IBM-Erlösschwund nicht zu stoppen

Das waren noch goldene Zeiten: IBM in den 60er Jahren.
Das waren noch goldene Zeiten: IBM in den 60er Jahren.(c) REUTERS
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Der Branchenpionier verdient zwar mit neuen Sparten wie Cloud-Diensten gut. Aber sie können das Minus im Hardware-Bereich nicht wettmachen. Die Anleger sind nervös.

Armonk. Die Durststrecke dauert schon sehr lange. Zu lange, meinen Analysten und Anleger und machen ihrem Frust sichtbar Luft. Als das IT-Urgestein IBM am Dienstagabend die – einmal mehr enttäuschenden – Zahlen für das Auftaktquartal bekannt gab, stürzte die Aktie nachbörslich an der Wall Street um fast fünf Prozent ab. Der Abwärtstrend setzte sich am Mittwoch fort.

Dabei hatte sich das Papier seit einem Jahr tapfer aus einem historischen Tief von 117,85 Dollar bis Mitte April auf 197,77 Dollar hochgearbeitet. Seither bröckelt der Kurs aber wieder ab. Das ist nicht überraschend, vermeldete IBM doch einen weiteren Umsatzrückgang – der Schwund hält das 20. Quartal in Folge an. Die Erlöse sanken um 2,8 Prozent auf 18,16 Mrd. Dollar. Der Nettogewinn fiel um 13,1 Prozent auf 1,75 Mrd. Dollar. Damit verfehlte der US-Konzern erstmals seit rund einem Jahr wieder die Prognosen der Analysten. Sie hatten zwar mit einem noch geringeren Gewinn, aber mit höheren Erlösen gerechnet. Die Wall Street habe IBM im vergangenen Jahr zugutegehalten, dass der Konzern umgebaut werde, sagte Analyst Bill Kreher von der Investmentgesellschaft Edward Jones. Das müsse aber mit starker Hand vollzogen werden.

Mit dem Strategieschwenk vom klassischen Computerhersteller und -Dienstleister zum modernen Anbieter von Cloud-Services, Daten-Analyse, künstlicher Intelligenz und Sicherheits-Software tut sich der Computerpionier, der mit dem Verkauf der PC-Sparte an die chinesische Lenovo im Jahr 2004 einen spektakulären Schritt setzte, aber offenbar sehr schwer.

Doch Konzernchefin Ginni Rometty lässt nicht locker und beschwört die Aktionäre, ihr Vertrauen zu schenken. Bisher gelingt das allerdings nur teilweise. Zukunftsträchtige Bereiche, wie das Cloud-Geschäft, auf das auch Rometty setzt, verzeichnen starkes Wachstum. Der Umsatz in der „Wolke“, wo Anwendungen auf Servern fernab vom Kunden ausgelagert werden, kletterte um 33 Prozent auf 3,5 Mrd. Dollar.

Künstliche Intelligenz

Weitere Bereiche, auf die Rometty baut, sind neben Sicherheits-Software die künstliche Intelligenz, wo der nach dem Unternehmenspionier benannte Supercomputer Watson eine Schlüsselrolle spielt.

In der Technologie-Sparte, wo der Konzern nach wie vor den größten Teil seiner Einnahmen erzielt, sanken die Erlöse aber um 2,5 Prozent auf 8,2 Mrd. Dollar. Der Geschäftsbereich verzeichnete damit das erste Minus seit drei Quartalen. Der Umsatz mit Großrechnern und System-Software, wo IBM sich schon länger kein Wachstum mehr verspricht, brach sogar um 17 Prozent ein.

Gerade im Cloud-Geschäft hat der Konzern mit 380.000 Mitarbeitern jedoch enorme Konkurrenz. Zu einem der wichtigsten Anbieter in diesem Bereich ist der Online-Händler Amazon geworden. Dessen Tochtergesellschaft Amazon Web Service (AWS) konkurriert direkt mit der Microsoft-Plattform Azure und hat auch noch einen klaren Vorsprung.

Nach Angaben der Marktforschungsgruppe Synergy Research hatte Amazon Web Services in seinem Segment zuletzt einen Marktanteil von 31 Prozent. An zweiter Stelle liegt Microsoft, gefolgt von IBM und Google. Aber auch IBM-Konkurrenten wie Oracle und SAP müssen sich umorientieren. Die Kunden steigen immer mehr auf Software um, die sie über die Internet-Cloud abonnieren statt sich teure Lizenzen zu kaufen und bei sich zu installieren. Das drückt die Rendite, weil viel investiert werden muss und Cloud-Software frühestens nach drei Jahren so viel Gewinn abwirft wie die Softwarelizenzen. (eid/ag)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.04.2017)

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