Aktien: Schlechte Zeiten für Leerverkäufer

(c) REUTERS (LUCAS JACKSON)
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Hedgefonds, die zuletzt auf fallende Kurse setzten, haben sich die Finger verbrannt. Die 20 am häufigsten leerverkauften Aktien im US-Index Standard & Poor's 500 stiegen besonders stark an.

Frankfurt/Bloomberg/red. Spekulanten ziehen sich aus verlustreichen Wetten darauf zurück, dass die Kurse von Aktien mit enger Bindung an die US-Konjunktur fallen werden. Denn die am meisten leerverkauften Titel Amerikas haben – im Vergleich zum breiten Markt – ihre stärkste Rallye in einem Jahr hingelegt. Die 20 am häufigsten leerverkauften Aktien im US-Index Standard & Poor's 500 haben im Dezember 5,1 Prozent gewonnen, wie aus Bloomberg-Daten hervorgeht. Der Leitindex insgesamt verbesserte sich um lediglich 0,7 Prozent. Die Spanne ist so groß wie seit Jänner 2012 nicht mehr.

Wer „leer verkauft“, verkauft Aktien, die er noch gar nicht hat, und liefert sie dem Käufer zu einem späteren Zeitpunkt nach. Zu diesem Zeitpunkt, so hofft der Leerverkäufer, ist der Preis der Aktie gefallen. Die Differenz kann er dann einstreifen. Steigt der Kurs, muss er allerdings tiefer in die Tasche greifen, um die Aktie nachzuliefern.

Hoffnung auf Erholung in USA

Unternehmen vom Stahlkonzern U. S. Steel Corp. bis hin zum Einzelhändler J.  C. Penney Co. verzeichnen Kursgewinne – auf Kosten von Telekomwerten und Versorgern, denen es gewöhnlich am besten geht, wenn die Wirtschaft schrumpft. Experten vertreten die Ansicht, dass durch den Rückzug aus den Leerverkäufen das Vertrauen in die US-Erholung unterstrichen wird. Der Trend spricht auch für die Prognose von Vermögensverwalter Laszlo Birinyi, der damit rechnet, dass durch die vierjährige Rallye endlich auch die Investoren angelockt werden, die den Aktien bislang ferngeblieben sind. „Lassen Sie es mich so sagen: Ich habe mit Käufen mehr Geld gemacht als mit Leerverkäufen“, sagt Gilles Sitbon von Sycomore Asset Management in Paris. Sein Sycomore Long-Short Opportunities Fonds hat 2012 rund 15 Prozent zugelegt.

Wenn die am stärksten leerverkauften Aktien gut laufen, läutet dies meist eine breite Rallye ein. Im März 2009 entwickelten sich diese Titel um 8,1 Prozentpunkte besser als der S  &  P 500, woraufhin die US-Aktien ihre beste Jahresentwicklung in sechs Jahren hinlegten. „Wir befinden uns zurzeit in einem risikofreudigeren Modus, was bedeutet, dass die am stärksten leerverkauften Aktien gekauft werden müssen“, sagt Steve Shafer, Chief Investment Officer bei der Hedgefondsgesellschaft Covenant Global Investors. „Das ist vielleicht ein gutes Zeichen, da es bedeutet, dass alle mit einer so bleibenden Tendenz rechnen.“

Den Amerikanern sind Aktiengewinne von fast 200 Mrd. Dollar durch die Lappen gegangen, da sie in den vergangenen vier Jahren Geld aus dem Aktienmarkt abgezogen haben. Die Vermögenswerte in börsengehandelten, geschlossenen und anderen Aktienfonds sind seit Beginn des Bullenmarktes im März 2009 um etwa 85 Prozent auf 5,6 Billionen Dollar (4,3 Billionen Euro) gestiegen. Gleichzeitig hat der Standard & Poor's 500 um 94 Prozent zugelegt, wie aus Daten von Bloomberg und Morning Star Inc. hervorgeht.

„Probleme in Europa bewältigt“

„Die Aktienkurse werden weiter steigen, und es wäre ein Fehler, jetzt zu vorsichtig zu sein, da die wirtschaftlichen Verbesserungen real sind“, sagt Jeffrey Saut, Chief Investment Stratege bei Raymond James & Associates. „Viele Hedgefonds haben auf Leerverkäufe gesetzt, da sie wegen Europa, der Fiskalklippe und der dysfunktionalen Regierung besorgt waren. Aber wir bewältigen diese Probleme, also sollten Leerverkaufspositionen gedeckt werden, auch wenn es schmerzhaft ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2013)

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