Keine Zinsen: Trotzdem florieren islamkonforme Bankgeschäfte

Erste Scharia Bank Berlins in der Leipziger Strasse 26 Naehe Friedrichstr hat vor kurzem eroeffnet
Erste Scharia Bank Berlins in der Leipziger Strasse 26 Naehe Friedrichstr hat vor kurzem eroeffnet(c) imago/PEMAX (imago stock&people)
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Weder für Kunden nocht für die Bank gibt es Zinsen. Auch Wertpapiere, Aktien oder Fonds sind tabu. Die Wachstumschancen am deutschen Markt werden hoch eingestuft.

Islamkonforme Bankgeschäfte haben nach Einschätzung aus der Finanzbranche auch in Deutschland gute Wachstumschancen. Die KT Bank AG, nach eigenen Angaben einziges Geldhaus für Finanzgeschäfte nach Islamregeln in der Eurozone, meldete zweieinhalb Jahre nach dem Start in Deutschland eine anhaltend hohe Nachfrage.

"Wir sind voll auf Kurs und haben unsere Ziele auch 2017 erreicht", sagte Sprecher Ferhat Aslanoglu der Deutschen Presse-Agentur in Köln. Dort eröffnete die Bank nach Frankfurt, Mannheim und Berlin nun eine neue Filiale. Die Kundenzahl nähere sich deutschlandweit der 10.000er-Marke. In Deutschland leben fünf Millionen Muslime, davon 1,5 Millionen in Nordrhein-Westfalen, wo auch die größte türkischstämmige Community zu Hause ist. Finanzexperte Philipp Wackerbeck, Partner der Beratungsgesellschaft "Strategy&", geht von einem Potenzial von bis zu 300.000 Kunden für Islam-Banking aus, das nicht annähernd ausgeschöpft sei.

Investition nur in wirkliche Güter

Das besondere Prinzip: Keine Zinsen, weder für Kunden noch für die Bank. Damit ist ein Sparkonto ebenso ausgeschlossen wie ein Kredit, der ja mit Zinsen zurückgezahlt werden müsste. Investiert wird nur in reale Güter, nicht in Wertpapiere, Aktien oder Fonds. Alkohol-, Tabak- oder Schweinefleisch-Industrie sind tabu, schildert Ferhat Aslanoglu, Unternehmenssprecher der KT Bank AG in Deutschland. "Investitionen in Waffengeschäfte und jegliche Deals mit Glückspielcharakter sind ebenfalls untersagt."

Konkret läuft es so: Braucht ein Kunde Geld, um ein Haus zu erwerben oder ein Auto, kauft die KT Bank dieses für ihn. "Wir verkaufen dem Kunden das Objekt dann mit einem Finanzierungsaufschlag weiter, er bezahlt in Raten", erläutert Aslanoglu. Manchmal wird es angesichts deutscher Rechtsnormen etwas komplizierter. Beispiel: Damit beim Immobilienkauf nicht zweimal die Grunderwerbsteuer gezahlt werden muss - einmal von der Bank, einmal vom Kunden - bilden beide eine Gesellschaft, kaufen das Haus gemeinsam, dann zieht sich die Bank zurück. Aslanoglu: Die deutsche Finanzaufsicht BaFin habe das als korrekt eingestuft.

Scharia-Ethikratcheckt jeden Vertrag

Viele gläubige Muslime, die keinen zinsgebundenen Kredit wollten und daher zur Miete gewohnt hätten, leisteten sich nun mit diesem Finanzierungsmodell ein Eigenheim, sagt Aslanoglu. "Wer sein Geld früher in der Sparsocke hatte, kommt jetzt zu uns." Das Geld werde in die reale Wirtschaft investiert - damit würden also Objekte, Güter gekauft - und der Kunde partizipiere am Erfolg seiner Einlage in Form einer Gewinn- und Verlustbeteiligung.

Experte Wackerbeck erläutert: "Beim Islam-Banking gibt es die Theorie einerseits und die gelebte Praxis andererseits. Konkret werden die Modelle so gebaut, dass sie klassische Einlagengeschäfte nachbilden. Dem Kunden zahlt man einen Ertrag, der dem Zins bei einer klassischen Bank entspricht." Falls es mal schwache Jahre gebe, halten Islam-Banken in der Regel Gewinnausgleichreserven bereit, erklärt Wackerbeck: "Das ist weiß Gott nichts Schlechtes."

Wohl kaum ein Geldhaus werde so unter die Lupe genommen, betont Cengizer: Ein Scharia-Ethikrat prüft jedes Produkt und jeden Vertrag. Die BaFin kontrolliert, ob alles mit nationalem Recht konform geht. Und der Aufsichtsrat in der Türkei schaut ebenfalls genau hin. Die angespannten deutsch-türkischen Polit-Beziehungen haben sich bisher nicht negativ ausgewirkt, sagt Cengizer. "Im Gegenteil, wir haben zusätzlich Zulauf, auch von arabischstämmigen Kunden."

(APA/dpa)

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