Spekulieren mit der Aktiensteuer

Wertpapier-KESt. Altbestände, Übergangsbestände, Neubestände – die neuen steuerlichen Regelungen bei Erlösen aus Wertpapiergeschäften sind unübersichtlich. Ein Überblick.

Seit der Einführung der allgemeinen Besteuerung von Aktiengewinnen mit Stichtag 1. Jänner 2011 müssen auch Langfristanleger den Steueraspekt in ihre Portfoliostrategie einbeziehen.

Bei Käufen von Anleihen, Zertifikaten oder verbrieften Derivaten gilt die sogenannte Wertpapier-KESt seit dem 1. April 2012. „Grundsätzlich wird eine Vermögenszuwachssteuer in Höhe von 25 Prozent auf den Kursgewinn eingezogen. Diese errechnet sich aus der Differenz von Anschaffungskurs und Verkaufspreis“, erklärt Wolfgang Traindl, Leiter Private Banking & Asset Management der Erste Bank. Wurde ein Wertpapier in mehreren Tranchen angeschafft, dient der durchschnittliche Anschaffungskurs als Berechnungsgrundlage. Stehen der Bank hingegen keine genauen Anschaffungsdaten zur Verfügung, so wird eine Pauschalierung vorgenommen. Da hierbei unabhängig von der tatsächlichen Performance eine Wertentwicklung von 100 Prozent angenommen wird, ist eine solche für den Anleger besonders schmerzhaft.

Altbestände bleiben steuerfrei

Nicht tangiert von der neuen Wertpapiersteuer werden Altbestände. Darunter versteht man Aktien und Anteile an Investment- und Immobilienfonds, die vor dem 1. Jänner 2011 erworben wurden. Bei Anleihen, Zertifikaten und verbrieften Derivaten gelten Käufe vor dem 1. Oktober 2011 als Altbestände. Bei diesen kommt eine Steuerpflicht nur dann zum Tragen, wenn die Wertpapiere weniger als ein Jahr gehalten (Spekulationsfrist) und in diesem Zeitraum mit Gewinn verkauft wurden. Solche sogenannten Spekulationsgewinne müssen in die Einkommensteuererklärung einfließen und werden mit dem entsprechenden Einkommensteuersatz des Anlegers verrechnet. Etwas komplizierter wird es bei Verlusten: „Verluste, die innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist erzielt wurden, gelten als Spekulationsverluste. Sie sind nur im Rahmen der privaten Steuererklärung mit den übrigen im selben Kalenderjahr erzielten Spekulationsgewinnen ausgleichsfähig, nicht aber mit anderen Einkünften des Privatinvestors“, erklärt Elisabeth Günther, Steuerkoordinatorin der Private Banking Division der Schoellerbank. Ein Verlustvortrag in die Folgejahre ist dabei nicht möglich.

Übergangs- und Neubestände

Als weitere Kategorie definiert der Gesetzgeber die sogenannten „Übergangsfinanzanlagenbestände“. Darunter versteht man Aktien, Investment- und Immobilienfondsanteile, die ab dem 1. Jänner 2011 erworben und vor dem 31. März 2012 verkauft wurden. Sind dabei Gewinne angefallen, erfolgt die Besteuerung wie bei den Spekulationsgewinnen von Altbeständen mit dem entsprechenden Einkommensteuersatz des Anlegers. Werden Übergangsbestände über den 31. März hinaus gehalten, kommt ab diesem Datum ein Sondereinkommensteuersatz von 25 Prozent zum Einsatz. Verluste aus solchen Beständen gelten, anders als beim Altbestand, unabhängig von der Behaltedauer als Spekulationsverluste und können somit in der Steuererklärung mit Spekulationsgewinnen gegengerechnet werden. Ein Verlustvortrag ist auch in diesem Fall nicht möglich.

Als Neubestand gelten Aktien und Anteile an Investment- und Imobilienfonds, wenn Käufe nach dem 31. Dezember 2010 erfolgt sind; bei Anleihen, Zertifikaten und verbrieften Derivaten gilt als Stichtag der 1. April 2012. Gewinne aus Neubestandsverkäufen ab dem 1. April unterliegen der KESt-Neu, wobei Verluste aus Neubestandsteilen mit Gewinnen aus Neubestandsteilen, Dividenden aus Alt-, Übergangs- und Neubestandsaktien sowie Zinsen aus Neubestandsforderungswertpapieren (Anleihen und Zertifikaten) ausgeglichen werden können.

Verlustausgleich durch Depotbank

Für das heurige Jahr (Zeitraum: 1. April bis 31. Dezember) erfolgt der Verlustausgleich nachträglich am 30. April 2013, ab 1. Jänner 2013 wird er von den depotführenden Banken tagesaktuell durchgeführt. Kauf- und Verkaufsspesen oder Depotgebühren werden bei den Berechnungen nicht berücksichtigt. Ein Verlustvortrag in die Folgejahre ist hier ebenfalls nicht vorgesehen.

Zwischen mehreren privaten Einzelinhaberdepots bei ein und derselben Bank führt diese den Verlustausgleich auch depotübergreifend durch. Bei Depots bei mehreren Banken besteht die Möglichkeit zur Gegenrechnung aber nur im Rahmen der Steuererklärung. Um eine Steueroptimierung zu erreichen, sollte ein Anleger seine Gewinn-Verlust-Rechnung genau im Auge behalten, rät Steuerexpertin Günther. Liegen etwa nicht realisierte Verluste aus Neubestandsfinanzanlagen vor und stehen diesen entsprechende realisierte Gewinne gegenüber, kann sich eine Realisierung der Verluste vor Jahresende lohnen, damit man sie mit den Gewinnen gegenrechnen kann. Ebenso könnte eine Umschichtung von Bankeinlagen in Forderungswertpapiere wie Anleihen sinnvoll sein. Denn Zinsen aus Geldeinlagen bei Banken können nicht für den Verlustausgleich herangezogen werden, Zinsen aus Neubestands-Forderungswertpapieren hingegen schon.

Steuerüberlegungen sind nicht alles

Trotzdem sollte man bei Veränderungen im Portfolio nicht nur an die steuerliche Optimierung denken. „Auch die Struktur des Portfolios, die Qualität der einzelnen Wertpapiere und das aktuelle Marktumfeld müssen in die Überlegungen miteinfließen“, rät Günther. Dabei empfehle sich eine ganzheitliche Betrachtung der Investments, um etwaige Ungleichgewichte aufzudecken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2012)

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