Was die OMV im Pazifik sucht

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Die OMV übernimmt das Neuseeland-Geschäft von Shell und verdreifacht ihren Fußabdruck in der Region. Das Sprungbrett in den neuen Zielmarkt Asien wird damit zügig ausgebaut.

Wien. Es ist dann doch alles schneller gegangen als gedacht: Kaum verkündet die OMV, dass sie sich in Hinkunft verstärkt in der Pazifikregion breitmachen wolle, legt das Unternehmen schon mit einem ersten größeren Zukauf nach. Der teilstaatliche Energiekonzern übernimmt Neuseelands größtes aktives Gasfeld, Pohokura, und das größte Ölfeld, Maui, vom britisch-niederländischen Mitbewerber Royal Durch Shell um 578 Millionen US-Dollar (469Mio. Euro). OMV war bisher als Minderheitspartner an Bord, jetzt wird das Unternehmen zum Alleineigner. Winken die Behörden den Deal durch, steigt die OMV-Produktion mit einem Schlag von 18.000 auf fast 50.000 Fass Öläquivalent pro Tag.

Für Konzernchef Rainer Seele ist es ein erster Schritt in Richtung Umsetzung der neuen Strategie, die er am Dienstag Londoner Investoren präsentiert hat. Wie berichtet kündigte der Manager an, bis 2025 zehn Milliarden Euro ausgeben zu wollen, um die OMV abseits Europas wachsen zu lassen. Heute ist das teilstaatliche Unternehmen vor allem in Österreich, Rumänien, Libyen und Russland tätig. In Zukunft soll es verstärkt in den Nahen – und Fernen – Osten gehen. „Die Musik spielt in Zukunft definitiv in Asien“, sagte Rainer Seele am Dienstag.

Asien fehlt 25-mal Schwechat

Einschlägige Experten wie die Internationale Energieagentur (IEA) oder JBC Energy geben dem Manager recht. In den kommenden zwanzig Jahren werden demnach etwa vierzig Millionen neue Autos und Motorräder auf die Straßen Südostasiens drängen. Während die Nachfrage nach Treibstoffen in westlichen Ländern – vor allem in Europa – sinkt, steht Ländern wie Indien oder China der große Aufschwung bei der Öl- und Gasnachfrage noch bevor (siehe Grafik).

Nach Zahlen von JBC Energy wird die Nachfrage nach Ölprodukten in der Region bis 2030 etwa um 320 Millionen Tonnen steigen. Asien sorgt so fast im Alleingang (90 Prozent) für das globale Nachfrageplus. In der Petrochemie ist die Region für 70 Prozent der steigenden Nachfrage verantwortlich.

Die Produktion der beiden Öl- und Gasfelder in Neuseeland wird die OMV vermutlich auch in Zukunft vor allem in Neuseeland verkaufen, das Land soll jedoch auch als Sprungbrett in die asiatischen Märkte dienen.

Weitere Zukäufe sind explizit erwünscht. Und dabei interessiert sich der Ölkonzern keineswegs nur für neue Öl- und Gasfelder. Die Hälfte der zehn Milliarden Euro Kaufbudget sollen im Downstream-Bereich, also für neue Raffinerien oder petrochemische Werke wie die Borealis, ausgegeben werden.

Auch hier ortet OMV-Downstream-Vorstand Manfred Leitner großen Aufholbedarf in Asien. Wächst die Nachfrage nach Treibstoffen und Petrochemie tatsächlich so rasch, fehlen etwa 25 Raffinerien in der Größenordnung von Schwechat und 35 große Petrochemiewerke. „Hier wollen wir dabei sein“, sagt Leitner.

Nach Fernost mit Abu Dhabi?

Nicht nur die OMV hat ein Auge auf den wachsenden Markt in Asien geworfen. Auch Abu Dhabi, über den Staatsfonds Mubdala Kernaktionär der OMV, streckt seine Fühler in die Region aus. Konkret soll der staatseigene Ölerzeuger Adnoc in näherer Zukunft erste Raffinerien und Chemiefabriken außerhalb des Landes aufbauen oder zukaufen, so die Vorgabe des Regimes. Gewünschte Zielregion ist Asien.

Für die OMV ist das nicht nur interessant, weil Abu Dhabi Anteile am Unternehmen aus Wien hält, sondern auch, weil es im vergangenen Mai eine Absichtserklärung mit der Adnoc geschlossen hat, wonach die beiden Unternehmen künftig verstärkt Petrochemiewerke und Raffinerien aufbauen wollen.

Das Ziel der Adnoc in Asien ist ähnlich wie jenes der OMV. Die Menge an Kapital, das dafür in Bewegung gesetzt werden soll, unterscheidet sich dann aber doch deutlich: Knapp hundert Milliarden Euro soll Adnoc in den nächsten fünf Jahren investieren, um gegen Saudiarabien und Kuwait aufzuholen, die bereits eigene Raffinerien und Chemiewerke in Vietnam und China aufbauen.

Auch Abu Dhabi, das auf sechs Prozent der weltweiten Erdölreserven sitzt, verkauft einen Löwenanteil seiner Produktion in Asien. Der Aufbau eigener Raffinerien in der Region soll helfen, dort in Zukunft nicht nur den reinen Rohstoff, sondern auch veredelte – und höherpreisige – Ölprodukte abzusetzen. Eine mögliche Partnerschaft der OMV mit der Adnoc in Asien wollten die Wiener nicht kommentieren. Nur so viel: „Der grundsätzliche Willen zur Zusammenarbeit mit der Adnoc ist da“, sagte ein Sprecher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2018)

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