Wiener Börse: Investor nimmt Wienerberger ins Visier

Wienerberger erzielte im vergangenen Geschäftsjahr einen Rekordumsatz von 3,1 Milliarden Euro.
Wienerberger erzielte im vergangenen Geschäftsjahr einen Rekordumsatz von 3,1 Milliarden Euro.(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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Der Baustoffkonzern Wienerberger steigerte im ersten Quartal Umsatz und operativen Gewinn und erntet in einem offenen Brief dennoch Kritik. Der Brief stammt von Investor Klaus Umek, dessen Hang zum Aktionismus bekannt ist.

Wien. Mag Briefeschreiben aus der Mode gekommen sein, so gibt es eine Branche, in der diese Kulturtechnik noch regelmäßig praktiziert wird: die Finanzbranche. Und natürlich haben Briefe dort weniger mit sentimentaler Romantik als vielmehr mit kalkulierter Gewinnmaximierung zu tun. Einer der eifrigsten Briefeschreiber ist Investor Klaus Umek. Der Gründer der Investmentgesellschaft Petrus Advisers schrieb im September an die Commerzbank, im November an die CA Immo, im Februar wieder an die Commerzbank und vor wenigen Tagen an Wienerberger. Der offene Brief an den Ziegelhersteller liegt der „Presse“ vor. In gewohnt uncharmanter Art prügelt Umek das Management. Umek vermisst Dynamik, Disziplin und ambitionierte Ziele, wie er in dem Schreiben an Aufsichtsratschefin Regina Prehofer erklärt.

Der Angriff kommt für Branchenkenner überraschend. Wienerberger erzielte im vergangenen Geschäftsjahr einen Rekordumsatz von 3,1 Milliarden Euro, steigerte den Nettogewinn um 50 Prozent auf 123 Millionen und startete auch gut ins erste Quartal. Erst kürzlich platzierte das Unternehmen erfolgreich eine Anleihe und holte sich 250 Millionen Euro auf dem Kapitalmarkt.

Was für ein Problem hat Investor Umek also? Vor allem die Entwicklung des Aktienkurses scheint ihm ein Dorn im Auge zu sein. In dem Brief moniert er, dass es für Aktionäre, die im Jahr 2007 zu einem Kurs von 45 Euro eingestiegen sind, keinerlei Aussicht darauf gebe, das Geld „auch nur annähender wieder zurückzubekommen“. Tatsächlich werden jene, die vor der Finanzkrise in Wienerberger investiert haben, noch lang warten, bis sich ihr Engagement finanziell rentiert. Doch all jene, die danach Wienerberger-Aktien gekauft haben, freuen sich über ordentliche Kursgewinne. Die Aktie ist einst auf unter fünf Euro abgestürzt und liegt nun bei rund 20,6 Euro. Vor genau fünf Jahren kostete die Wienerberger-Aktie etwas über neun Euro, seither konnte man ein Plus von rund 120 Prozent erzielen.

Investor will zwei Aufsichtsräte stellen

Investoren wie Umek werden im englischen Sprachraum gemeinhin als Corporate Raiders bezeichnet. Unternehmenspiraten also, die sich publicitywirksam Konzerne herauspicken, um deren Aktienkurs in die Höhe zu treiben. Kleinaktionäre schwimmen gern im Kielwasser dieser Investoren mit – in der Hoffnung, einen Teil der Beute abzubekommen. Den Preis zahlen mitunter die Konzerne, die zerschlagen und filetiert werden. 2005 wurden diese aggressiven Investoren vom damaligen deutschen Vizekanzler, Franz Müntefering, als Heuschrecken bezeichnet. Das laute Gezirpe von Petrus Advisers hat nicht nur den Zweck, vor der Wienerberger-Hauptversammlung Stimmung zu machen. Investmentgesellschaften nutzen die öffentliche Bühne auch f ür Eigenmarketing. Schließlich müssen sie vor allem ihre eigenen Investoren bei Laune halten.

Zurück zum Wienerberger-Konzern. Dort sollen der Belgier Christian Jourquin, Chef des Chemiekonzerns Solvay und der bayrische Baustoffunternehmer Franz Josef Haslberger als Aufsichtsräte verlängert werden. Investor Umek will dies verhindern. Er hat dem Aufsichtsrat stattdessen zwei Experten seiner Wahl vorgeschlagen. Einer ist Pierre-Marie De Leener. Er war von Anfang 2016 bis Frühjahr 2017 Kurzzeitchef des Luxemburger Baustoffkonzerns Braas Monier, bevor das Unternehmen vom US-Baustoffriesen Standard Industries geschluckt wurde. Auch Jan Buck-Emden, ehemaliger CEO des deutschen Baustoffkonzerns Xella, soll auf Wunsch Umeks ins Kontrollgremium einziehen und Wienerberger auf seinem „Verbesserungskurs“ unterstützen.

Petrus Advisers ist seit Kurzem an Wienerberger beteiligt und besitzt nach eigenen Angaben rund drei Prozent an dem Unternehmen. Offiziell scheint Petrus Advisers aber nicht als Aktionär auf – wie die meisten Investoren. Der Ziegelkonzern ist eine reine Publikumsgesellschaft ohne Kernaktionär. Mehr als fünf Prozent der Aktien halten lediglich Fidelity Investments, Black Creek und Teachers Insurance.

Wienerberger-Chef Heimo Scheuch wollte sich auf Anfrage der „Presse“ zu dem Brief nicht äußern. Von den Wienerberger-Aufsichtsräten kommentierte Wilhelm Rasinger die Aktion von Petrus Advisers. Rasinger ist auch Vorsitzender des Interessenverbands für Kleinanleger und meint: „Zurufe von außen sind immer einfacher, als selbst in der Verantwortung zu stehen.“ Umek sei zwar kompetent, attestierte Rasinger, doch sei Umeks Aktionismus in der Vergangenheit „teilweise einseitig und überschießend“ gewesen. Und nicht zuletzt unterschiedlich erfolgreich, betonte Rasinger. So habe Umek bei der Immobiliengesellschaft Conwert – die in der Vonovia aufgegangen ist – viel Unruhe gestiftet.

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