Kein Ende der Lohnverhandlungen

Arbeitgeber-Chefverhandler Thomas Scheiber und vida-Chef Roman Hebenstreit (von li.) fanden doch noch zu einer gütlichen Einigung.
Arbeitgeber-Chefverhandler Thomas Scheiber und vida-Chef Roman Hebenstreit (von li.) fanden doch noch zu einer gütlichen Einigung. (c) APA/HERBERT NEUBAUER
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Gewerkschaft und Arbeitgeber haben sich auf ein Lohnplus für die Eisenbahner von 3,4 Prozent geeinigt. Auch die Beschäftigten im Handel wollen mehr Geld sehen.

Wien. Am Sonntagmorgen um exakt 05:58 Uhr flimmerte die Meldung über den Bildschirm: Nach 16-stündigen Verhandlungen haben sich Arbeitgeber und Gewerkschaften auf einen neuen Bahn-Kollektivvertrag geeinigt. Der Weg dorthin war nicht unbedingt leicht. Nicht nur, weil zehn Verhandlungsrunden notwendig waren, um ein Ergebnis zu erzielen. Sondern auch, weil die Gewerkschaft Vida erst in der Vorwoche die Eisenbahnbeschäftigten dazu aufgerufen hatte, an Warnstreiks teilzunehmen. Das mündete dann in einen landesweiten Stillstand der Züge, da die ÖBB „aus Sicherheitsgründen“ die Reißleine zogen.

Worauf sich die Verhandler nun einigen konnten: Die Gehälter der rund 40.000 Beschäftigten steigen rückwirkend ab 1. Juli 2018 um 3,4 Prozent. Auch die Nebenbezüge werden um diesen Satz erhöht. Damit liegen die Eisenbahner nur noch knapp unter den Metallern, die sich ein Lohnplus von 3,46 Prozent ausverhandelt hatten. „Ich will nicht vorenthalten, dass wir einen KV-Abschluss haben, für den sich die Unternehmen zur Decke strecken müssen und der hart an der Grenze des Leistbaren ist“, sagt Arbeitgeber-Chefverhandler Thomas Scheiber. Die Arbeitgeber schätzen, dass der Abschluss den mehr als 60 Bahnunternehmen in Österreich rund 100 Mio. Euro kosten wird, ein großer Teil davon entfällt auf die staatliche ÖBB.

Vida-Gewerkschaftschef Roman Hebenstreit zeigte sich mit dem Ergebnis jedenfalls zufrieden. Die Arbeitnehmer hatten schon im Vorfeld angekündigt, die Verhandlungen mit einem konkreten Ergebnis beenden zu wollen – egal, wie lang es dauert.

Die beiden Seiten konnten sich nun auch darauf verständigen, den Lehrlingen, immerhin 1600 an der Zahl, eine höhere Entschädigung zu zahlen. Sie wird ab 1. März 2019 um durchschnittlich 6,5 Prozent steigen. Darüber hinaus wurden bessere Einstiegsgehälter bei eisenbahnspezifischen Berufen wie Lokführern, Verschiebern oder Wagenmeistern vereinbart - das Lohnplus soll mehr als 100 Euro betragen. „In den Bereichen, wo wir in den nächsten Jahren sehr viele Nachwuchskräfte suchen, wollen wir uns als attraktiver Arbeitgeber besser positionieren können“, so Scheiber.

Die ÖBB suchen derzeit händeringend nach Personal. Es werden 1500 Verschubmitarbeiter benötigt, 1300 Lokführer, 850 Fahrdienstleiter, 600 Zugbegleiter und 230 Wagenmeister sowie 2300 Postbuslenker, erklärte die Bahn kürzlich gegenüber dem „Kurier.“

Die Gewerkschaft hat sich zudem noch Zusatzpunkte ausbedungen. Weil sich viele Bahnmitarbeiter in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren (etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr) erhalten sie einen Tag Sonderurlaub pro Jahr.

Den Schichtmitarbeitern steht künftig ein Zusatzurlaub von bis zu sieben Tagen zu. Ab 2020 soll es zudem mehr Selbstbestimmungsrecht beim Verbrauch von Zeitausgleich geben. ÖBB-Chef Andreas Matthä begrüßte die Einigung. Auch Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) zeigte sich über den positiven Ausgang der Eisenbahner-KV-Verhandlungen erfreut.

Handel erhöht Druck

Doch nach den Verhandlungen ist vor den Verhandlungen. Im Handel wird am Mittwoch erneut über einen neuen Kollektivvertrag gesprochen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden dann zum bereits vierten Mal aufeinandertreffen. Um den Druck auf die Arbeitgeber zu verstärken, will man die Angestellten bei einer Betriebsrätekonferenz am Dienstag „auf eine Auseinandersetzung“ vorbereiten. „Beim Geld trennt uns sehr viel“, sagte Anita Palkovich, die KV-Verhandlerin der GPA-djp kürzlich. Sollte die Verhandlungsrunde am 5. Dezember kein Ergebnis bringen, schließt man Betriebsversammlungen nicht aus. (ag./nst)

AUF EINEN BLICK

Die Gehälter der rund 40.000 Bahn-beschäftigten steigen rückwirkend ab 1. Juli 2018 um 3,4 Prozent. Damit erzielte man ein Ergebnis knapp unterhalb der Metaller. Nicht nur für Lehrlinge soll es mehr Geld geben, auch wurden die Einstiegsgehälter angehoben. Der Abschluss kostet die mehr als 60 Bahnunternehmen schätzungsweise rund 100 Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.12.2018)

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