Deutschem Waffenhersteller Heckler & Koch droht Ungemach vor Gericht

Eine Messebesucherin haelt eine Pistole des Modells P30V von Heckler und Koch in der Hand am 09 03 20
Eine Messebesucherin haelt eine Pistole des Modells P30V von Heckler und Koch in der Hand am 09 03 20imago/isslerimages
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Das Unternehmen steht nicht gerne in der Öffentlichkeit. Nun sind mehrere Gerichtsverfahren anhängig.

Die einstigen Mauserwerke sind heute als Heckler & Koch (H&K) der bekannteste deutsche Hersteller von Handfeuerwaffen. Das schwäbische Unternehmen zeigt sich ungern in der Öffentlichkeit. Seit vergangenem Sommer ist von dem Unternehmen überhaupt wenig zu hören - damals musste der damalige Vorstandschef trotz guter Zahlen überraschend den Posten räumen.

Doch heuer könnten mehrere Gerichtsverfahren einen Grad an Transparenz bringen wie nie zuvor. Denn 2018 stehen aber mehrere Verfahren an, in denen die Firma Rede und Antwort stehen könnte.

An diesem Freitag hätte Auftakt sein sollen: Der frühere Vorstandschef Norbert Scheuch, der im August 2017 gefeuert worden war, hatte auf Wiedereinstellung geklagt. Doch kurz davor einigte man sich auf einen Vergleich. Die Hintergründe für den Rauswurf bleiben damit unklar - Scheuch hatte der Firma 2016 einen neuen Kurs verordnet, nur noch Aufträge aus nicht korrupten Demokratien sollten angenommen werden. Zudem hatte sich der 58-Jährige offen gezeigt gegenüber der Forderung nach einem Opferfonds - also Zahlungen an Menschen, denen mit H&K-Waffen Unrecht und Leid zugefügt worden war.

Diese Forderung werde die Chefetage prüfen, so Scheuch nach der
Hauptversammlung im August 2018. Dazu kam es nicht mehr - nur zwei
Wochen später war er sein Amt los. Die Firma selbst hielt sich bei
dem Grund für den Rausschmiss bedeckt.

Strafverfahren rund um Waffenexporte nach Mexiko 

In einem anderen Fall ist eine einvernehmliche Einigung nicht
möglich: Im Mai beginnt ein Strafverfahren gegen frühere
H&K-Mitarbeiter, die Firma ist als Nebenbeteiligter an Bord. Es geht
um Waffenexporte nach Mexiko von 2006 bis 2009. Die Gewehre tauchten später in Krisenregionen des Landes auf, wo sie nicht hätten sein dürfen - und wo üble Verbrechen begangen wurden. H&K habe gewusst, so der Vorwurf, dass die Sturmgewehre dort landen und somit deutsche Ausfuhrbestimmungen verletzt.

Hauptangeklagter ist ein früherer Präsident des Rottweiler Landgerichts. Der hatte nach seiner Richterlaufbahn einen Geschäftsführerposten bei H&K angetreten; statt Rentner zu werden, stieg er ins Rüstungsgeschäft ein.

Für August wiederum ist ein weiteres Verfahren vor dem Rottweiler
Landgericht geplant. Hier klagt Scheuchs Vorgänger Nicola Marinelli
auf Auskunft - er war Ende 2015 vor die Tür gesetzt worden. Der
heute 61-Jährige will eine halbe Million Euro als Abfindung haben.
Grund: eine Klausel in seinem Arbeitsvertrag, der zufolge er bei
Rauswurf wegen eines "Change of Control" Geld bekommt - wenn er also
wegen eines Besitzerwechsels gehen musste.

Genau das sei der Fall gewesen, sagt Marinelli. Noch bei der
Weihnachtsfeier der Waffenschmiede 2015 sei er vom Hauptaktionär
Andreas Heeschen über den grünen Klee gelobt und als neuer starker
Mann in der Firma vorgestellt worden. "Undnur wenige Tage später
war ich meinen Job los", sagt Marinelli.

Auch Napoleons Nachfolger ist ein Thema

Seine Erklärung: Nicht sein Förderer Heeschen hatte mehr das
Sagen in der Firma, sondern ein neuer Investor namens Nicolas
Walewski, ein Nachfahre von Napoleon. Walewski habe ihn loswerden
und stattdessen Ex-ATU-Chef Scheuch ans Steuer bringen wollen -
obwohl Heeschen den gar nicht gewollt habe. Andere sehen das ähnlich
- in Kreisen heißt es: "Der Scheuch als Vorstandsvorsitzender ist
doch der lebende Beweis, dass es den Change of Control gegeben hat."
Würde Marinelli in dem Verfahren die erwünschte Auskunft erhalten,
dass es einen Besitzerwechsel gab, stünde ihm die Abfindung sehr
wahrscheinlich zu.

Ein Kontrollwechsel bei einer Rüstungsfirma muss dem Bundeswirtschaftsministerium gemeldet werden. Die Behörde bestätigte
jüngst, ihr sei eine "Refinanzierungstransaktion" gemeldet worden,
die aber "nach Kenntnis der Bundesregierung erst bei einem
Kreditausfall zu konkreten Veränderungen der Eigentümerstruktur
führen würde".

Es habe wohl eine Art Verpfändung der Aktien gegeben, vermutet
Ex-Chef Marinelli. "Auf dem Papier mag Herr Heeschen zwar noch
Hauptaktionär sein, de facto ist er aber längst außen vor."

Eine Anfrage bei Walewskis Investmentgesellschaft Alkom bleibt
unbeantwortet, Heeschen wiederum ist nicht zu erreichen. Das muss
auch Marinelli erfahren. Er habe keine gerichtlich verwertbare
Adresse von ihm bekommen, um ihn laden zu lassen, sagt der Kläger.
Im Aktienregister habe Heeschen eine Schweizer Anschrift hinterlegt,
da seien Briefe vom Gericht aber als unzustellbar zurückgekommen.

Auch mit den USA gibt es Ärger

Enorm wichtig ist für Heckler & Koch ferner das US-Geschäft. Doch
auch dort gibt es Ärger - der Rüstungskonzern Orbital ATK hatte
schon 2017 Klage eingereicht gegen die schwäbische Waffenschmiede.
Der US-Konzern will 27 Millionen Dollar (22 Millionen Euro) von H&K,
weil die Firma eine Abschuss-Vorrichtung für ein Granatgewehr nicht
rausrückt. Der Vorwurf: Vertragsbruch. H&K argumentierte, aus
völkerrechtlichen Gründen dürfe man das Gerät nicht liefern.

Unlängst warf ATK H&K eine Verzögerungstaktik vor, allmählich
dürfte das Verfahren in die Gänge kommen. 2018 könnte juristisch ein
turbulentes Jahr werden für Heckler & Koch.

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