Picks für den Jahresschluss

Der französische Öl- und Gaskonzern Total ist breit aufgestellt und derzeit ein Liebling der Branchenanalysten.
Der französische Öl- und Gaskonzern Total ist breit aufgestellt und derzeit ein Liebling der Branchenanalysten.(c) REUTERS (JACKY NAEGELEN)
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Korrekturangst und Hoffnung auf eine Jahresendrallye sorgen bei Anlegern derzeit für ein Wechselbad der Gefühle. Relativ robuste Werte stabilisieren den Emotionshaushalt.

Die Mahnungen über eine jederzeit mögliche Korrektur an den Börsen verstummen nicht. Und doch werden sie von der Mutmaßung begleitet, dass die bisher fulminante Rallye auch noch in eine Jahresendrallye münden wird. An der Einschätzung ändert auch nichts, dass die Börsen in der zweiten Hälfte der vergangenen Woche etwas ins Minus rutschten. „Es gibt aus fundamentaler Sicht nichts Katastrophales, das hinter der jüngsten Korrektur steckt“, betonte Fondsmanager Giuseppe Sersale vom Vermögensverwalter Anthilia: „Das Wirtschaftswachstum ist stark und die Unternehmensgewinne sind gut, aber eben nicht herausragend.“

Man muss es sagen: Die Börsianer sind halt auch schon sehr verwöhnt. Woche für Woche hatte ein historisches Rekordhoch das andere abgelöst. Da wird jede fallende Stecknadel als Donner erlebt und jeder kleinere Rücksetzer als Absturz bezeichnet.

Gewiss, die Bewertungen sind vielerorts hoch. Aber auch die Rahmenbedingungen sind entschieden besser geworden. In Deutschland etwa wurden die Wachstumsprognosen eben erst wieder angehoben. Das Gros der Unternehmen präsentiert sprudelnde Gewinne. Und die Zinsen werden vorerst anhaltend niedrig bleiben oder wie im Fall der USA nur moderat steigen.

Natürlich hat sich in die monatelang gute Stimmung auch eine gehörige Portion Sorglosigkeit gemischt. Der Goldpreis, eine traditionelle Zufluchtswährung für den Fall eines massiven Rücksetzers auf den Aktienmärkten, stagniert hartnäckig. Nordkorea oder Brexit scheinen als Gefahren verdrängt. Und die innenpolitisch ungewohnten und außenpolitisch nicht ungefährlichen Aktionen des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman werden vorerst fast nur als Beitrag zur Preisstabilisierung auf dem Ölmarkt gesehen (siehe Artikel unten).

Um beim Sektor zu bleiben: Viel Vertrauen haben Analysten momentan in die französische Total (ISIN: FR0000120271) und die britische BP(ISIN: GB0007980591). Die Investmentbank HSBC zählt beide weiter zu ihren „Top-Picks“. Beide seien nicht nur günstig zu haben, sie hätten auch eine starke Kombination aus niedrigem Risiko, einer hohen Dividendenrendite und einem starken mittel- und langfristigen Wachstumsausblick zu bieten, so die Analyse. BP ist nach Jahren des Sparens nun auch wieder zu einem Aktienrückkaufprogramm bereit, das dem Kurs gewöhnlich guttut. HSBC gibt dem Papier, das nach dem Quartalsdividendenabschlag nun bei 507 Pence steht, ein Potenzial bis 600 Pence. Auf ein ähnliches Ziel hat auch Morgan Stanley die Aktie hochgestuft.

Die Total-Aktie wiederum, die mit 48 Euro gehandelt wird, steht auf der „Conviction Buy List“ von Goldman Sachs mit Kursziel 56 Euro. HSBC taxiert ähnlich. Total ist mittlerweile breit aufgestellt. Die vereinbarte Übernahme des Flüssiggasgeschäfts des Energieversorgers Engie mache den Konzern zum weltweit zweitgrößten Akteur der Branche in diesem Bereich, schreibt Goldman Sachs in einer Studie vom Donnerstag. Zuvor hatten die Franzosen einen großen Batteriespezialisten übernommen. Der Total-Konzern bietet wie BP eine Dividendenrendite zwischen fünf und sechs Prozent.

Wo es sonst noch was zu holen gibt? Der heimische Autozulieferer Polytec (ISIN: AT0000A00XX9), Highflyer dieses Jahres, hat nach einem markanten Rücksetzer, aber soliden Zahlen, von Warburg Research ein auf 24 Euro erhöhtes Kursziel erhalten. Wären 30 Prozent Potenzial.

Die staatliche und größte russische Bank Sberbank (ISIN: US80585Y3080) hat seit Juni um 50 Prozent und seit unserer Empfehlung Anfang September um über 17 Prozent zugelegt. Ein Bloomberg-Bericht von Donnerstag, wonach die Bank, die übrigens längst unter Sanktionen steht, die Dividende von 25 auf bis zu 40 Prozent erhöht, hat das Papier weiter beflügelt. Am Mittwoch werden die Zahlen für das dritte Quartal präsentiert. Zuletzt hat das Geldinstitut, das mehrheitlich der russischen Zentralbank gehört und sich über die Jahre gänzlich modernisiert hat, immer überzeugt. Es ist ohnehin der große Gewinner aller Bankenkonsolidierungen im Land. Langfristig eine aussichtsreiche Investition. Hauptrisiko: Zusätzliche Sanktionen. 

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.11.2017)

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