Geldpolitik

Fed kappt Leitzins erneut - Trump spricht von Versagen

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Die US-amerikanische Notenbank senkt das zweite Mal in Folge den Leitzins. Die Entscheidung ist nicht nur unter Ökonomen umstritten, sie erregt auch den US-Präsidenten.

Setzen sich Notenbanker zusammen, stehen die Märkte still. Nie zuvor war die globale Wirtschaft so stark von Entscheidungen der Zentralbanken abhängig wie dieser Tage. Allen voran geht hier die einflussreichste aller Notenbanken: Die US-amerikanische Federal Reserve (Fed).

So blickten gestern alle gespannt nach Washington, wo Fed-Vorsitzender Jerome Powell die Ergebnisse der jüngsten Fed-Sitzung verkündete. Und die US-Notenbank machte das, was sie wegen des Erwartungsdrucks der Märkte tun musste: Binnen weniger Wochen senkt sie den Leitzins ein zweites Mal um 25 Basispunkte. Damit liegt die Zinsspanne nun bei 1,75 bis 2,0 Prozent. Darüber hinaus signalisierten sieben der 17 Mitglieder des Fed-Direktoriums, heuer noch ein weiteres Mal nachlegen zu wollen und die Zinsen bei der nächsten Sitzung weiter zu senken.

Unsicherheiten steigen

Als Begründung für den Schritt nannte Powell die weltweit schwächeren Wachstumsaussichten und zunehmende Unsicherheiten. Auch die gedämpften Inflationsaussichten spielten eine Rolle. Die Fed erklärte, dass sie alle wirtschaftlichen Daten weiter genau verfolge und angemessen handeln werde, um die Arbeitslosigkeit niedrig und die Inflation nahe dem Ziel von zwei Prozent halten werde.

Die US-Notenbank hatte den Leitzins bereits bei ihrer vergangenen Sitzung Ende Juli gesenkt – ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte. Die erneute Zinssenkung sollte der sich abkühlenden Wirtschaft neuen Schwung geben. Zudem signalisiert die Fed damit, dass sie zu handeln bereit ist, falls sich der Konjunkturausblick weiter verdüstert. Dabei wächst die US-Wirtschaft bereits seit zehn Jahren. Es ist der längste dokumentierte ununterbrochene Aufschwung, doch inzwischen mehren sich auch die Warnsignale.

Die Entwicklung des Leitzinses seit 2000.
Die Entwicklung des Leitzinses seit 2000. (c) APA

Die Arbeitslosigkeit in den USA ist weiter sehr niedrig, aber das Wachstum hat sich zuletzt abgeschwächt. Insbesondere die Handelskonflikte belasten die Wirtschaft. Unternehmen fahren Investitionen zurück, Investoren werden immer nervöser. Die Daten vom Anleihenmarkt ließen eine Rezession befürchten, heißt es von Finanzexperten. Neue Spannungen im Verhältnis der USA mit Iran und der schwelende Handelskrieg mit China lasten dabei ebenso auf der Stimmung wie Rezessionssignale vom Kapitalmarkt. Zuletzt musste die Fed erstmals seit der Finanzkrise am Geldmarkt intervenieren, um Liquiditätsengpässe zu lindern.

Trump hat nicht genug

Der Leitzins, die sogenannte Federal Funds Rate, ist der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken über Nacht Geld leihen. Eine Senkung des Zinssatzes verbilligt Kredite, weswegen Firmen leichter investieren können und viele Bürger weniger für den Schuldendienst ausgeben müssen - sie haben so mehr Einkommen zur Verfügung.

Doch für jemanden, der sich laut Gesetz gar nicht einmischen sollte, reichen die Maßnahmen der Fed nicht aus: Donald Trump. Der US-Präsident fordert die unabhängige Fed bereits seit Monaten auf, die Zinsen deutlich zu senken, um die Wirtschaft anzukurbeln. Zuletzt wollte er sogar, dass der Leitzins auf Null oder weniger gesenkt wird.

Ein Jahr vor der US-Präsidentenwahl will der Republikaner keinen Konjunktureinbruch riskieren. Den von ihm ernannten Notenbankchef Powell hat er daher auf dem Nachrichtendienst Twitter wiederholt als „ahnungslos“ beschimpft. Nach der gestrigen Pressekonferenz twitterte Trump, die Fed hätte versagt: „Kein Mut, kein Sinn, keine Vision.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.09.2019, APA/Reuters)

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