Alle blicken heute gebannt auf die Notenbanken

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Nach der gestrigen Fed-Zinsentscheidung traten die asiatischen Börsen bereits den Rückzug an. Niemand hatte erwartet, dass nach der Fed auch China in der Nacht den Leitzins straffen würde. Und heute werden noch drei weitere Notenbanken ihre Zinsentscheidung bekanntgeben.

Nur kurz blickte die Welt gestern Abend nach Washington, wo Janet Yellen bei ihrem letzten großen Auftritt als US-Notenbankchefin den Leitzins erwartungsgemäß um einen Viertelprozent auf 1,25 bis 1,5 Prozent angehoben hat. Den US-Börsen gab die Entscheidung, die sich der brummenden US-Wirtschaft verdankt, kaum Auftrieb. Stattdessen haben die asiatischen Börsen am heutigen Donnerstag überhaupt den Rückwärtsgang eingelegt.

In Tokio verlor der 225 Werte umfassende Nikkei-Index 0,3 Prozent auf 22.694 Punkte. Auch in China schlossen die Börsen um bis zu 0,3 Prozent tiefer. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass auch die Zentralbank in China die Zinsen in der Nacht auf Donnerstag angehoben hat. Zwar wurden die kurz- und mittelfristigen Sätze nur um jeweils fünf Basispunkte angehoben. Analysten hatten aber nicht mit diesem Schritt - dem ersten seit März - gerechnet.

Der Donnerstag ist und bleibt also der große Tag der Notenbanken. Denn nach den USA und China werden die geldpolitischen Entscheider in gleich drei weiteren Ländern die Anleger auf Trab halten.

Frankfurt

Allen voran die Europäische Zentralbank in Frankfurt. Sie wird am Nachmittag darüber befinden, wie sie ihre Gedlpolitik weiter handhabt. Überraschungen sind aus Frankfurt zwar nicht zu erwarten. Denn Europas Währungshüter stehen weiter auf dem Gaspedal - auch wenn die Milliarden aus dem Frankfurter Eurotower in den nächsten Monaten nicht mehr so üppig sprudeln sollen und die monatlichen Anleihenkäufe von Jänner an auf 30 Mrd. Euro halbiert werden. Der Ruf nach einem Fahrplan für den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik aber wird lauter.

So erwartet sich etwa Bundesbank-Präsident Jens Weidmann einen mutigeren Schritt im Herbst: Zwar vertritt auch Deutschlands oberster Währungshüter die Mehrheitsmeinung, dass eine lockere Geldpolitik nach wie vor angemessen ist. Dennoch wünscht sich Weidmann zumindest "einen eindeutigen Endtermin" für die Anleihenkäufe.

Doch damit konnte sich Weidmann bislang im EZB-Rat nicht durchsetzen. EZB-Direktor Benoit Coeure erklärte in einem Interview mit dem "Handelsblatt": "Die Mehrheit war der Meinung, dass wir bezüglich des Endes flexibel sein müssen, weil bis September 2018 noch eine Menge in der Weltwirtschaft passieren kann." Commerzbank-Chef Martin Zielke hingegen forderte: "Wir brauchen eine klare Ansage: Wie sieht der Ausstieg aus?"

London

Für Aufmerksamkeit sorgt am Donnerstag weiter im Norden noch die Bankk of England (BoE). Börsianer rechnen zwar nicht damit, dass die britische Notenbank den Schlüsselsatz am heutigen Donnerstag antastet. Angesichts der anziehenden Inflation könne sie aber baldige Erhöhungen signalisieren. Die britische Währung verteuerte sich am Mittwoch auf 1,3371 Dollar.

Bern

Angesichts dieses Bankenmarathons geht fast schon unter, dass auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) heute über ihre Geldpolitik berät bzw. am Vormittag schon beraten hat. Wie erwartet hält die SNB an ihrem geldpolitischen Kurs fest. Die Notenbank beließ das Zielband für den Referenzzins Dreimonats-Libor am Donnerstag bei minus 1,25 bis minus 0,25 Prozent. Banken müssen für ihre Sichtguthaben bei der SNB weiterhin einen Strafzins von 0,75 Prozent bezahlen.

Die SNB rechnet im kommenden Jahr mit einer Beschleunigung der Schweizer Wirtschaft um rund zwei Prozent nach einem Prozent im laufenden Jahr, wie sie am Donnerstag bekannt gab.

(red.)

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