Erleichterung über Hilfe für Spanien

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Mit Spanien ist am Wochenende das vierte Euroland unter den Rettungsschirm geflüchtet. Bis zu 100 Milliarden Euro sollen zur Sanierung der spanischen Banken an die Regierung fließen.

Am Ende waren es nur noch Formalitäten: Am Samstagabend gab die spanische Regierung wie erwartet bekannt, EU-Hilfen zur Sanierung der maroden Banken des Landes zu beantragen. In EU-Kreisen und auch im Internationalen Währungsfonds (IWF) sowie auf den Finanzmärkten machte sich sogleich Erleichterung breit: Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) begrüßte etwa „die Entschlossenheit“ der Regierung, das Bankenproblem mithilfe der Euroschirme zu lösen. Auch aus Japan und den USA kamen positive Reaktionen. Die USA hatten nämlich befürchtet, dass die Krise in der Eurozone ihre wirtschaftliche Entwicklung stärker belasten könnte. Spanien ist nach Griechenland, Irland und Portugal schon das vierte Land unter dem Euro-Rettungsschirm. „Die Presse“ beantwortet die wichtigsten Fragen zur jüngsten Hilfsaktion.

1 Wie genau soll das Rettungspaket für Spanien aussehen?

Spanien zierte sich bis zuletzt, Eurohilfen in Anspruch zu nehmen. Denn damit sind in der Regel harte Sparauflagen verbunden. Nun hat man offenbar eine Sonderlösung gefunden: Spanien will ein Rettungspaket „light“ beantragen, einen sogenannten „kleinen Rettungsschirm“. Das Geld wird zwar nicht, wie kolportiert, direkt an die Banken fließen, sondern an die spanische Regierung. Die damit verknüpften Bedingungen sind aber weniger streng und gelten hauptsächlich für den Bankensektor. Es ist das erste Mal, dass dieses Instrument angewendet wird.

2 Wie viel Geld werden die spanischen Banken brauchen?

Das ist noch unklar, denn der offizielle Hilfsantrag steht noch aus. Das Rettungspaket dürfte sich aber auf ein Gesamtvolumen von rund 100 Milliarden Euro belaufen.

3 Wie konnte es überhaupt so weit kommen?

Um die Jahrtausendwende erlebte Spanien einen Immobilienboom: Die Zinsen waren niedrig, mit billigen Krediten wurden Wohnanlagen aus dem Boden gestampft, die Immobilienbranche wurde Motor der spanischen Wirtschaft. Doch 2007 platzte die Blase, die Zinsen stiegen, die Krise griff auf andere Branchen über. Unterschiedlichen Angaben zufolge sitzen die spanischen Banken auf faulen Krediten von bis zu 350 Milliarden Euro. Die spanischen Staatshilfen für die Institute schlugen sich auf das Budget, das Haushaltsdefizit für 2011 dürfte rund neun Prozent betragen. Zuletzt verloren die Investoren das Vertrauen in die spanische Zahlungsfähigkeit, die Anleihenrenditen erreichten Rekordstände.

4 Ist Spanien jetzt das nächste Griechenland?

Experten sehen eine gute Chance, dass das Rettungspaket wirkt. Die spanische Industrie ist zumindest teilweise intakt, die Regierung zeigte bislang einen ernsthaften Reformwillen, zum Beispiel auf dem Problemfeld Arbeitsmarkt. „Wenn die Banken stabilisiert werden, wird sich auch der Zins senken“, sagte etwa Bernhard Felderer, Chef des österreichischen Staatsschuldenausschusses, am Sonntag in der ORF-Pressestunde.

5 Was bedeutete ein Austritt Griechenlands für Spanien und die EU?

Die Parlamentswahl in Griechenland am 17. Juni gilt als Referendum über den Verbleib der Griechen im Euro. Felderer zufolge würde ein „Grexit“ die Eurozone rund 500 Milliarden Euro kosten, für Österreich seien etwa sechs Milliarden realistisch. Die US-Ratingagentur Moody's kündigte an, die Bonität aller Euroländer neu zu prüfen, sollte Griechenland die Währungsunion verlassen. Besonders gefährdet seien neben Spanien Zypern, Portugal, Irland und Italien. Aber auch Staaten, die bei Moody's noch die Bestnote „Triple A“ haben (darunter Österreich), würden dann neu geprüft.

6 Wie will man künftig mit Schuldenländern umgehen?

Inoffiziellen EU-Plänen zufolge sollen die Euroländer ohne Zustimmung der gesamten Eurogruppe keine neuen Schulden mehr aufnehmen dürfen, berichtet der „Spiegel“. Regierungen sollen nur noch über jene Finanzmittel frei verfügen, die durch eigene Einnahmen gedeckt sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2012)

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