Abgeordneter und zog sich im Herbst 2011 im Zug der Telekom-Affäre gänzlich zurück. Daneben sicherte er sich als Aufsichtsrat des deutschen Energiekonzerns RWE ein einträgliches Nebengeschäft. Weiters ist er Kuratoriumsmitglied der Bertelsmannstiftung.
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Am 8. Februar 2002 legte Susanne Riess (damals noch mit dem Doppelnamen-Zusatz Passer) ihre Posten als FPÖ-Obfrau, Vizekanzlerin sowie Ministerin für öffentliche Leistung und Sport zurück. Seit 2004 ist sie als Generaldirektorin der österreichischen Wüstenrot-Gruppe und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Bundestheater Holding tätig. Acht Jahre lang war sie zudem Verwaltungsrat-Mitglied bei der Privatbank IHAG Zürich AG. Gemeinsam mit Gusenbauer sitzt Riess im Beirat der Signa Holding und war außerdem Mitglied des Aufsichtsrats der ÖIAG.
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Erst ins Kanzleramt und von dort weiter in die Privatwirtschaft, zog es Alfred Gusenbauer (SPÖ). Er baute sich – nach einem Intermezzo bei der Arbeiterkammer Niederösterreich – ein florierendes Consulting-Unternehmen auf und sitzt in etlichen Aufsichtsräten (u.a. bis 2017 bei der RHI). Nebenher gingen sich auch einige Lehrtätigkeiten an den prestigereichen US-Universitäten Brown und Columbia aus. Weiters ist Gusenbauer Europa-Direktor des Investmentfonds Equitas European Funds und berät die WAZ-Mediengruppe in Ost-und Südosteuropafragen. Seit Oktober 2017 ist er im Beirat des Alpenländischen Kreditorenverband. Gusenbauer besitzt auch zwei Beteiligungsfirmen.
Aus gesundheitlichen Gründen gab Josef Pröll im April 2011 seinen Abschied aus der Politik bekannt - konkret als Vizekanzler und Finanzminister der ÖVP. Nur einen Monat später fand sich eine neue berufliche Aufgabe für den Niederösterreicher: Er wurde Vorstand der Leipnik-Lundenburger, einem Mischkonzern, der zur Raiffeisen-Gruppe gehört. Im April 2012 übernahm Pröll den Posten des Landesjägermeisters, im September desselben Jahres wurde er Präsident der Ludwig Boltzmann Gesellschaft.
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Etwas länger hat die Jobsuche bei Prölls Vorgänger Wilhelm Molterer gedauert. Der Kurzzeit-ÖVP-Obmann, der 2007 Wolfgang Schüssel nachgefolgt war und nach der verlorenen Neuwahl 2008, die er selbst angezettelt hatte („Es reicht!“), wieder abtreten musste, blieb drei Jahre lang einfacher Abgeordneter der ÖVP. Erst dann fand die Partei einen Job und kürte den früheren Finanzminister zum Vizepräsidenten der Europäischen Investitionsbank.
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Erst war er Außenminister, dann zusätzlich Vizekanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann. Von 2013 bis August 2014 wechselte Michael Spindelegger das Ressort und fungierte als Finanzminister. Danach wurde es zunächst ruhig um den Niederösterreicher, der seit dem 1. Jänner 2016 Generaldirektor des Internationalen Zentrums für die Entwicklung von Migrationspolitik gerufen wird. Zuvor hatte er als Präsident der Agentur für die Modernisierung der Ukraine - gegründet von dem umstrittenen ukrainischen Oligarchen Dimitri Firtasch - gewerkt.
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Sein Ruf als politischer Überlebenskünstler war durch mehrere Krisen gewachsen, doch der Druck wurde letztlich zu groß: Im Mai 2016 dankte Werner Faymann als SPÖ-Chef und Bundeskanzler ab - und registrierte sich alsbald im Lobbying- und Interessenvertretungsregister mit dem Tätigkeitsbereich Beratung und Public Affairs. Noch im selben Jahr hob er gemeinsam mit seinem ehemaligen Pressesprecher Matthias Euler-Rolle ein Unternehmen aus der Taufe, der Fokus: die Entwicklung von Immobilienprojekten sowie Öffentlichkeitsarbeit. Seit September 2016 fungiert er zudem als ehrenamtlicher UN-Sonderbeauftragter zur Verhinderung von Jugendarbeitslosigkeit.
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Er war federführend am Bundespräsidentschaftswahlkampf von Alexander Van der Bellen beteiligt (obwohl dieser offiziell als unabhängiger Kandidat ins Hofburg-Rennen ging). Dann, nach gewonnenem Urnengang im Dezember 2016, trat er ab: Stefan Wallner. Sieben Jahre lang war er Bundesgeschäftsführer der Grünen gewesen. Eine neue Aufgabe fand der ehemalige Caritas-Generalsekretär bei der Erste Group, wo er für den Bereich "Company Transformation and Civil Society Partnerships" verantwortlich zeichnet.
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